In Teil 3 unserer Serie geht es um sinnvolle funktionale Ergänzungen und Detailverbesserungen unseres Röhren-Vorverstärkers.
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Der vorangegangene Teil dieser Artikelserie war dem Aufbau eines zweikanaligen Mikrofon-Preamps gewidmet, wobei in einer ersten Realisierungsstufe die notwendigen Grundfunktionen eines solchen Geräts abgedeckt wurden. Das Ziel war es, einer möglichst großen Zahl von Interessierten den Nachbau zu ermöglichen, ohne sich gleich zu viel vorzunehmen. Im hier vorliegenden Teil werden nun einige Erweiterungen besprochen, die entweder die bereits sehr hohe Audioqualität noch einmal steigern oder die einfach aus Gründen der Bedienung und universellen Nutzbarkeit des Preamps vorteilhaft sind.
Mehr Features für den DIY-Preamp
Eine Liste dessen, was wir uns als ergänzende Themen vorgenommen haben, lässt sich der tabellarischen Aufstellung entnehmen. Teilweise sind dies echte Erweiterungen der Funktionalität, andere Themen stellen mögliche Qualitätsverbesserungen in Aussicht oder einfach eine andere klangliche Abstimmung. Wir werden fallweise die Auswirkungen der Maßnahmen kommentieren und hinsichtlich bestimmter Nutzungsszenarien bewerten.
Phantomspeisung die Zweite
Im Hauptteil dieser Serie hatten wir eine einfache Lösung für die Phantomspeisung vorgeschlagen, die mit zwei 24-Volt-Netzteilen in Reihenschaltung arbeitet. Auf dem Foto der Spannungsversorgungsplatine waren schon damals zwei Spannungswandler von Burr-Brown zu sehen, die das Interesse einiger Leser hervorgerufen haben. Es handelt sich um den Typ DCP0124DBP (erhältlich z. B. bei Digi-Key), der aus einer einfachen 24-V-Eingangsspanung eine doppelte 15-V-Ausgangsspannung (also ±15 V) generiert. Das Besondere daran ist, dass im Gegensatz zu unserem V-Infinity DC/DC-Wandler das Ausgangssignal galvanisch vollständig vom Eingang entkoppelt ist, da es chip-intern über einen Transformator läuft. Man kann also den Ausgang als masseunabhängige 30-Volt-Spannungsquelle betrachten, die sich in Reihe zur bestehenden +15-V-Spannung des Amps verschalten lässt, siehe Abbildung 12; also den ausgangsseitigen Minuspol des Burr-Brown-Chips mit „+15 V” des Amps verbinden. Der Pluspol des Burr-Brown liefert dann die Summe der beiden Spannungen, die in der Praxis nachgemessen bei ca. 46,5 Volt liegt. Die etwas höhere Spannung stellt sich bei niedrigen Lastströmen ein und passt genau zur mit 48 V ±4 V spezifizierten Phantomspeisung.
Abb. 1: Typ. Signalform bei viel k2 (unsymmetrische Verzerrungen) der Triode ECC86
Abb. 2: Typische Signalform bei viel k3 (symmetrische Verzerrungen); Pentode EF98
Die Burr-Brown-Chips arbeiten intern mit 800 kHz Taktrate. Auch hier sollte ein kleiner Kondensator zum Abblocken von Taktresten parallel zum Ausgang geschaltet werden. Es hat sich auch als vorteilhaft erwiesen, ausgangsseitig zwischen Pluspol und Minuspol des DC/DC-Wandlers einen 10-Kiloohm-Widerstand zu schalten, der ein paar Milliampere „Grundlast” schafft.
Mit dieser Variante lässt sich also das gesamte Gerät an einem einzigen 24 V-Steckernetzteil betreiben, eine doch elegante Lösung.
Lohnen sich teure Übertrager?
Bereits in unserem ersten Teil, dem Theoriebeitrag, war auf die audiospezifischen Eigenschaften von Übertragern eingegangen worden. Zusammengefasst sind hier die unerwünschte Streuinduktivität sowie parasitäre Kapazitäten für eine untere und obere Grenzfrequenz verantwortlich, die den Übertragungsbereich auch unseres Amps festlegen. An den Röhren liegt es nicht, diese sind durchaus auch für Radiofrequenzen tauglich.
Wir hatten nach einiger Suche den Pikatron- Übertrager Typ 3096 in unser Basisgerät eindesignt, ihn wegen seiner guten Erhältlichkeit, seines hohen Übersetzungsverhältnisses (1:15) und seines noch einigermaßen moderaten Preises (um 20 Euro pro Stück) geschätzt. Der DIY-Preamp erreicht mit diesem Übertrager ein hervorragendes Rauschverhalten und eine Bandbreite bis etwa 60 kHz. Das ist nicht schlecht, wir wollten aber gern wissen, ob sich der Einbau sehr hochwertiger und entsprechend teurer Übertrager lohnt. Zum Vergleich wurden Mikrofonübertrager von Lundahl ausgewählt, die manchmal als Option für Studiogeräte angeboten werden. Für Mikrofonanwendungen empfiehlt sich der Typ LL1636, der durch mehrere Anzapfungen an den Wicklungen für Übersetzungsverhältnisse zwischen 1:5 und 1:20 geeignet ist. Leider sind diese Übertrager in Deutschland nicht leicht zu bekommen, und sie kosten über 70 Euro pro Stück. Also schon irgendwie eine andere Liga und man wird sich in einem Selbstbauprojekt zu der Anschaffung überwinden müssen.
Wir haben den Eingangstrafo in unserem Preamp durch den Lundahl-Trafo ersetzt und den resultierenden Frequenzgang des Amps gemessen. Wie die Abbildung 5 zeigt, gibt es erwartungsgemäß an dem Frequenzgang nichts zu meckern, die –3 dB-Eckfrequenz liegt deutlich über 100 kHz. Erreicht wird das bei den Lundahl-Übertragern durch eine reduzierte Kapazität der Wicklung. Wie beim Plattenkondensator ist die Kapazität niedrig, wenn die Elektroden weit auseinander liegen; bei Spulen reduziert sich deren parasitäre Kapazität, wenn die Lagen einer Wicklung Abstand voneinander haben. Wickelt man Primär- und Sekundärwicklung ineinander verschachtelt (interleaved), wird der gewünschte Effekt erzielt. Leider muss der Kunde den erhöhten Aufwand in der Herstellung eben auch bezahlen.
Bislang haben wir nur die linearen Eigenschaften der Übertrager betrachtet. Richtig interessant wird es erst bei den Sättigungseffekten und nichtlinearen Eigenschaften, um die sich unbestreitbar viele Mythen ranken. Während man Röhren, speziell Trioden, ein hohes Maß an k2-Verzerrungen nachsagt, gelten Übertrager bei hohen Pegeln als Quelle von kubischen Verzerrungsprodukten, k3 genannt. Die Abbildungen 1 und 2 demonstrieren typische Signalformen. Das Signal in Abbildung 1 wurde mit der Triodenstufe aufgezeichnet und zeigt eine Unsymmetrie zwischen positiven und negativen Halbwellen. Ein solches Signal könnte man auch am Ausgang eines Marshall-Amps antreffen. Demgegenüber wurde das Signal in Abbildung 2 mit der Pentodenstufe aufgezeichnet (man beachte den geänderten Spannungsbereich). Hier sind positive wie negative Spannungsspitzen nicht genau, aber in etwa gleich „verbogen”, ein sicheres Indiz für einen hohen k3-Klirrfaktor. Das hier zu sehende Signal würde man als „soft geclippt” bezeichnen. Wir haben sowohl den Pikatron- als auch den Lundahl-Übertrager hinsichtlich pegelabhängiger Klirrverzerrungen bei mittleren und bei tiefen Frequenzen (50 Hz) vermessen. Angesteuert wurde dabei mit einer niederohmigen Quelle (<10 Ohm) und ausgangsseitig wurde mit einer mittleren Impedanz (10…100 Kiloohm) abgeschlossen. Die Diagramme (Abbildungen 8 bis 13) zeigen den großen Unterschied je nach Signalfrequenz. Auf der x-Achse sind hier die Ausgangspegel der Übertrager aufgetragen, die bei den hohen Übersetzungsverhältnissen deutlich höher als die Eingangspegel ausfallen. Beeindruckend sind hier die möglichen Pegel beim Lundahl-Übertrager im Bereich mittlerer Frequenzen, es sind Ausgangsspannungen von 50 bis 80 Volt mit weniger als 0,1 Prozent Klirrfaktor drin. Kritisch wird es bei beiden Typen im Bereich tiefer Frequenzen, wo Sättigungseffekte viel früher auftreten. Da der ansteuernde Verstärker bei diesen Messungen nicht ganz rauscharm war und zum Teil mit sehr kleinen Anregungssignalen beaufschlagt wurde, wurden bei kleinen Pegeln „Verzerrungen” diagnostiziert, die eigentlich auf das Rauschen in der Mess kette zurückzuführen sind. Also Entwarnung im Bereich leiser Signale.
Abb. 5: Frequenzgang mit Lundahl-Übertrager
Abb. 6: THD mit Lundahl-Übertrager bei 1 kHz
Abb. 7: THD mit Lundahl-Übertrager bei 50 Hz
Speziell um die nichtlinearen Eigenschaften bei einem teuren, hochwertigen Audioübertrager herauszukitzeln, wurden noch zwei Messungen mit unterschiedlichen Messsystemen durchgeführt. Die Abbildungen 6 und 7 zeigen noch einmal im Vergleich das Klirrverhalten bei 50 Hz und bei 1.000 Hz und man erkennt, dass ein völlig linearer Betrieb im Bassbereich eigentlich nie möglich ist. Es halten sich hartnäckig ca. 0,4 Prozent Klirrfaktor über einen großen Arbeitsbereich (dargestellt auf der x-Achse sind diesmal primärseitige Pegel, sorry). Die Frage, ob ein Übertrager nun mehr k2 oder k3 produziert, beantwortet sich aus dem Diagramm in Abbildung 12. Bei 50 Hz und +10 dBV wurde hier überwiegend k2 festgestellt. Überschreitet man bei tiefen Frequenzen eine bestimmte Aussteuerung, beobachtet man schlagartig ein stark verzerrtes Signal, das allerdings nicht (soft-) geclippt aussieht (Abbildung 13). Die Signalform hängt vielmehr sehr von der momentanen Frequenz ab.
Wir könnten zusammenfassen, dass der teurere Übertrager bei den linearen Übertragungseigenschaften auf jeden Fall überlegen ist. Im Bereich mittlerer Frequenzen arbeitet er wesentlich linearer mit hoher Aussteuerbarkeit. Kritisch wird es im Bereich tiefer Frequenzen, wo beide Übertrager spürbar verzerren.
Abb. 8: Klirrverhalten bei 1 kHz mit Lundahl-Übertrager
Abb. 9: Klirrverhalten bei 1 kHz mit Pikatron-Übertrager
Abb. 10: Klirrverhalten bei 50 Hz mit Lundahl-Übertrager
Abb. 11: Klirrverhalten bei 50 Hz mit Pikatron-Übertrager
Hi-Z Instrumenteneingang
Hat man einen Vorverstärker in Röhrentechnik gebaut, juckt es manchen sicherlich in den Fingern, denselben auch als Röhreneingangsstufe für E-Gitarre oder E-Bass einzusetzen, für Recording-Zwecke oder auch live. Die Idee lässt sich mit recht wenig Aufwand umsetzen, man sollte allerdings kein Instrument direkt an den bisher beschriebenen Amp anschließen. Der Grund ist, dass (passive) Gitarrentonabnehmer zusammen mit der Kapazität des Anschlusskabels eine deutliche Resonanz ausbilden, die durchaus klangbestimmend ist und die durch einen angeschlossenen Verstärker möglichst nicht bedämpft werden sollte. Das heißt in der Konsequenz, eine E-Gitarre braucht einen sehr hochohmigen Verstärkereingang, 500 Kiloohm bis 1 Megaohm („High-Z”) sind übliche Werte.
Wir können unter Umgehung des Eingangsübertragers ein Instrument mehr oder weniger direkt an das Gitter der Verstärkerröhre anschließen, die Gittervorspannung muss nur durch einen Koppelkondensator abgetrennt werden. Eine elegante und häufig verwendete Realisierung eines solchen Eingangs besteht in einer Klinkenbuchse mit Schaltkontakten, welche die Verbindung zwischen Eingangstrafo und Röhre auftrennt, wenn ein Klinkenstecker hineingesteckt wird (Abbildung 3). Eigentlich also genau wie ein Einschleifweg (Insert). Die gerade beschriebene Vorgehensweise ist vom Aufbau her etwas kritisch, da die noch unverstärkten Mikrofonsignale über zwei Kabel zur Klinkenbuchse und wieder zurück geführt werden müssen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass man sich bei dieser Verkabelung leicht Einstreuungen einfängt und damit die Performance des Mic-Preamps leidet. Eine Alternative wäre auch hier wieder die Verwendung von einem Umschaltrelais, das nahe bei Übertrager und Röhre angeordnet ist. Die Umschaltung zwischen „Mic.” und „Instr.” geschieht dann mit einem Kippschalter auf der Frontplatte.
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