Eierkartons - akustisch vermessen?

Raumakustik: Das Studio, der Eierkarton, die Absorber und Architektur

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Für jeden Hobby-Recordisten und alle, die es mindestens etwas enthusiastischer betreiben, stellt sich irgendwann Fragen nach der richtigen Position der Monitore, Absorber bzw. Diffusor, Bassfallen oder gar für die Architektur ganzer Regien und Aufnahmeräumen. Ob du nun nach einfachen und günstigen Lösungen suchst um die Akustik nur etwas zu verbessern, oder nach der professionellen High-End-Lösung, hier haben wir alles nötige Wissenswertes für euch zusammengefasst.

Inhalt:

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Der praktische Sinn von Eierkartons im Studio

Ruhe, bitte! – Klimatechnik im Studio

Schallschutz und Bauakustik – Enjoy the Silence

Schallschutz und Bauakustik zweiter Teil – Konstruktive Möglichkeiten im Studio Bau

Entzerrung von Regielautsprechern – Was nicht passt, wird passend gemacht

Raumakustik in Mehrkanaltonregien – Das Runde muss in das Eckige

Keine Kompromisse – Rechtliche und bauliche Grundlagen des Schallschutzes

Die Suche nach der idealen Raumform – Symmetrie ist die Kunst der Naiven …

Verbesserte Wiedergabe tiefer Frequenzen – Bass-Management

Breitbandabsorber – Die Menge allein macht’s nicht

Der Aufnahmeraum zu Hause – Von Wandschränken und Raummoden

Ausbau einer Regie – Studiobau in einem ehemaligen Büroraum

Absorption vs. Diffusion – Grundlagen für Homestudios

Raumakustik im DIY-Studio – Expertentipps von Markus Bertram (mbakustik)

Der tieffrequente Bereich – Was tun, wenn´s dröhnt?

Was tun, wenn’s dröhnt? – Etwas Raum für Akustik

Warum nicht im eigenen Wohnzimmer mischen? – Flatterechos, Kammfilter und Raummoden

(Bild: HMP Architekten + Ingenieure / concept-A)

Der praktische Sinn von Eierkartons im Studio

Ostern ist vorbei. Die letzten Eier sind gegessen. Was bleibt übrig? Jede Menge Eierkartons. In jedem zweiten Akustik-Forum steht: „Eierkartons sind gut für die Akustik.“ In der professionellen Studiotechnik ist der Eierkarton allerdings mittlerweile zu einem Sinnbild für alles geworden, was zwar irgendetwas tut – nur eben nicht das, was es soll!

Die optische Erscheinung ist natürlich auch eher bedenklich. Das bleibt aber dem Einzelnen überlassen. Und wer schon mal ein Feuerzeug an einen Eierkarton gehalten hat, wird sich in einer Eierkartonhöhle auch nicht mehr so richtig entspannen können. Häufig wird vermutet, man könne durch die Verkleidung der Wände mit jeder Menge Eierkartons die Schallpegeldifferenz zu den anliegenden Räumen erhöhen, also die beim Nachbarn auftretenden Schallpegel reduzieren. Nur: der Nachbar profitiert davon nicht im Geringsten. Denn die Schalldämmung der Wände erhöht sich durch das Aufkleben, Aufschrauben oder jede andere Art der Befestigung der Eierkartons überhaupt nicht nennenswert.


Studioakustik – Planung & Bau eines Studiokomplexes – Markus Bertram

In dieser Episode ist Akustikspezialist Markus Bertram von mbakustik zu Gast. Mit ihm sprechen wir über die Planung und den Bau eines kürzlich fertiggestellten Studiokomplexes in Frankfurt am Main. In einer Büroimmobilie mitten im Westend entstanden dabei fünf Regieräume und eine Vocal Booth. Das Team von mbakustik war für die Planung des akustischen Ausbaus, die Realisierung der Schallschutzschalen sowie den raumakustischen Ausbau verantwortlich und hat die Inbetriebnahme des Studios begleitet. Im Gespräch dokumentiert Markus Schritt für Schritt die Entstehung des Studios, angefangen von der Herangehensweise, der Planung bis über den akustischen Ausbau und Messungen hin zur Fertigstellung. Viel Spaß beim Hören! 

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Hier findest du alle Episoden in der Übersicht!


Eierkartons: akustisch vermessen

Also bleibt die Frage: Was tut der Eierkarton im Studio eigentlich aus akustischer Sicht? Grund genug, die Sache einmal mit professioneller Messtechnik anzugehen. Das raumakustische Verhalten von Bauteilen wird durch ihren Absorptionsgrad und ihren Diffusionsgrad beschrieben. Der Absorptionsgrad wird im Hallraum bestimmt, einem Raum, der im Sinne einer möglichst großen Diffusität zueinander nicht parallele, hoch reflektierende Wände besitzt und der folglich eine sehr lange Nachhallzeit aufweist. Man bestimmt die Nachhallzeit im leeren Raum, trägt dann einige Quadratmeter des zu prüfenden Materials in den Raum, misst nochmal die Nachhallzeit und berechnet aus der Veränderung der Nachhallzeit den Absorptionsgrad des zu prüfenden Materials.

Der Diffusfeldabsorptionsgrad des Eierkartons, raue Seite zum Raum gerichtet (rot) im Vergleich zu einem „echten“ Absorber (blau) (Bild: HMP Architekten + Ingenieure / concept-A)

Das Ergebnis der Messung ist in unserer Grafik dargestellt (rote Kurve). Der Verlauf des Absorptionsgrades der Eierkartons ist mehr als dürftig. Außer einer sehr ungünstigen Überhöhung bei 1 kHz tritt nur im hochfrequenten Bereich Absorption auf. Um einen auch nur annähernd ausgeglichenen Verlauf der Nachhallzeit in einem Raum zu erreichen, ist ein Material mit einem derartigen Absorptionsverhalten völlig ungeeignet. Zum Vergleich ist als blaue Kurve der Absorptionsgrad eines Breitbandabsorbers concept-A light wave (mit ebenfalls 5 cm Bautiefe) eingetragen.

Aber: der Eierkarton erzeugt Diffusion. Zumindest im hochfrequenten Bereich. Diffusion bedeutet Streuung und wird in professionellen Studios durch spezielle Diffusoren erzeugt.Trifft eine Schallwelle auf eine diffuse Oberfläche, so wird die Schallwelle nicht geometrisch, also unter Ausfallswinkel = Einfallswinkel reflektiert, sondern die Schallenergie wird in unterschiedliche Richtungen verteilt. Dadurch wird die Diffusität des Schallfeldes erhöht. Das bedeutet, die Verteilung der Schallausbreitungsrichtungen im Diffusfeld wird ausgeglichener, der Nachhallverlauf wird homogener. Außerdem lässt sich z. B. eine störende Reflexion von einer Oberfläche oder ein Flatterecho zwischen zwei parallelen Wänden ohne Absorption vermeiden.

Diffusion statt Reflexion

Für die Konstruktion von Diffusoren gibt es unterschiedlichsten Konzepte. Die Möglichkeiten von einfachen Sägezahnstrukturen Strukturen mit Halbkugeln Halbzylindern bis hin zu gefalteten die auf komplexen mathematischen basieren.

Allerdings ist die streuende Wirkung von Oberflächen in ihrem Frequenzbereich begrenzt. Die geometrischen Abmessungen müssen der Größenordnung der Wellenlänge der zu streuenden Schallwelle liegen. Diffusoren sind daher in ihrer Bandbreite wesentlich uneffektiver als Breitbandabsorber. Das bedeutet, im Vergleich eines Diffusors mit einem Breitbandabsorber gleicher Bautiefe erreicht der Breitbandabsorber eine wesentlich tiefere Grenzfrequenz. Bei einer Frequenz, bei der der Absorber bereits nahezu die gesamte Energie der auftreffenden Schallwelle in Wärme umsetzt, erscheint die Oberfläche des Diffusors gleicher Bautiefe für die Schallwelle immer noch als glatte Wand. Die Schallwelle wird ungehindert reflektiert.

Strukturen mit guten streuenden Eigenschaften lassen sich durch eine Aneinanderreihung von streifenförmigen Kammern aufbauen, deren Tiefen bestimmten mathematischen Folgen entsprechen. Zu diesen Strukturen gehören die Schroeder-Diffusoren wie Maximalfolgendiffusoren oder quadratische Residuen-Diffusoren sowie die Primitive-Root-Diffusoren. Unser Schnitt zeigt schematisch einen quadratischen Residuen-Diffusor. Die Funktion dieser Diffusoren hängt sehr stark von der Anordnung der einzelnen Kammern ab. Auch wenn die Tiefe der einzelnen Kammern auf den ersten Blick zufällig erscheint, folgt sie doch einer strengen mathematischen Folge. Die untere Grenzfrequenz lässt sich durch die Erhöhung der Tiefe der Kammern nach unten verschieben.

Die notwendigen Bautiefen liegen in der Größenordnung der halben Wellenlänge der noch zu streuenden Schallwellen. Die Bandbreite der Diffusoren lässt sich durch die Anzahl der Kammern steuern. Für die Konstruktion der Diffusoren kommen alle schallharten Materialien in Frage, also Holz, Stein, Glas, Metall, Gipskarton etc. Da die Streuwirkung von solchen eindimensional gefalteten Strukturen auch nur eindimensional ist, werden häufig auch zweidimensional gefaltete Strukturen eingesetzt. Ein solcher 2D-Diffusor ist hier ebenfalls schematisch dargestellt. Daneben besteht die Möglichkeit, Diffusion durch Impedanzsprünge von Oberflächen zu erzeugen, z. B. durch die gezielte Anordnung von Helmholtzresonatoren, was allerdings eine weitaus komplexere Theorie erfordert.

Was tun ohne Kronleuchter?

In frühen Konzert- und Theatersälen wurde die notwendige Diffusität des Schallfeldes durch die aufwendige Gestaltung der Oberflächen mit Ornamenten und Statuen und durch Streukörper wie monströse Kronleuchter geschaffen. Da durch die moderne Architektur mit ihren in der Regel schlichteren geometrischen Formen derartige Strukturen weitestgehend verloren gegangen sind, ist es durchaus zweckmäßig, durch gezielte Maßnahmen die Diffusität des Schallfeldes eines Raumes zu unterstützen. Im Studiobau ist die Verwendung von speziellen Diffusoren in der Regel nicht zwingend erforderlich, da bei günstiger geometrischer Gestaltung und geeigneter Verteilung der absorptiven Oberflächen bereits ausreichende Diffusion erreicht wird. Dennoch sind Diffusoren in vielen Fällen eine Möglichkeit, die klanglichen Eigenschaften eines Raumes zu verbessern und sind fester Bestandteil vieler Regieraumkonzepte. Allerdings gibt es dafür weit bessere (und weniger brennbare) Lösungen als Eierkartons.

 


Raumakustik: Ruhe, bitte! – Klimatechnik im Studio

 

Die große Lösung: die luftführenden Kanäle der Klimaanlage unter dem Mischkino Stage 1 der ARRI TV & Film Studios in München (Bild: HMP Architekten + Ingenieure / concept-A)

Ruhe ist eine der grundlegendsten Voraussetzungen – für hochwertige Tonaufnahmen genauso wie für eine zuverlässige und stressfreie Abhörsituation im Regieraum. Doch leider wird die Ruhe häufig durch Immissionen der unterschiedlichsten Quellen gestört. Störquelle Nr. 1 ist in vielen Studios die eigene Klimaanlage. Daher wollen wir uns in dieser Folge mit ein paar grundlegenden Gedanken zur Klimatisierung von Studioräumen befassen.

Spektrale Verteilung beobachten

Im Bereich der „zivilen” Akustik werden Ruhegeräuschpegel meist durch den A-bewerteten Schalldruckpegel beschrieben. Dabei kommt es häufig dazu, dass tonale Anteile, die durch die Summierung unterbewertet werden, überhaupt nicht erfasst werden. Die spektrale Zusammensetzung des Geräusches wird nicht ausreichend betrachtet. Im Studio – speziell im Aufnahmeraum – können tonale Anteile aber schon bei relativ niedrigen Schalldruckpegeln zu erheblichen Beeinträchtigungen der Aufnahmequalität führen. Zur Beschreibung von Ruhegeräuschpegeln verwendet man daher in Studioräumen in der Regel keine Summenschalldruckpegel in dB(A), sondern vergleicht das tatsächlich auftretende Schallpegelspektrum mit Grenzkurven, die in keinem Frequenzband überschritten werden dürfen. Dadurch wird die spektrale Verteilung des Geräusches wesentlich besser in die Beurteilung mit einbezogen.

Die Grenzkurven für den maximal zulässigen Ruhegeräuschpegel in Studioräumen nach DIN 15996 (Bild: HMP Architekten + Ingenieure / concept-A)

Im Diagramm sind die Grenzkurven gemäß DIN 15996 dargestellt. Zweckmäßige Anforderungen sind GK 5 bis GK 15 für Regieräume und für Aufnahmeräume GK 0 bis GK 15 (je nach Art der dort aufzunehmenden Schallquellen).

Natürlich ist das nur eine Empfehlung, an die ich mich in meinem eigenen Studio nicht halten muss. Häufig wird diese Empfehlung auch als „die Anforderung der Öffentlich-Rechtlichen” als völlig überzogen und als unnötig abgetan. Letztlich zeigt jedoch die Erfahrung immer wieder, dass die Anforderungen für solche Räume, in denen professionelle Aufnahmen erstellt werden sollen, durchaus angemessen sind. Und wenn man sich dann noch klar macht, dass Signale in vielen Fällen bei der Wiedergabe gegenüber der Aufnahme im Pegel noch angehoben werden, also mit höherem Pegel wiedergegeben werden, als sie aufgenommen wurden, und dabei natürlich auch das mit aufgenommene Ruhegeräusch des Aufnahmeraumes entsprechend mit angehoben wird, dann wird einem schnell die Bedeutung dieser Anforderungen klar.

Kühlgeräte kapseln

Klimatechnik ist immer ein leidiges Thema im Studiobau: Man sieht sie nicht. Und man hört sie im Idealfall auch nicht. Aber sie kostet Geld. Und nicht zu wenig. Daher ist es gerade hier extrem wichtig, eine intelligente und an die Bedürfnisse angepasste Konzeption zu finden, die vielleicht ein bisschen mehr geistige Anstrengung erfordert, als die Klimatisierung eines Supermarkts.

Studioräume sind durch ihre mehrschaligen Konstruktionen hoch wärmegedämmte Räume und was in den Räumen an Wärmelasten auftritt, liegt weit jenseits dessen, was in gewöhnlichen Räumen mit vergleichbarem Volumen anfällt. Ein großes Mischpult kommt schon mal auf eine Leistung von über 3 kW. Zum Vergleich: Ein kleiner Heizlüfter hat eine Heizleistung von 2 kW (!). Dazu kommt jede Menge an Outboard-Equipment, Beleuchtung usw. Die Wärmeleistung, die von den Personen abgestrahlt wird, die sich im Raum aufhalten, kann dagegen ohne weiteres vernachlässigt werden. Falls möglich, sollte erst einmal alles, was übermäßig heizt, in den Maschinenraum verbannt werden. Nur gibt es in vielen Fällen leider gar keinen Maschinenraum und bestimmte Dinge, z. B. das Mischpult, kann man nicht auslagern.

Die Temperatur der Luft, die in den Raum geblasen wird, lässt sich nicht beliebig absenken, und die Luft im Raum darf sich auch nicht zu sehr erwärmen. Folglich bleibt, um eine große Wärmeleistung abzutransportieren, nur, große Luftmengen durch den Raum zu befördern. Da aber große Volumenströme bei kleinen Kanalquerschnitten hohe Strömungsgeschwindigkeiten und damit hohe Strömungsgeräusche bedeuten, wachsen die notwendigen Kanalquerschnitte erheblich an. Die vollständige Klimatisierung von Studioräumen ist daher eine sehr kosten- und platzintensive Sache. Und nun ist es auch nicht unbedingt zweckmäßig, durch die gerade aufwendig mehrschalig erstellten Wände und Decken Quadratmeter große Löcher zu bohren, um die Kanäle der Klimaanlage hindurchzuführen, die zwar entsprechend entkoppelt und hoch schalldämmend ausgeführt werden können, aber natürlich in jedem Fall so klein wie möglich gehalten werden sollten. Deswegen haben sich im Studiobau in letzter Zeit mehr und mehr hybride Konzepte mit separaten Lüftungs- und Kühlgeräten durchgesetzt. Dadurch lassen sich die durch den Raum transportierte Frischluft und damit auch der Querschnitt der Kanäle auf ein notwendiges Minimum reduzieren. Die von der Technik produzierte Wärmeleistung wird durch Kühlgeräte im Raum aufgenommen und über Kühlmittelleitungen nach draußen geleitet. Damit der Lärm, den die Kühlgeräte im Raum erzeugen, da sie natürlich von Haus aus nicht für Studioräume konzipiert sind, nicht zu Störungen führt, sollte man die Geräte im Raum wiederum schalldämmend kapseln, was sich in den meisten Fällen problemlos in die raumakustischen Aufbauten integrieren lässt. Wenn die Möglichkeit besteht, in Pausen über Außenfenster zu lüften, entfällt die Lüftungsanlage häufig auch komplett und die Klimaanlage reduziert sich auf ein Kühlgerät.

Eine kompakte und leistungsfähige Lösung für einen Regieraum: Das Kühlgerät sitzt mit seinen Schalldämpfern in einem Element, das gleichzeitig auch raumakustische Funktionen übernimmt. Im oberen und unteren Bereich sitzen die Helmholtz-Resonatoren zur Bedämpfung der tiefsten Raummoden, dazwischen ein sehr tief abgestimmter Breitbandabsorber. (Bild: HMP Architekten + Ingenieure / concept-A)

Geräusche minimieren

Prinzipiell sollte man alle Anlagenteile, die nicht unbedingt durch die Studioräume verlaufen müssen (weil sie der direkten Anbindung der Räume dienen), von empfindlichen Räumen fernhalten. Wichtig ist, bei der Installation darauf zu achten, dass nichts klirrt, dröhnt, scheppert oder sonstige Geräusche von sich gibt. Blechkanäle müssen entdröhnt und Hohlräume bedämpft werden. Alle Anlagenteile, die Schwingungen erzeugen, müssen entkoppelt gelagert werden. Dafür gibt es in den meisten Fällen Empfehlungen des Herstellers, die man bei Bedarf noch an die Anforderungen im Studio anpassen muss. Auch die Körperschallübertragung zwischen Räumen (z. B. über Heizleitungen) sollte man nicht unterschätzen. Wasserleitungen sollten, falls sie denn unbedingt durch die Studioräume verlaufen müssen, schalldämmend ummantelt werden.

Wenn die Klimaanlage Probleme macht, bedeutet das meistens eine aufwendige Ursachenforschung. Bei falsch dimensionierten Lagern von Maschinen, die zu störenden Körperschallübertragungen führen, oder bei einer nicht ausreichenden Dimensionierung der Schalldämpfer hilft nur ein Umbau. In vielen Fällen sind es aber auch ganz einfache Hilfsmittel, die Abhilfe schaffen. Häufige Ursache für Probleme sind Resonanzen von einzelnen Blechen oder Kanalstücken, die durch den Luftschall im Raum zum Schwingen angeregt werden und dann durch ihr eigenes Nachschwingen die Aufnahme stören. Entdröhnmatten, wie man sie aus dem Karosseriebau kennt, reichen aus, um sich die ersehnte Ruhe zu verschaffen.


Raumakustik: Schallschutz und Bauakustik – Enjoy the Silence

 

Eine abgehängte Decke vor dem Aufbringen der Beplankung im Mischkino Stage 1 der ARRI TV Studios in München

Anders als bei der Raumakustik geht es nun bei der Bauakustik nicht mehr um die Dinge, die die klanglichen Eigenschaften eines Raumes beeinflussen, sondern um die Schallemissionen aus den Studioräumen nach außen und die Schallimmissionen von außen in die Studioräume. Die aus der „zivilen” Bauakustik bekannten Anforderungen und Konstruktionen lassen sich im Studiobau nur bedingt anwenden. In den meisten Fällen sind die beim Studiobetrieb auftretenden Schalldruckpegel zu hoch, vor allem aber auch die Anforderungen an die maximalen Ruhegeräuschpegel zu streng. Die Anforderungen an die bauakustischen Konstruktionen werden im Einzelfall durch die notwendigen Schallpegeldifferenzen zwischen einem Raum und seiner Umgebung bestimmt.

Schutz gegen Störungen von innen und außen

Die erste Überlegung gilt natürlich dem Schutz der eigenen Studioräume, vor allem der Aufnahmeräume gegenüber Immissionen von außen. Besonders wichtig ist dabei die Einbeziehung von Körperschallübertragung die von Quellen ausgeht, die im Gebäude weiter entfernt oder sogar außerhalb des Gebäudes liegen können, wie Kompressoren von Klimaanlagen oder nahe gelegenen Bahnlinien. Die maximal zulässigen Schalldruckpegel werden für Studioräume in der Regel nicht in Form von Summenschalldruckpegeln angegeben, sondern in spektraler Form durch nicht zu überschreitende Grenzkurven festgelegt. Grenzkurven für die maximal zulässigen Ruhegeräuschpegel in Aufnahme- und Regieräumen sind z. B. in DIN 15996 „Bild und Tonbearbeitung in Film-, Video- und Rundfunkbetrieben” angegeben. Geht es nun nicht darum, die eigenen Studioräume vor Immissionen von außen zu schützen, sondern sich selbst vor juristischen oder tätlichen Angriffen genervter Nachbarn zu bewahren, stellt sich natürlich die Frage: „Wie viel Lärm darf ich meinem Nachbarn eigentlich antun?”

Der Schalenzwischenraum einer massiven Raum-in-Raum-Konstruktion

Die Frage ist nicht in einem Satz zu beantworten. Lärm, ob nun von krähenden Hähnen, kreischenden Sägen, dröhnenden Flugzeugen, läutenden Kirchenglocken oder ratternden Rasenmähern gehört zu den Hauptstreitpunkten, die unsere Gerichte beschäftigen. Ob ein Geräusch als Belästigung empfunden wird, hängt nun mal nicht nur vom Schalldruckpegel oder von psychoakustisch bewertbaren Größen (wie der Lautheit oder der Lästigkeit des Geräusches) ab, sondern vor allem auch von der Einstellung des Einzelnen zum Geräusch und zur Quelle, von der das Geräusch ausgeht. Grundsätzlich ist zunächst eine Unterscheidung nach rechtlicher Stellung des Studios zu treffen: Lärm, der von gewerblichen Anlagen ausgeht, ist Gewerbelärm. Regelungen zum Gewerbelärm enthält die TALärm (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm), eine Verordnung zum Bundesimmissionsschutzgesetz. Die TALärm ist bundesweit gültig und enthält klare Vorgaben für zulässige Immissionswerte. Zum privaten Nachbarschaftslärm dagegen existieren keine bundeseinheitlichen gesetzlichen Regelungen. Die Informationsquellen reichen von den Landesimmissionsschutzgesetzen der Bundesländer über Regelungen der Gemeinden und Hausordnungen bis hin zum Bürgerlichen Gesetzbuch. In DIN 4109 „Schallschutz im Hochbau” sind Anforderungen an die Akustik von Gebäuden festgelegt, die in der Regel ausreichend sind, um Menschen in ihren Wohnräumen vor unzumutbaren Belästigungen durch Schallübertragung aus angrenzenden Bereichen zu schützen.

Die Trennung einer Kabeltrasse am Übergang zwischen zwei entkoppelten Schalen einer Raumin-Raum-Konstruktion. Auch Detailpunkte entscheiden über den Erfolg der Konstruktion

Grundlage für diese Anforderungen ist die Nutzung der Räume durch Sprache, Musik usw. bei Zimmerlautstärke, aber bereits der Begriff „Zimmerlautstärke” lässt natürlich beliebig Spielraum für Diskussionen und nicht nur die in Studios und Übungsräumen auftretenden Schallpegel überschreiten die hier betrachteten Pegel häufig bei weitem, was in der Regel zu Belästigungen der Anwohner führt. Ist für den gestörten Nachbarn der Dialog mit dem Verursacher nicht fruchtbar, ist der nächste Ansprechpartner die Ordnungsbehörde, darauf folgt als letzte (legale) Möglichkeit der private Rechtsweg. Aber egal, in welcher rechtlichen Situation ich mich befinde, das Risiko eines Rechtsstreits sollte ich nicht von vornherein in Kauf nehmen, denn die Niederlage in dieser Auseinandersetzung könnte die Einstellung des Betriebs meines Studios bedeuten. Wenn ich es also nicht soweit kommen lassen will, sondern vorher bauliche Maßnahmen treffen möchte, ergibt sich als Grundlage für meine Betrachtungen der maximal zulässige Immissionspegel in meiner Umgebung einerseits und die zu erwartenden Schalldruckpegel innerhalb meiner Räume andererseits. Ein wichtiger Punkt ist dann auch noch die ausreichende Dimensionierung der Bauteile innerhalb des eigenen Studios, um ein störendes Übersprechen zwischen Regie- und Aufnahmeraum und eventuell zwischen separaten Studiobereichen zu vermeiden.

Grundregeln

Die ersten Überlegungen zur Akustik sollte man beim Bau eines Studios nicht erst bei der Festlegung von Wand- und Deckenaufbauten anstellen, sondern bei der Gestaltung des Grundrisses. Ein einfaches Prinzip, das jeder Architekt im Studium mit auf den Weg bekommt, ist: Baue niemals die Toilette der einen Wohnung ans Schlafzimmer der anderen Wohnung. Das Grundprinzip, laute Räume von empfindlichen Räumen zu trennen, lässt sich ohne Einschränkung auf den Studiobau übertragen, was dann bedeutet, nicht unbedingt das Mischkino neben den Geräuschemacher und den Aufnahmeraum, in dem man Schlagzeug aufnehmen möchte, neben das Schlafzimmer der Nachbarn zu legen. Steht der Grundriss fest, kann ich entsprechend den erforderlichen Schallpegeldifferenzen die Wand- und Deckenaufbauten festlegen: einschalige und mehrschalige Bauteile, massive Bauteile, Trockenbauwände, schwimmende Estriche, Vorsatzschalen, Sandfüllungen, Bleieinlagen, Elastomerlager und Stahlfedern. Die Möglichkeiten, Wände und Decken hochschalldämmend zu gestalten sind vielfältig.

Das Gurkenglas in der Trennwand: Schallbrücken jeder Art sollten unbedingt vermieden werden.

Türen und Fenster müssen dabei genauso in die Betrachtungen einbezogen werden wie die Schallübertragung über Kabelkanäle und Klimarohre. Die Schallübertragung von einem Raum in einen angrenzenden findet aber nicht ausschließlich über das trennende Bauteil selbst, sondern zu einem erheblichen Teil auch über die angrenzenden, die so genannten flankierenden Bauteile statt. Betrachte ich also die Schallübertragung zwischen zwei nebeneinander liegenden Räumen, muss ich in die Überlegungen nicht nur die Trennwand selbst, sondern auch den Boden, die Decke und die längs verlaufenden Wänden mit einbeziehen. Ich kann die Schalldämmung zwischen zwei Räumen nicht beliebig dadurch steigern, dass ich nur das trennende Bauteil verstärke. Irgendwann ist ein Punkt erreicht, an dem die Flankenübertragung überwiegt und eine weitere Verstärkung des trennenden Bauteils keine weitere Verbesserung der Situation mehr bringt. Das bedeutet, um sehr hohe Schalldämmmaße zu erreichen, muss ich z.B. die Vorsatzschale nicht nur vor die Trennwand, sondern auch vor die längs laufenden Wände setzen, eine abgehängte Decke einziehen und einen schwimmenden Estrich verlegen. Damit bin ich dann bei der Raum-in-Raum-Konstruktion angekommen, einer im Studiobau durchaus üblichen Bauweise. Von größter Bedeutung ist bei der bauakustischen Planung die Betrachtung auch der kleinsten Detailpunkte. Und letztlich entscheidet natürlich auch die Qualität der Ausführung der geplanten Konstruktionen über den Erfolg der Maßnahmen.

 


Raumakustik: Schallschutz und Bauakustik zweiter Teil – Konstruktive Möglichkeiten im Studio Bau

 

Der begehbare Schalenzwischenraum der (sehr) massiven Raum-in-Raum- Konstruktion des Mischkinos Stage 1 der ARRI TV Studios in München (Bild: HMP Architekten + Ingenieure / concept-A)

Nach der Einführung zum Thema Schallschutz und Bauakustik geht´s nun weiter mit den konstruktiven Möglichkeiten im Bau.

Grundsätzlich gibt es zwei in der Praxis relevante Möglichkeiten, mit Wand- und Deckenbauteilen hohe Schalldämmmaße zu erreichen: – durch eine hohe Masse des Bauteils oder – durch Erstellen von entkoppelten Schalen, also den Bau von mehrschaligen Decken oder Wänden. Verdoppelt man bei einem einschaligen Bauteil, also z. B. einer Ziegel- oder Kalksandsteinwand oder einer Stahlbetonwand oder -decke die Masse, ergibt sich in einem weiten Frequenzbereich eine Erhöhung des Schalldämmmaßes um etwa 6 dB.

Die Erhöhung der Masse bewirkt also eine, gemessen am damit verbundenen Aufwand relativ geringe, dafür aber eine über der Frequenz betrachtet recht homogene Verbesserung des Schalldämmmaßes. Mehrschalige Bauteile wie Decken mit schwimmenden Estrichen oder abgehängten Decken, massive mehrschalige Wände oder Trockenbauwände sind Feder-Masse-Systeme. Durch die Federwirkung der Luftschicht oder des Dämmmaterials im Schalenzwischenraum kommt es zu einer Interaktion der Schalen. Es ist daher bei Weitem nicht möglich, die Schalldämmmaße der einzelnen Schalen zu addieren. In einem Frequenzbereich deutlich oberhalb der Resonanzfrequenz des Feder-Masse-Systems wird eine (verglichen mit einem einschaligen Bauteil gleicher Gesamtmasse) wesentlich größere Schalldämmung erreicht. Dafür entsteht im Bereich um die Resonanzfrequenz herum ein Einbruch der Schalldämmung. Das bedeutet, das Bauteil wird im betrachteten Frequenzbereich durchlässiger.

Durch eine Bedämpfung des Schalenzwischenraumes durch Dämmmaterial kann der Einbruch im Bereich der Resonanzfrequenz verringert und das gesamte Schalldämmmaß erheblich verbessert werden. Im Bereich deutlich unterhalb der Resonanzfrequenz treten gegenüber dem einschaligen Bauteil gleicher Gesamtmasse in der Regel nur geringe Veränderungen auf.

Der prinzipielle Verlauf des Schalldämmmaßes eines einschaligen und eines gleich schweren zweischaligen Bauteils (stark vereinfachter Verlauf für vernachlässigbare Biegesteifigkeit). Die Frequenz ist normiert auf die Resonanzfrequenz des zweischaligen Bauteils.

Die Abbildung zeigt sehr stark vereinfacht den Verlauf des Schalldämmmaßes eines einschaligen Bauteils und eines gleich schweren zweischaligen Bauteils. Die Resonanzfrequenz hängt ab von der Masse der Bauteile und dem Abstand zwischen den Bauteilen bzw. der Federwirkung des Schalenzwischenraumes einschließlich der eingesetzten Dämmmaterialien und eventueller Verbindungsteile. Für tiefe Resonanzfrequenzen ist eine große Masse der Schalen und eine weiche Feder, also im Fall der Luftschicht ein großer Abstand zwischen den Schalen notwendig. Typische Resonanzfrequenzen von zweischaligen Wänden liegen zwischen etwa 100 Hz für sehr leichte Trockenbaukonstruktionen und dem Bereich unterhalb der unteren Hörbereichsgrenze bei 16 Hz für sehr massive Konstruktionen mit großen Schalenabständen.

Die bauakustischen Eigenschaften der Bauteile sind in Datenblättern häufig nicht als spektraler Verlauf des Schalldämmmaßes R bzw. R´, sondern als Einzahlwerte in Form des bewerteten Schalldämmmaßes Rw bzw. R´w dargestellt. Diese Einzahlwerte betrachten nur einen beschränkten Frequenzbereich von 100 Hz bis 3,15 kHz. Der Frequenzbereich unterhalb von 100 Hz und oberhalb von 3,15 kHz wird zwar häufig messtechnisch ermittelt, geht aber in die Bestimmung der Einzahlwerte nicht ein. Das bedeutet, der Frequenzbereich unterhalb 100 Hz, in dem im Studiobau die Probleme eigentlich erst richtig anfangen, wird in den Einzahlangaben gar nicht berücksichtigt. Die Einzahlwerte für das Schalldämmmaß sind daher im Studiobau nur als Richtwerte anzuwenden. Die eigentlichen Berechnungen müssen frequenzabhängig durchgeführt werden. Besteht nun die Wahl zwischen einem massiven einschaligen Bauteil und einer Trockenbauwand, ist zu beachten, dass die leichten Trockenbaukonstruktionen zwar im mittel und hochfrequenten Bereich sehr gute Ergebnisse bringen, die Schalldämmung im tieffrequenten Bereich dafür jedoch verglichen mit massiven Bauteilen in den meisten Fällen eher dürftig ausfällt. Das lässt sich auf die einfache Aussage reduzieren: Um tiefe Frequenzen zu dämmen, benötigt man Masse.

Ein großer Vorteil der Trockenbaukonstruktionen liegt aber eben gerade im geringen Gewicht der Bauteile, was vor allem bei nachträglichem Ausbau von Räumen, also bei der Erstellung von Wänden, die in die Statik eines Gebäudes nicht von vornherein einbezogen sind, eine große Rolle spielt. Der Bau von massiven Wänden oder Vorsatzschalen ist in vielen Fällen praktisch gar nicht möglich, weil die Masse der Wand durch die Decke nicht getragen wird. Das ideale Ergebnis wird in der Regel durch eine Kombination massiver Schalen mit Trockenbauvorsatzschalen erreicht. Wie bereits in der letzten Folge beschrieben, bringt aber keine der Maßnahmen den gewünschten Erfolg, wenn man nicht gleichzeitig auch die Wandanschlüsse und die flankierenden Bauteile betrachtet. Um die Übertragung über die flankierenden Bauteile einer Trennwand, also über die längs verlaufenden Wände bzw. die Decken- und die Bodenplatte zu reduzieren, und um die im Studiobau erforderlichen hohen Schalldämmmaße zu erreichen, ist es notwendig, eine Vorsatzschale nicht nur vor die Trennwand, sondern auch vor die flankierenden Wände zu setzen, eine abgehängte Decke einzuziehen und einen schwimmenden Estrich zu verlegen. Die letzte Abbildung zeigt eine solche Raum-in-Raum-Konstruktion in Trockenbauweise.

Trockenbau-Raum-in-RaumKonstruktion. 1: Massivwand, 2: Massivdecke, 3: Trockenbauvorsatzschale, elastisch gelagert, 4: Estrich, elastisch gelagert, 5: Trockenbaudecke, elastisch abgehängt

Die Konstruktion besteht aus einem schwimmenden Estrich, Gipskartonvorsatzschalen an den Wänden und einer abgehängten Gipskartondecke. Die abgehängte Decke unterscheidet sich von ihrer Wirkungsweise her nicht von den Vorsatzschalen an den Wänden, sie ist lediglich konstruktiv etwas aufwändiger, da sie ja an einer elastisch abgehängten Unterkonstruktion, also z. B. an Federhängern montiert werden muss. Dabei ist es von größter Bedeutung, jede Art von Schallbrücken sowohl zwischen benachbarten Räumen, als auch zwischen den Bauteilen der Raum-in-Raum-Konstruktion und dem Baukörper zu vermeiden.

Eigene Messungen haben gezeigt, dass mit derartigen Konstruktionen bei einwandfreier Planung und Ausführung Verbesserungen des Schalldämmmaßes der bestehenden Wände und Decken und somit der Schallpegeldifferenzen zu den benachbarten Räumen in Größenordnung von 30 dB möglich sind. Das ist bei einen guten bestehenden Bausubstanz in den meisten Fällen ausreichend, um selbst in empfindlichen Wohnumgebungen Schallpegeldifferenzen zu den umliegenden Räumen zu erzielen, die ausreichend sind, um den in einem Großteil der Fälle notwendigen Schutz des Studios und der Nachbarn zu gewährleisten. Möchte man natürlich zu jeder Tageszeit Schlagzeug spielen können, ohne sich Ärger mit den Nachbarn einzuhandeln, sind andere Maßnahmen nötig. Mögliche Schwachstellen der Konstruktion wie Türen, Fenster, Kabelkanäle oder Klimarohre müssen entsprechend hoch schalldämmend ausgeführt werden oder mit zusätzlichen Maßnahmen wie Schalldämpfern versehen werden. Schallbrücken müssen unbedingt vermieden werden. Wer sich intensiver mit der Bauakustik selbst auseinandersetzen möchte, wird eine ausführliche Behandlung des Themas in Gösele, Schüle, Künzel: „Schall, Wärme, Feuchte” finden.

 


Raumakustik: Entzerrung von Regielautsprechern – Was nicht passt, wird passend gemacht

 

Die Entzerrung von Abhöranlagen in Regie und Hörräumen mit Hilfe von Equalizern wird von vielen kategorisch abgelehnt. Die Argumente dagegen reichen von technisch begründeten Einwänden wie der unerwünschten Beeinflussung der Phase und der Veränderung der spektralen Intensitätsverteilung des Diffusfeldes bis hin zu unhaltbaren Einwänden wie „der Hersteller des Lautsprechers habe sich das so gedacht und da dürfe man nicht herumdrehen …”

Tatsächlich können bei der Entzerrung Effekte auftreten, die zu einer unerwünschten Verfälschung der Wiedergabe und zu einer Verschlechterung der klanglichen Eigenschaften der Anlage führen. Diese Effekte sind dann aber meistens auf eine zu unsorgsame Vorgehensweise oder auf eine rein messtechnische Entzerrung ohne ausreichende Auseinandersetzung mit der bestehenden Akustik und dem resultierenden Höreindruck zurückzuführen.

Unvoreingenommen betrachtet ist die elektroakustische Entzerrung in einer großen Zahl von praktisch relevanten Fällen ein adäquates Mittel, um mit relativ geringem Aufwand eine erhebliche Verbesserung einer nicht so idealen Abhörsituation zu erreichen, oder um an einer bereits nahezu idealen Abhörsituation noch letzte Optimierungen vorzunehmen, die durch raumakustische Maßnahmen nur mit unvergleichlich höherem Aufwand zu realisieren wären. Zunächst sollte bei der Optimierung einer Abhöranlage natürlich immer die Optimierung der Wiedergabesituation durch die gezielte Gestaltung der Raumgeometrie und durch die Gestaltung der Akustik mit Hilfe von absorptiven und diffusen Bauteilen vorgenommen werden. Und: Die ideale Position der Lautsprecher sollte durch Messung und Hörtests ermittelt werden. Oft ist es aber einfach mit vertretbarem Aufwand nicht möglich, eine ausreichende spektrale Balance zu erhalten bzw. es kommt zu Einbrüchen und Überhöhungen in den Übertragungsfunktionen, was ja nichts anderes bedeutet, als dass unterschiedliche Frequenzen unterschiedlich laut übertragen werden.

Nun muss natürlich erst einmal geklärt werden, wie die Übertragungsfunktion (genauer gesagt ihr Betrag) im Idealfall eigentlich aussehen sollte. Prinzipiell ist die Antwort einfach: frequenzunabhängig, also „flat”. Das bedeutet, dass alle Frequenzen mit gleicher Verstärkung von der Einspielung bis zum Abhörpunkt übertragen werden.

Abb. 1: Das Toleranzfeld für die Betriebsschallpegelkurve von Regie- und Abhörräumen gemäß EBU Tech. 3276 und SSF-01.1
Abb. 2: Der Einfluss eines Kammfilters auf die Übertragungsfunktion für den Fall ebener Wellenausbreitung bei einem Absorptionsgrad der reflektierenden Fläche von 0,1 (die Frequenz ist normiert auf die erste Auslöschung und hat daher keine Einheit)

Abbildung 1 zeigt den Toleranzbereich für die sogenannte Betriebsschallpegelkurve nach EBU Tech. 3276. Man ermittelt die Betriebsschallpegelkurve einer Abhöranordnung, indem man am Eingang des Systems ein Rosa Rauschen anlegt und bei Wiedergabe über jeweils einen einzelnen Lautsprecher mit einem Terzanalyser das Schalldruckpegelspektrum am Abhörpunkt bzw. in der Umgebung des Abhörpunktes misst. Alternativ kann man – vor allem, wenn man detailliertere, schmalbandigere Ergebnisse erhalten möchte – die Messung der Übertragungsfunktion z. B. mit Hilfe einer Sweep- oder MLS-Messung durchführen. Allerdings sind die so ermittelten schmalbandigen Werte nicht ohne weiteres mit dem Toleranzfeld für die Betriebsschallpegelkurve zu vergleichen, da bei der Messung mit dem Terzanalyser natürlich eine Mittelung über die Filterbandbreite und damit eine Glättung der gemessenen Kurve durchgeführt wird. Hierfür sind geeignete Filter notwendig. Aber egal, ob direkt als Betriebschallpegelkurve oder mit Hilfe einer geeigneten Filterung der Übertragungsfunktion gemessen: Die ermittelte Kurve zeigt immer mehr oder weniger ausgeprägte Abweichungen gegenüber der Idealkurve.

Verformungen der Übertragungsfunktion haben unterschiedliche Ursachen

Relativ schmalbandige Einbrüche werden häufig durch Kammfilter hervorgerufen. Ein Kammfilter entsteht durch die Überlagerung von zwei Schallwellen, z. B. dem Direktsignal und der Reflexion von einer Wand oder von einem Einrichtungsgegenstand. Haben die beiden Wellen seit der Abstrahlung durch die Schallquelle unterschiedliche Strecken zurückgelegt, kommt es zu einer Phasenverschiebung zwischen den beiden Wellen. Daher entstehen durch die Interferenz der beiden Wellen im Spektrum Einbrüche und Überhöhungen, deren Lage von der Streckenbzw. Laufzeitdifferenz abhängt. Die erste Auslöschung entsteht, wenn die Differenz d der Strecken, die die beiden Wellen zurückgelegt haben, einer halben Wellenlänge entspricht und die beiden Schallwellen damit gegenphasig eintreffen, also bei, wobei c0 die Schallgeschwindigkeit darstellt. Bei der doppelten Frequenz sind die beiden Schallwellen gleichphasig und es kommt zu einer Überhöhung im Spektrum, bei der dreifachen Frequenz kommt es wieder zu einer Auslöschung usw. Abbildung 2 zeigt das charakteristische Bild eines Kammfilters, wie es durch eine einzelne Reflexion entsteht. Da die Phasenverschiebung der beiden Schallwellen zueinander von der Streckendifferenz der beiden Wellen abhängt, ist die Position des Kammfilters im Spektrum abhängig von der Position im Raum. Im tieffrequenten Bereich wird die Übertragungsfunktion durch die Eigenfrequenzverteilung des Raumes bestimmt, die durch die Geometrie und die Bedämpfung des Raumes durch Absorption gegeben ist. Wie stark der Einfluss einer einzelnen Raummode auf die Übertragungsfunktion ist, hängt von der Position der Schallquelle und des Empfängers ab.

Ein gewisser Anteil der Verformung der Betriebsschallpegelkurve und der Übertragungsfunktion wird auch durch die Frequenzabhängigkeit der Nachhallzeit des Raumes hervorgerufen, da die Diffusfeldenergie, also die Energie im Nachhall, in die Messung der Übertragungsfunktion eingeht. Starke Überhöhungen oder Einbrüche in der Nachhallzeit können einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Übertragungsfunktion haben. Die Nachhallzeit sollte, wie bereits in einer früheren Folge beschrieben, zumindest im mittleren Frequenzbereich linear, also von der Frequenz unabhängig verlaufen. Im hochfrequenten Bereich kommt es durch den in den meisten Räumen vorhandenen natürlichen Abfall der Nachhallzeit in Verbindung mit der zunehmenden Bündelung des Lautsprechers daher auch zu einem natürlichen Abfall der Übertragungsfunktion und der Betriebsschallpegelkurve. Im tieffrequenten Bereich ist aufgrund des häufig vorhandenen Anstiegs der Nachhallzeit der gegenläufige Effekt zu beobachten.

Equalizing

Wenn jetzt der Aufwand für eine raumakustische Lösung des Problems zu groß erscheint und eine Verbesserung durch die Optimierung der Positionierung nicht möglich ist, liegt der Schritt nahe, die Verformungen elektroakustisch, also durch Einbau eines Equalizers im Abhörweg zu korrigieren. Die Wahl des richtigen Equalizers ist hier mindestens ebenso wichtig, wie die Wahl des richtigen Controllers im Bass-Management. Das betrifft sowohl qualitative Fragen als auch prinzipielle Überlegungen zur Funktionsweise des Gerätes: analog oder digital, grafisch oder parametrisch, IIR (infinite impulse response) oder FIR (finite impulse response)?

Die Frage „analog oder digital” ist vor allem eine Frage der Dynamik, der Bedienung und der Anschaffungskosten des Gerätes. Ob ein grafischer oder parametrischer Equalizer die bessere Wahl ist, hängt vor allem von der Erfahrung des Einzelnen ab. Für unerfahrene Techniker ist in der Regel ein grafischer Equalizer eher zu empfehlen, da die Vorgehensweise intuitiver und der Grad des Eingriffs wesentlich klarer direkt am Gerät erkennbar ist.Vor allem ist es aber bei der Verwendung von grafischen Equalizern wesentlich einfacher möglich, ein paar Grundregeln zu formulieren, bei deren Beachtung sich die unerwünschten Effekte, die durch die Entzerrung auftreten können, in Grenzen halten. Parametrische Equalizer dagegen bieten tiefgreifendere und detailliertere Möglichkeiten, um in die Übertragungsfunktion einzugreifen, dem entsprechend größer sind aber auch die Probleme, die bei zu weitgehenden Eingriffen auftreten können.

 


Raumakustik: Feinabstimmung per Filterung – Entzerrung von Regielautsprechern zweiter Teil

 

Die Regie der sandbox studios: Die Einmessung der Regielautsprecher ist auch in akustisch konsequent geplanten Räumen wie diesem eine sinnvolle Maßnahme für die Feinabstimmung der Abhöranordnung. (Bild: sandbox studio)

Im erste Teil haben wir uns mit möglichen Ursachen der Verformungen der Übertragungsfunktion und der Betriebsschallpegelkurve sowie mit prinzipiellen Überlegungen zur Entzerrung von Abhöranlagen auseinandergesetzt.Wir wollen nun die Effekte betrachten, die bei der Entzerrung auftreten, um daraus ein paar hilfreiche Regeln für die Entzerrung abzuleiten.

Eine Vielzahl von raumakustischen Effekten, die zu Verformungen der Übertragungsfunktion führen, sind ortsabhängig. Nehmen wir das einfache Beispiel des Kammfilters, dessen Einfluss auf die Übertragungsfunktion wir in der letzten Folge betrachtet haben. Wir kamen zu der Erkenntnis, dass die Position der Einbrüche und Überhöhungen im Frequenzbereich abhängig ist von der Verzögerung der Reflexion gegenüber dem Direktsignal und damit von der Position des Messmikrofons oder des Zuhörers im Studio. Wird ein unmittelbar am Abhörpunkt durch einen Kammfilter hervorgerufener Einbruch in der Übertragungsfunktion durch ein elektrisches Filter ausgeglichen, wirkt sich natürlich die Veränderung der Übertragungsfunktion in gleicher Weise auch an jedem anderen Punkt im Raum aus. Allerdings ist sie an den meisten anderen Punkten ja gar nicht erwünscht, da der Kammfilter hier gar nicht oder aufgrund der veränderten Verzögerung der beiden Schallwellen an einer anderen Position im Spektrum auftritt.

Im ungünstigsten Fall liegt die Überhöhung des Kammfilters hier bei der Frequenz, bei der am Abhörpunkt ein Einbruch zu messen war, der durch eine voreilige Anhebung in der Entzerrung ausgeglichen wurde. Die Überhöhung des Kammfilters und die Anhebung durch die Entzerrung werden sich an diesem Punkt addieren und zu einer noch ausgeprägteren Überhöhung führen. Die Entzerrung führt in diesem Fall zwar zu einer Glättung der Übertragungsfunktion und damit vordergründig zu einer Verbesserung der Abhörbedingungen am Abhörpunkt selbst, führt aber zu einer unkontrollierten und in der Regel ungünstigen Veränderung der Übertragungsfunktion im restlichen Raum. Bestimmte Effekte sind daher gar nicht oder nur sehr moderat zu entzerren. Hier sind also Kompromisse gefragt. Eine Vorgehensweise, die die Problematik der Positionsabhängigkeit der Verformungen der Übertragungsfunktion in der Messung zwar nicht vollständig beseitigt, aber zumindest deutlich reduziert, ist die räumliche Mittelung bei der Messung der Übertragungsfunktion, also die Beurteilung nicht nur am Abhörpunkt, sondern auch an weiteren Positionen im Studio-Raum.

Man muss sich beim Einsatz von Equalizern immer im Klaren darüber sein, dass jedes analoge und jedes herkömmliche digitale Filter bei einer Veränderung der Amplitude zwingend auch eine Beeinflussung der Phase und damit der Gruppenlaufzeit (der Ableitung der Phase), also der zeitlichen Abfolge der Wiedergabe der einzelnen Frequenzen bewirkt. Manipulationen der Gruppenlaufzeit äußern sich in mehr oder weniger ausgeprägten Verschiebungen in der Impulsantwort. Die Impulsantwort einer Abhöranordnung, also das, was am Abhörpunkt ankommt, wenn am Eingang der Weichen bzw. der Endstufen ein Impuls eingespeist wird, ist ein Maß dafür, wie nah die zeitliche Wiedergabe am Ideal liegt. Eine positive Veränderung des Verlaufes der Gruppenlaufzeit durch die Entzerrung von raumakustisch bedingten Effekten ist nicht zu erwarten, da die Impulsantwort des Raumes nur wenige minimalphasige Komponenten enthält. Eine Entzerrung der Betriebsschallpegelkurve ist folglich mit konventionellen Equalizern nicht ohne eine gleichzeitige, in der Regel ungünstige Beeinflussung des zeitlichen Verhaltens, also der Impulswiedergabe möglich.

Eine Ausnahme stellen hier die FIR-Filter (finite impulse response) dar, die eine unabhängige Beeinflussung von Betrag und Phase ermöglichen. Mit FIR-Filtern ist es möglich, eine gezielte Beeinflussung der Betriebsschallpegelkurve vorzunehmen, ohne das zeitliche Verhalten – also die Gruppenlaufzeit – negativ zu beeinflussen. Allerdings ist dies mit einer Gesamtverzögerung innerhalb der Wiedergabeanordnung verbunden. Der Einsatz von FIR-Filtern bietet aber nicht nur neue Möglichkeiten bei der Raumentzerrung von Lautsprechern, sondern eröffnet bereits bei der Konzeption von Lautsprechern völlig neue Gestaltungsmöglichkeiten. Daher werden wir uns mit dem Thema FIR-Filter in einer späteren Folge beschäftigen.

Den Abfall der Übertragungsfunktion, der sich im hochfrequenten Bereich durch die zunehmende Bündelung des Lautsprechers und den natürlichen Abfall der Nachhallzeit zu hohen Frequenzen hin ergibt, zu entzerren, ist nicht sinnvoll. Auch ein leichter Anstieg im tieffrequenten Bereich, bedingt durch den Anstieg der Nachhallzeit im Modenbereich vor allem kleiner Räume muss nicht „wegentzerrt” werden. Dennoch kann es bei sehr ausgeprägten Raummoden sinnvoll sein, die vom Lautsprecher abgestrahlte Schallleistung im tieffrequenten Bereich geringfügig zu verringern, um die Anregung der störenden Moden und somit das Dröhnen des Raumes zu reduzieren.

Grundsätzlich ist aber auch zu beachten, dass sich durch die Entzerrung nicht nur die Schallenergie des Direktsignales und der frühen Reflexionen, sondern auch die Energie des diffusen Nachhalls verändert. Das Diffusfeld ist aber von Effekten wie z. B. dem Mischpultkammfilter gar nicht betroffen. Es hat in der Regel eine andere spektrale Verteilung, die weniger durch die „frühen” Effekte (wie einzelne Reflexionen), sondern viel mehr durch die „späten” Effekte im Raum (also den Nachhall und das Nachschwingen der Raummoden) bestimmt wird. Das bedeutet, eine Beeinflussung der Übertragungsfunktion kann zu einer ungünstigen Veränderung der spektralen Verteilung der Diffusfeldenergie führen. Auch hier sind also Kompromisse und eine detaillierte Auseinandersetzung mit den akustischen Vorgängen notwendig.

Mehr zum Thema Raummoden findest du hier.

Diese Übertragungsfunktion eines Kanals eines Regieraumes am Abhörpunkt zeigt neben den charakteristischen Einbrüchen und Überhöhungen in der Feinstruktur ein unausgeglichenes Verhalten im Bereich unterhalb 250 Hz und einen Einbruch im Bereich des Mischpultkammfilters zwischen 500 Hz und 1 kHz. (Bild: HMP Architekten + Ingenieure / concept-A)

Wenn der Höreindruck passt, passt auch die Entzerrung

Wir wollen die einzelnen auftretenden Probleme gar nicht bis ins Detail betrachten, die Komplexität der Effekte würde den Rahmen bei weitem sprengen. Letztlich ist es der Höreindruck, der zählt, und darin sind alle relevanten Parameter enthalten. Ich benötige also Klangmaterial, mit dem ich gut vertraut bin – also z. B. CDs oder DVDs, die ich aus anderen Räumen sehr gut kenne und von denen ich genau weiß, wie sie unter optimalen Bedingungen klingen. Die Entzerrung ist eben kein rein messtechnischer Prozess, keine reine „Einmessung”, sondern erfordert eine eingehende Auseinandersetzung mit dem gewonnenen Höreindruck. Ein Ergebnis, das auf den ersten Blick messtechnisch einwandfrei aussieht, kann einen völlig falschen Höreindruck vermitteln. Diese Beurteilung erfordert aber eben etwas Erfahrung. Eine rein messtechnische Entzerrung ohne weitere Betrachtungen der Akustik und ohne eine ausreichende Beurteilung des Klangbildes, also ein „Geradebiegen des Frequenzganges” führt in den wenigsten Fällen zu einem akzeptablen Ergebnis. Ein sinnvolles Ergebnis lässt sich nur durch ein iteratives Vorgehen – also durch das Zusammenspiel von Messung und Höreindruck – erreichen.

Meist sind es eher die groben Tendenzen im Spektrum, deren Entzerrung sinnvoll ist und nicht die Feinstruktur der Übertragungsfunktion. Sehr schmalbandige Eingriffe bei parametrischen Equalizern sollte man vermeiden. Grundsätzlich sollten alle Eingriffe, sofern keine zu großen raumbedingten Asymmetrien in den Übertragungsfunktionen vorliegen, gleichermaßen für alle Kanäle erfolgen. Die Entzerrung sollte wenn möglich auf den tieffrequenten Bereich, in jedem Fall aber auf den Bereich unterhalb etwa 1 kHz beschränkt bleiben. Die Angabe einer maximalen Anhebung oder Absenkung, also z. B. maximal ±3 dB hat sich in der Praxis als nicht sinnvoll erwiesen. Häufig gehen im mittelfrequenten Bereich Eingriffe von ±1 dB bereits zu weit, im Bereich unterhalb etwa 100 Hz sind oft Anhebungen oder Absenkungen von deutlich über 3 dB problemlos möglich. Das ist letztlich Erfahrungssache.

Die entzerrte Übertragungsfunktion entsteht in diesem Fall vor allem durch sehr tiefgreifende Manipulationen im Bereich unterhalb 250 Hz. Die Eingriffe beschränken sich hier grundsätzlich auf den Bereich unterhalb 1 kHz. Die Feinstruktur bleibt unverändert. (Bild: HMP Architekten + Ingenieure / concept-A)

Fazit

Die Entzerrung ist in vielen Fällen eine Möglichkeit, eine Verbesserung der Wiedergabe zu erzielen, die auf raumakustischem Weg nur durch einen aufwändigen Umbau zu erreichen wäre und ist in fast allen Fällen eine sinnvolle Maßnahme für die letzte Feinabstimmung eines Regieraumes. Allerdings erfordert die Entzerrung neben der Messung der Übertragungsfunktionen, die die Grundlage für die Entzerrung darstellen, eine detaillierte Betrachtung der Vorgänge der Akustik im Raume und des durch die vorgenommenen Veränderungen beeinflussten Höreindrucks. Letztlich muss man sich auch darüber im Klaren sein, dass man durch die Entzerrung natürlich auf eine Vielzahl der Parameter einer Abhöranordnung (wie z. B. das Reflexionsverhalten und das Nachschwingen der Raummoden) gar keinen Einfluss hat. Die Entzerrung kann keinen Ersatz für raumakustische Maßnahmen bieten, aber in vielen Fällen grundsätzlich als Ergänzung zu den vorgenommenen Maß- nahmen gesehen werden, der aber in jedem Fall eine Optimierung des Raumes und der Lautsprecherpositionen vorausgehen sollte.

 


Studioakustik: Raumakustik in Mehrkanaltonregien – Das Runde muss in das Eckige

 

Die Tonregie von Studio 6 der nobeo-Studios in Hürth (Bild: HMP Architekten + Ingenieure / concept-A)

Die Mehrkanaltonwiedergabe hat sich bisher sowohl in der Produktion, als auch beim Konsumenten nicht in dem Maße durchgesetzt, wie sich das der eine oder andere sicher wünschen würde und für viele scheint speziell im Bereich der Musikproduktion der Begriff Mehrkanalton ja sowieso noch ein Fremdwort zu sein.

Ein Grund für das zögernde Verhalten bei der Umstellung liegt offensichtlich in der großen Unsicherheit bezüglich der vielen mehr oder weniger relevanten Wiedergabeformate, die regelmäßig zu Verwirrungen bei allen Beteiligten vom Konsumenten bis zum Toningenieur führen. Wir wollen uns hier aber gar nicht mit den unterschiedlichen Formaten auseinandersetzen, sondern uns vielmehr die Frage stellen, wie man das Ganze denn eigentlich grundsätzlich im Studio umsetzen kann, was man dabei beachten sollte und was man unbedingt vermeiden sollte. Aus den Überlegungen, die man vor dem Bau eines neuen Regieraumes gemeinsam mit dem Bauherrn anstellt, gewinnt man in den meisten Fällen die Erkenntnis, dass der Raum optimal für die Zweikanal-Stereowiedergabe ausgestattet sein muss und Kompromisse wenn nötig bei der Mehrkanalwiedergabe eingegangen werden sollen. In vielen Fällen wird die Mehrkanalwiedergabe ohnehin eher als Option vorgesehen und es wäre mit Blick auf zukünftige Entwicklungen sicher nicht sinnvoll, sich heute beim Bau eines neuen Regieraumes nicht zumindest die Möglichkeiten offen zu halten, den Raum zu einem späteren Zeitpunkt um eine Mehrkanal-Abhöranlage zu erweitern. Das bedeutet allerdings, sich bei der akustischen Konzeption des Raumes bereits Gedanken über die Wiedergabesituation für die zusätzlichen Kanäle zu machen.

Die Referenz-Lautsprecheranordnung nach ITU-R BS.775-1 (Bild: HMP Architekten + Ingenieure / concept-A)

Betrachtet man die Bedeutung der unterschiedlichen Mehrkanal-Wiedergabeformate dann zeigt sich klar, dass die wichtigste Wiedergabeanordnung im Studio mit Ausnahme der reinen Kinoformate die 5.1-ITU-Anordnung ist. Daher wollen wir uns in unseren Überlegungen zunächst auch auf diese Anordnung beschränken. Das Wichtigste zuerst: Die fünf Hauptlautsprecher stehen auf einem Kreis und haben folglich alle dieselbe Entfernung zum Abhörpunkt. Ist das aus irgendwelchen Gründen nicht möglich, muss man die Lautsprecher, die näher am Abhörpunkt stehen, um die fehlende Entfernung verzögern. Und: Alle fünf Kanäle sind identisch bezüglich Übertragungsfunktion und Reflexionsverhalten. Es gibt einen separaten Tieftonkanal, den „.1” als sogenannten LFE (low frequency effects), der zusätzliche Tieftonsignale im Frequenzbereich von 20 Hz bis 120 Hz überträgt und nicht mit dem Subwoofer im Bass-Management zu verwechseln ist. Diese Höranordnung ist in ITU-R BS.775-1 (multichannel stereophonic sound system with and without accompanying picture) definiert und in diversen anderen Richtlinien für Mehrkanalwiedergabe übernommen, wobei der LFE-Kanal im ITU-Format zunächst nicht vorgesehen ist. Der Abhörkreis mit den zulässigen Lautsprecherpositionen ist unserer Abbildung dargestellt. Man kann zu Normen und Richtlinien stehen wie man möchte – die Erfahrung hat gezeigt, dass Abweichungen gegenüber der vorgesehenen Anordnung schnell zu einem unbefriedigenden Klangbild führen, vor allem, wenn es um die Entfernungen der einzelnen Lautsprecher geht. Dagegen sind zum Beispiel die horizontalen Winkel der hinteren Kanäle vergleichsweise unkritisch.

Nun sind aber naturgemäß die meisten Räume eckig, woraus sich zwangsweise eine unterschiedliche Anordnung der Lautsprecher im Bezug zu den umgebenden Wänden ergibt, was in den einzelnen Kanälen zu unterschiedlichem Wiedergabeverhalten vor allem im tieffrequenten Bereich führt. Raumformen, die tatsächlich die gleichen geometrischen Voraussetzungen für alle Kanäle bieten, bringen in der Regel ein sehr ungünstiges raumakustisches Verhalten mit sich. Die naheliegendste Raumform, die zwar für alle Kanäle die gleiche Anordnung zu den Wänden des Raumes bieten würde, ist der Zylinder. Allerdings ist das raumakustische Verhalten eines zylinderförmigen Raumes bedingt durch seine konkaven Wandflächen, das Zusammenfallen der Eigenfrequenzen mehrerer Raumachsen und die daraus resultierende ungünstige Eigenfrequenzverteilung sehr bedenklich und mit vertretbarem Aufwand nicht in Griff zu bekommen. Und selbst wenn es möglich wäre, eine absolut identische Positionierung aller Kanäle im Raum zu erreichen, würde diese wieder durch akustisch nicht zu vernachlässigende Einbauten wie Mischpulte, Bildschirme etc. zerstört. Speziell die Abdeckung des Bodens durch das Mischpult für die vorderen Kanäle erzeugt in Mehrkanalregieräumen bereits eine erhebliche Asymmetrie zwischen vorderen und hinteren Kanälen. Daher ist die Forderung nach absolut identischer Wiedergabe in der Praxis nicht zu erfüllen.

Raumkonzepte

In den letzten Jahrzehnten haben sich für die Konstruktion von Stereo-Regieräumen mehrere Konzepte entwickelt, die sehr unterschiedliche Ansätze für die Raumgeometrie und die Verteilung der Bedämpfung des Raumes vorsahen. Allen voran verbreitete sich das in den 70er Jahren von Don Davis präsentierte Live End Dead End, bei dem der vordere Bereich des Raumes hochabsorptiv und der hintere Bereich großflächig diffus gestaltet wurde. In den 80er Jahren folgte das von der Verteilung der Oberflächen entgegengesetzte Non-Environment, bei dem die Lautsprecher in eine reflektierende Frontkonstruktion eingesetzt sind, deren Geometrie alle Reflexionen gezielt in den hinteren absorptiven Bereich des Raumes lenkt. Es gab gute Gründe für die Entwicklung dieser Raumkonzepte, denn beide Raumtypen versprechen bei sachgemäßer Konzeption und Ausführung gute Ergebnisse für die Zweikanal-Stereowiedergabe. Aber: Der Raum verfügt bei beiden Konzepten über klar gerichtete raumakustische Bedingungen. Man kann nicht erwarten, wenn ein Raum im vorderen Bereich raumakustisch anders gestaltet ist, als im hinteren, dass ein Lautsprecher, der im hinteren Bereich des Raumes frei stehend positioniert ist, die gleichen Übertragungseigenschaften besitzen wird wie ein Lautsprecher, der im vorderen Bereich des Raumes sitzt. Die hinteren Lautsprecher ebenfalls in eine ähnliche Frontkonstruktion einzubauen, wie sie im vorderen Raumbereich sitzt, bringt aufgrund der entstehenden Geometrie weder akustisch noch ergonomisch befriedigende Ergebnisse.

Außerdem ist die Planung von Studioräumen ja doch in der Regel für ein paar Jahre ausgelegt und eine Festlegung auf eine bestimmte Wiedergabeanordnung durch den Einbau der hinteren Lautsprecher wäre eine unnötige Einschränkung der Flexibilität, auf zukünftige Entwicklungen zu reagieren. Wenn es also darum geht, Räume für eine 5.1-Wiedergabe in möglichst puristischer Form zu konstruieren, besteht folglich die logische Konsequenz darin, die Lautsprecher wieder frei aufzustellen und die Räume mit einer Raumakustik zu versehen, die keine Präferenzen in irgendeiner Richtung aufweist. Die Aufmacherseite zeigt die neue HDTV-Tonregie der nobeo-Studios in Hürth. Die Lautsprecher stehen hier frei im Raum, die Raumakustik ist ohne Präferenzen bezüglich der Richtung des Raumes gestaltet. In vielen Fällen werden Räume aber aus guten Gründen dennoch nach den bewährten Konzepten geplant und gebaut, da vor allem die Wiedergabe im tieffrequenten Bereich beim Einbau in die Frontkonstruktion wesentlich ausgeglichener ist, als bei frei stehenden Lautsprechern.

Die große Tonregie der Teldex Studios in Berlin (Bild: HMP Architekten + Ingenieure / concept-A)

 

Dabei ist es durch Adaptionen der klassischen Konzepte durchaus möglich, hervorragende Ergebnisse sowohl für die Zweikanal-, als auch für die Mehrkanalwiedergabe zu erreichen. Das nebenstehende Foto zeigt die große Tonregie der Teldex Studios in Berlin. Wegen der Forderung nach einer optimalen tieffrequenten Wiedergabe wurde hier im Laufe der Planung die Entscheidung für den Einbau der vorderen Lautsprecher in eine schallharte Lautsprecherfront getroffen. Eine nahezu symmetrische Wiedergabe der vorderen und hinteren Kanäle wird hier durch große Absorberfelder in der reflektiven Lautsprecherfront und durch eine gezielte Neigung der hinteren Lautsprecher gewährleistet. Das Reflexionsverhalten muss nun natürlich nicht mehr für zwei Kanäle, sondern für fünf Kanäle optimiert werden.

Das bedeutet, die Möglichkeiten, reflektierende Flächen wie zum Beispiel Fenster oder Maschinenschränke zu berücksichtigen, sind wesentlich geringer. Die Optimierung des Schallfeldes muss wesentlich weiträumiger erfolgen. Das bringt allerdings höhere Anforderungen an die raumakustische Konzeption mit sich. Im Studio ist es daher wichtiger denn je, alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auch auszuschöpfen, um Wiedergabebedingungen zu schaffen, die qualitativ mit denen einer hochwertigen Zweikanal-Stereo-Regie vergleichbar sind. Dazu gehören moderne Simulationsverfahren, die eine weitreichende Optimierung der Raumgeometrie ermöglichen, effektive Mechanismen und Konstruktionen zur Bedämpfung des Schallfeldes, aber auch unterstützende Maßnahmen wie ein gezielt eingesetztes (und eingemessenes) Bass-Management und bei Bedarf eine moderate Entzerrung der Lautsprecher, wobei jede dieser Maßnahmen eine intensive Auseinandersetzung mit den physikalischen Vorgängen erfordert. Dafür passt aber dann das Runde eben doch in das Eckige.

 


Raumakustik: keine Kompromisse – Rechtliche und bauliche Grundlagen des Schallschutzes

 

(Bild: HMP Architekten + Ingenieure / concept-A)

Die Aufgabenstellung lautete: Im Untergeschoss eines Mehrfamilienhauses in einer der schönsten Wohngegenden Münchens soll ein professionelles Studio mit Regie- und Aufnahmeraum entstehen. Die Grundeinstellung des Bauherrn: keine Kompromisse. Daraus ergibt sich die primäre Zielsetzung für die bauakustische Leistungsfähigkeit der Konstruktion: Die Nachbarn sollen vom Betrieb im Studio nichts mitbekommen, unabhängig davon, was im Studio passiert. Das Projekt wurde geplant und überwacht vom Münchner Akustik- und Studioplanungsbüro HMP Architekten + Ingenieure. Die grundsätzliche Raumgeometrie war bereits durch den Bestand vorgegeben.

Die Voraussetzungen waren gut:

– ein Raum mit einer Bruttoraumfläche von 36 qm, in dem der Regieraum entstehen sollte,

– ein Raum mit einer Bruttoraumfläche von 15 qm, der zum Aufnahmeraum ausgebaut werden sollte,

– ein Raum mit einer Fläche von 5 qm, der sich als Maschinenraum anbot,

– und eine Schleuse als räumliche und akustische Trennung zu den öffentlichen Bereichen des Gebäudes.

Der Grundriss des Studios mit Regieraum, Aufnahmeraum, Maschinenraum und Schleuse

Um die bauakustischen Eigenschaften des Bestandes zu prüfen, wurden vor Beginn der Baumaßnahmen Messungen durchgeführt. Dabei ergaben sich für die Decken über dem Studiobereich Schalldämmmaße zwischen 56 und 58 dB, womit die Mindestanforderungen für Wohnungstrenndecken nach DIN 4109 erfüllt sind. Damit lassen sich zwar zwei Wohnräume voneinander trennen, in denen keine besonders hohen Schalldruckpegel zu erwarten sind, für die Trennung zwischen einem Studioraum und einem Schlafzimmer ist das aber bei Weitem nicht ausreichend. Um die notwendigen Schalldämmmaße bzw. Schallpegeldifferenzen sowohl zwischen dem Außenbereich und dem Studio als auch innerhalb des Studios zu erreichen, wurden in beiden Studioräumen Raum-in-Raum Konstruktionen errichtet. Die eingesetzte Konstruktion entspricht prinzipiell der in der vorherigen Folge beschriebenen Trockenbau Raum-in-Raum-Konstruktion.

Der Regieraum vor Beginn der Baumaßnahmen

Der bestehende schwimmende Estrich wurde auf seine bauakustische Funktion hin überprüft. Da sich der Raum im Untergeschoss befindet und darunter keine weiteren Räume liegen, besteht die bauakustische Funktion des schwimmenden Estrichs nicht darin, ein trennendes Bauteil abzudecken, sondern lediglich in der Funktion eines flankierenden Bauteils, wodurch sich die Anforderung an das Bauteil erheblich reduzieren lässt. Daher wurde entschieden, den bestehenden Estrich, einen Zementestrich mit einer im Wohnungsbau üblichen Estrichplatte auf einer Mineralfasertrittschalldämmmatte, zu erhalten und lediglich im äußeren Bereich einen Streifen abzubrechen, um die schweren Trockenbauvorsatzschalen auf tieffrequent abgestimmten Elastomerlagern elastisch gelagert auf den Rohboden zu stellen.

An der Decke wurde eine schwere Trockenbau-Decke federnd abgehängt. Alle Durchbrüche für Klimatechnik, Elektrotechnik und Audio-/Videotechnik stattete man entsprechend hochschalldämmend aus. Die bestehenden Fenster wurden durch hochwertigere ersetzt und durch zusätzliche Fenster in den Vorsatzschalen entsprechend mehrschalig nachgerüstet. Bei Türen bringt das Vorsetzen von zusätzlichen Türelementen meistens zu hohe ergonomische Nachteile. Daher wurde nur jeweils eine, dafür aber sehr hochschalldämmende Türe verwendet. Die ausreichende akustische Trennung zum öffentlichen Bereich im Flur des Untergeschosses wird durch die Schleuse erzielt. Erwartet wurde eine Verbesserung des Schalldämmmaßes der betreffenden Bauteile um mindestens 22 dB.

Nach der Fertigstellung der bauakustischen Konstruktion fanden zur Qualitätssicherung der durchgeführten Maßnahmen Messungen des Schalldämmmaßes statt. Dabei wurden frequenzbewertete Verbesserungen des Schalldämmmaßes zu den einzelnen angrenzenden Räumen zwischen 24 und 28 dB gemessen. Damit ist es möglich, im Studio auch nachts mit Schalldruckpegeln zu arbeiten, die um gut 20 dB über den üblichen Zimmerlautstärken liegen, ohne dass Beeinträchtigungen der Anwohner zu erwarten sind.

Ebenso kompromisslos wie die bauakustische Konstruktion sollten auch Design, Raumakustik und technische Ausstattung der beiden Räume gestaltet werden. Gemeinsam mit dem Bauherrn wurde ein Konzept für einen Regieraum entwickelt, der trotz der in Untergeschossen üblichen geringen Raumhöhe die Qualität und die Atmosphäre professioneller Studios bietet. Tageslicht in beiden Räumen war für alle Beteiligten Voraussetzung. Auf ein Fenster zwischen Regie- und Aufnahmeraum wurde aus statischen Gründen verzichtet. Die Kommunikation zwischen den beiden Räumen erfolgt über Kameras und Bildschirme.

Der Aufnahmeraum mit der Kamera/Monitor-Kombination im Hintergrund

Nach ausführlichen Hörtests fiel die Entscheidung bezüglich des Hauptlautsprechers auf den digitalen Studiomonitor O500 von Klein + Hummel. Die Lautsprecher wurden in eine schallharte Front integriert. Das Prinzip der schallharten Front basiert darauf, bereits durch die Raumform alle Reflexionen um den Abhörpunkt herum in den hinteren Raumbereich zu lenken und den Lautsprecher im Schallfeld so in Position zu bringen, dass er vor allem im tieffrequenten Bereich alle Frequenzen gleichermaßen anregen kann. Gleichzeitig unterstützt die reflektive Front das Bestreben, die Nachhallzeit in einem natürlichen Bereich zu halten, nachdem der gesamte vordere Raumbereich praktisch ohne Absorptionsmaterial auskommt.

Der hintere Teil des Regieraums mit einem der kombinierten Klima-/Resonanzabsorberelemente

Ein einwandfreies Reflexionsverhalten und eine im gesamten Frequenzbereich bis zu tiefsten Frequenzen hin sehr ausgeglichene Nachhallzeit wird durch die Kombination gestaffelter Breitband- und Resonanzabsorber und die Verwendung von Helmholtzresonatoren in den hinteren Raumecken, die vor Ort auf die tiefsten Eigenfrequenzen des Raumes abgestimmt wurden, erreicht. Der Innenausbau des Studios wurde mit Elementen von concept-A ausgeführt.

Raumakustik: Die Suche nach der idealen Raumform – Symmetrie ist die Kunst der Naiven …

 

Regie 1 der Teldex Studios in Berlin – die klare Symmetrie des Raumes und der Abhöranordnung ist eine grundlegende Voraussetzung für die hier geforderte Abhörqualität (Bild: : HMP Architekten + Ingenieure / concept-A)

Eine der vielen, scheinbar unumstößlichen und unter keinen Umständen in Frage zu stellenden Grundregeln des Studiobaus, die sich in den Köpfen aller festgesetzt haben, heißt: „Die Wände im Studio dürfen zueinander nicht parallel sein.” Sucht man allerdings nach den Hintergründen dieses dogmatischen Grundsatzes und betrachtet eine Vielzahl von professionellen Studios, dann kommt man wie so oft in der Akustik zu der Erkenntnis: „Das kann man so allgemein nicht sagen …”

Die Qualität der Akustik einer Regie oder Aufnahmeraumes wird durch drei Dinge bestimmt:

– die Raumform, in der Literatur oft als Primärstruktur bezeichnet,

– die Beschaffenheit der Oberflächen, die sogenannte Sekundärstruktur und

– die Positionierung von Schallquelle (also Sänger, Sprecher, Instrument oder Lautsprecher) und Empfänger (also Mikrofon oder Ohr).

Diese drei Punkte sind nahezu gleichberechtigt. Ein Raum mit ungünstiger Geometrie lässt sich zwar durch eine gezielte Gestaltung der Oberflächen erheblich verbessern, die ungünstigen Auswirkungen des Grundrisses lassen sich reduzieren und bis zu einem gewissen Grad kaschieren, das Ergebnis wird aber nie die Qualität eines Raumes mit günstigem Grundriss erreichen. Auf der anderen Seite kann die Geometrie eines Raumes noch so schön sein, mit einer ungeeigneten Oberflächengestaltung oder einer falschen Positionierung von Schallquelle und Empfänger wird man das Ziel auch nicht erreichen.

Am Anfang der raumakustischen Gestaltung eines Regie- oder Aufnahmeraumes steht also die Wahl der richtigen Geometrie. In vielen Fällen ist der Grundriss natürlich bereits vorgegeben. Die raumakustischen Maßnahmen beschränken sich dann auf die Gestaltung der Oberflächen und die Positionierung von Schallquelle und Empfänger. Im Falle einer ungünstigen Raumform bleibt dann natürlich nur, mit der Raumform zu arbeiten und die bestehenden Defekte durch die Sekundärstruktur, also durch die Gestaltung der Oberflächen mit Absorbern, Diffusoren und Reflektoren, so weit wie möglich zu minimieren.

Besteht die Möglichkeit, die Form des Raumes zu beeinflussen oder bei einem Neubau sogar komplett frei zu gestalten, sollte diese Möglichkeit auch genutzt werden. Dann stellt sich natürlich die Frage nach der idealen Geometrie. Diese Frage ist nicht mit einem Satz zu beantworten und ist auch zu einem gewissen Teil eine Frage der Philosophie. Oberstes Prinzip beim Bau von Regieräumen ist Symmetrie. Das betrifft die Symmetrie der Raumform und die Symmetrie der Oberflächengestaltung in gleichem Maß, wie die Positionierung der Abhörlautsprecher und des Abhörpunktes. Die Wiedergabe in einem asymmetrischen Regieraum wird gegenüber der in einem symmetrischen Raum vor allem bezüglich der Abbildung der Quellen immer minderwertig ausfallen.

Die Links-Rechts-Symmetrie (im Fall der Stereo-Wiedergabe) bedeutet aber, dass für die Gestaltung einer Geometrie mit zueinander nicht parallelen Wänden gar nicht so viele Möglichkeiten bleiben. Gleichzeitig sollte man große konkave, also nach innen gekrümmte Flächen wie z. B. halbkreisförmige oder in Segmenten an solche Formen angenäherte Wandabschnitte vermeiden, da sie durch ihre bündelnden Eigenschaften sehr ungünstige raumakustische Effekte hervorrufen, die sich im tieffrequenten Bereich auch durch Bedämpfung oder Ähnliches nur begrenzt reduzieren lassen. Die Gestaltungsmöglichkeiten bei der Wahl der idealen Geometrie sind für Regieräume also sehr eingeschränkt.

Mögliche Formen sind z.B. trapezförmige Grundrisse oder angeschrägte Decken. Um die Geometrie eines Raumes beurteilen zu können, ist eine Beschreibung notwendig, die die physikalische Situation auch zuverlässig erfasst. Die bekannten geometrischen Verfahren, die angewandt werden, um die akustischen Eigenschaften von Räumen zu beschreiben, sind, wie bereits in einer unserer ersten Folgen beschrieben, auf den Bereich begrenzt, in dem die Schallausbreitung auch tatsächlich geometrisch stattfindet, also auf den Bereich, in dem die betrachteten Wellenlängen klein sind im Vergleich zu den Abmessungen des Raumes und den an der Schallausbreitung beteiligten Körpern.

Die Ausdehnung dieses Frequenzbereiches hängt also von der Größe des Raumes und der beteiligten Körper ab. Im Allgemeinen geht man davon aus, dass mit Ausnahme von lokalen Effekten wie Beugungserscheinungen im unmittelbaren Nahfeld von Einrichtungsgegenständen die Vorgänge im Bereich oberhalb der Schroeder-Frequenz

in Hz mit geometrischen bzw. energetischen Verfahren zu beschreiben sind. Dabei ist V das Volumen des Raumes in m³ und T die Nachhallzeit des Raumes in s. Die Schroeder-Frequenz kennzeichnet die Obergrenze des tieffrequenten Bereichs eines Raumes. Unterhalb dieser Frequenz ist es zwingend erforderlich, den Wellencharakter der Schallausbreitung zu berücksichtigen. Die Beschreibung des Schallfeldes im tieffrequenten Bereich erfordert die Lösung der Wellenfeldgleichung. Die Lösung ergibt die Eigenfrequenzen des Raumes, also die Frequenzen, bei denen sich Raummoden bzw. stehende Wellen bilden. Aus der Verteilung der Eigenfrequenzen und ihrer Bedämpfung ergeben sich die räumliche Schalldruckverteilung und die Übertragungsfunktion der Abhöranordnung. Die Berechnung der Eigenfrequenzen eines quaderförmigen Raumes kann mit der 1896 von Lord Rayleigh beschriebenen Formel erfolgen:

Mehr zum Thema Raummoden findest du hier.

Dabei ist c0 die Schallgeschwindigkeit, lx, ly und lz sind die Abmessungen des Raumes, also Länge, Breite und Höhe und nx, ny und nz bezeichnen die Ordnungen der Moden in den jeweiligen Richtungen. Zielsetzung der Optimierung der Raumgeometrie ist es nun, eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Eigenfrequenzen zu erreichen. Für quaderförmige Räume lassen sich aus dieser Bedingung günstige Seitenverhältnisse ableiten. Zum Zusammenhang zwischen der Eigenfrequenzverteilung und der Übertragungsfunktion und den sich daraus ergebenden Konsequenzen für die idealen Proportionen von quaderförmigen Räumen kommen wir in einer der nächsten Folgen.

Die typische Anordnung: Der Regieraum ist streng symmetrisch ausgelegt, im Aufnahmeraum ist eine Wand schräg angeordnet, um bereits durch die Raumgeometrie Flatterechos zu vermeiden und das tieffrequente Verhalten zu verbessern (Bild: HMP Architekten + Ingenieure / concept-A )

Für Räume mit unregelmäßigen Formen, also zueinander nicht parallelen Wänden, ergeben sich in der Regel günstigere Verteilungen der Eigenfrequenzen und damit ein ausgeglicheneres Verhalten im tieffrequenten Bereich. Die Bildung von stehenden Wellen ist schwächer. Allerdings halten sich die Verbesserungen meist in Grenzen. Ein vollständiges Verschwinden der stehenden Wellen ist auch bei der günstigsten Raumgeometrie nicht zu erwarten. Auch in diesem Fall werden sich Raummoden bilden, die eine räumlich unausgeglichene Verteilung des Schalldrucks und Unregelmäßigkeiten in der Übertragungsfunktion zur Folge haben.

Die analytische Beschreibung des akustischen Verhaltens eines Raumes und damit die Berechnung seiner Eigenfrequenzen ist aber nur für einfache Geometrien, wie z. B. quader-, also schuhschachtelförmige Räume möglich. Komplexe Raumformen sind analytisch nicht zu erfassen und können nur numerisch berechnet werden. Die Anwendung von numerischen Verfahren wie z. B. der Finiten Elemente-Analyse, einem Verfahren aus der Strukturdynamik, befindet sich derzeit noch in der Erprobung.

Das bedeutet: es ist bisher nur mit sehr großem Aufwand und aufgrund fehlender Materialdatenbanken mit großen Unsicherheiten möglich, die Eigenfrequenzen eines Raumes mit komplexer Geometrie zu bestimmen. Da aber die Kenntnis der Eigenfrequenzen ein elementarer Parameter bei der akustischen Gestaltung eines Raumes im tieffrequenten Bereich ist, wird oft auf die Vorteile von nicht parallelen Wänden verzichtet zu Gunsten der Berechenbarkeit der Eigenfrequenzen. Ein ausgeglichenes Verhalten im tieffrequenten Bereich muss ohnehin durch die angemessene Bedämpfung des Raumes erreicht werden. Zurück zur Symmetrie: Die Symmetrie im Regieraum sollte bezüglich der Raumform, der Anordnung der raumakustischen Oberflächen und der Anordnung von Lautsprechern und Abhörposition gegeben sein.

Es sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass die Symmetrie nicht durch ungünstig positionierte Fenster oder andere Einbauten mit zwingend reflektiven Oberflächen gestört wird und so für die einzelnen Kanäle ein unterschiedliches Reflexionsverhalten erzeugt wird. Im Aufnahmeraum dagegen ist es in der Regel nicht zwingend erforderlich, den Raum symmetrisch zu halten. Daher ist die Planung der Akustik im Aufnahmeraum meist wesentlich freier als im Regieraum und eine asymmetrische Gestaltung des Raumes mit zueinander nicht parallelen Wänden ergibt Sinn, da sich bereits durch die Primärstruktur störende Effekte wie Flatterechos vermeiden lassen und da der tieffrequente Bereich ausgeglichener wird – wenn auch leider nicht in dem Maße, wie häufig angenommen wird.

 


Raumakustik: Die Suche nach der idealen Raumform zweiter Teil – Proportionen und ihr Einfluss auf die Raumakustik

 

Die klassische Quaderform: Der Aufnahmeraum der Dola Studios in Burbach (Bild: : HMP Architekten + Ingenieure / concept-A )

Inhalt unserer letzten Folge war vor allem die Frage, ob es zweckmäßig oder sogar notwendig ist, Studioräume grundsätzlich mit schrägen Wänden und unregelmäßigen Grundrissen zu bauen. Aber in der Realität ist einfach ein Großteil der Räume mit einem rechteckigen Grundriss und einer horizontalen Decke versehen, also quaderförmig. Im Fall von komplett neu zu gestaltenden Grundrissen entstehen meistens Räume mit rechteckigen Grundrissen, um nicht zu viel Raum durch unregelmäßige Grundrisse zu verlieren. Ein Quader ist durch genau drei Größen beschrieben, nämlich durch seine Breite, seine Länge und seine Höhe. Aus dieser Geometrie heraus ergeben sich seine Eigenfrequenzen, also die Frequenzen, an denen Raummoden oder stehende Wellen auftreten.

Mehr zum Thema Raummoden findest du hier.

Wir haben bereits in der letzten Folge die von Lord Rayleigh aufgestellte Formel für die Berechnung der Eigenfrequenzen von quaderförmigen Räumen betrachtet. Setzt man in diese Formel die Abmessungen des Raumes und für die Ordnungen der Moden alle in Frage kommenden Werte ein, so erhält man die Verteilung der Eigenfrequenzen des Raumes. In der Abbildung 1 ist die Verteilung der Eigenfrequenzen eines Raumes mit einem Volumen von 56 m² mit einer für einen kleinen Regieraum nicht unbedingt günstigen, aber dennoch typischen Geometrie dargestellt.

Diese Eigenfrequenzen stellen die Basis für die Übertragungsfunktion des Raumes dar, entscheiden also zu einem großen Teil dar- über, welche Frequenzen wie stark von der Schallquelle zum Empfänger übertragen werden. Jede Raummode leistet einen Beitrag zur Übertragungsfunktion. Raummoden sind resonanzartige Erscheinungen. Der Beitrag jeder Raummode zur Übertragungsfunktion ist eine Resonanzkurve. Die Übertragungsfunktion von einer Schallquelle zu einem Empfänger im Raum entsteht nun durch die Überlagerung der Resonanzkurven der einzelnen Raummoden. Die Güte der Resonanzkurven hängt von der Bedämpfung der jeweiligen Raummode ab, also davon, wie viel Absorption im jeweiligen Frequenzbereich vorhanden ist. Die Übertragungsfunktion zu der in Abb. 1 gezeigten Eigenfrequenzverteilung ist in Abb. 2 für eine typische Positionierung von Lautsprecher und Mikrofon bzw. Abhörpunkt für zwei unterschiedliche Bedämpfungszustände dargestellt.

Die Eigenfrequenzdichte, also die Anzahl der Eigenfrequenzen pro Bandbreite, nimmt mit zunehmender Frequenz deutlich erkennbar zu und mit ihr die Überlappung benachbarter Moden, bis sie so hoch ist, dass die Übertragungsfunktion nicht mehr durch einzelne Raummoden, sondern durch andere Effekte wie Kammfilter bestimmt wird. Die Übertragungsfunktion wird daher mit zunehmender Frequenz ausgeglichener.

Bereiche, in denen keine Eigenfrequenzen liegen, bewirken mehr oder weniger breite Einbrüche in der Übertragungsfunktion und sollten daher vermieden werden. Gleichzeitig sollte man in Bereichen geringer Eigenfrequenzdichte das Zusammenfallen bzw. die unmittelbare Nachbarschaft von Eigenfrequenzen vermeiden, da sich dadurch sehr ausgeprägte Raummoden bilden können und durch die Modulation unmittelbar benachbarter Raummoden Schwebungen entstehen können. Das Ziel der Optimierung der Proportionen des Raumes besteht also darin, eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Eigenfrequenzen zu erreichen, da in diesem Fall mit einer in ihrem Frequenzverhalten ausgeglichenen Übertragungsfunktion zu rechnen ist.

Hinzu kommt nun auch noch die positionsabhängige und richtungsabhängige Anregung der Raummoden. Das bedeutet, je nachdem in welchem Bereich einer Raummode sich die Schallquelle befindet, lässt sich die Raummode unterschiedlich stark anregen, leistet also einen mehr oder weniger ausgeprägten Beitrag zur Übertragungsfunktion. Nicht nur die Position der Schallquelle, sondern auch die Richtcharakteristik und die Orientierung der Schallquelle lassen sich gezielt einsetzen, um bestimmte Raummoden anzuregen, oder eben gerade nicht anzuregen. Damit ergibt sich bei tieffrequent gerichtet abstrahlenden Lautsprechern ein zusätzlicher Freiheitsgrad bei der raumakustischen Gestaltung im tieffrequenten Bereich. Dazu kommen wir später.

Abb. 1: Typische Eigenfrequenzverteilung eines kleinen Regieraumes (Bild: HMP Architekten + Ingenieure / concept-A )
Abb. 2: Übertragungsfunktion mit unterschiedlicher Bedämpfung (Bild: HMP Architekten + Ingenieure / concept-A )

Einfluss der Proportionen

Aus dem Zusammenhang zwischen Raumproportionen und Übertragungsfunktion heraus ergeben sich zwei grundlegende Erkenntnisse, die man bezüglich der Proportionen des Raumes beachten sollte:

1. Vergrößert man das Volumen eines Raumes bei gleichem Verhältnis der Abmessungen, so verschiebt sich die gesamte Eigenfrequenzverteilung zu tieferen Frequenzen. Dadurch erhöht sich bei einer gegebenen Frequenz tendenziell die Eigenfrequenzdichte und die Übertragungsfunktion wird ausgeglichener. Daher sind größere Räume bezüglich ihres Verhaltens im tieffrequenten Bereich unproblematischer als kleinere.

2. Wählt man die Extremform des Quaders, bei der alle Kantenlängen gleich lang werden (also den Würfel) und betrachtet die Lage seiner Eigenfrequenzen, erkennt man, dass zunächst einmal drei Eigenfrequenzen auf ein und dieselbe Frequenz fallen. Für einen würfelförmigen Raum mit einer Kantenlänge von z. B. 4 m liegen diese drei Eigenfrequenzen der untersten sogenannten axialen Raummoden, also der stehenden Wellen, die sich in nur jeweils einer Achse des Raumes ausbreiten, bei 42 Hz. Bei dieser Frequenz wird der Raum ein extremes Eigenleben entwickeln, es werden sich ausgeprägte Schalldruckmaxima in den Ecken des Raumes bilden, der Raum wird extrem dröhnen und in der Mitte des Raumes wird sich ein sehr ausgeprägtes Schalldruckminimum bilden.

Das bedeutet, diese Frequenz wird in der Mitte des Raumes nicht hörbar sein, ganz egal, wo die Schallquelle steht. Oberhalb dieser Frequenz liegt ein breiter Frequenzbereich, in dem überhaupt keine Eigenfrequenzen existieren. Dieser Frequenzbereich ist im gesamten Raum schlecht anregbar. Die nächsten Eigenfrequenzen zeigen sich erst bei 60 Hz, dafür liegen auch hier wieder mehrere Eigenfrequenzen bei ein und derselben Frequenz. Diesmal sind es die ersten drei tangentialen Moden, also Raummoden, die sich in jeweils zwei Dimensionen des Raumes bewegen, die wieder zu einer sehr ausgeprägten Mode führen und so weiter. Die Übertragungsfunktion ist also geprägt von starken Überhöhungen und Einbrüchen, die durch eine gezielte Bedämpfung zwar zu minimieren sind, aber kaum ganz auszugleichen sein werden.

Faustregel

Daraus lässt sich eine einfache und allgemeingültige Faustregel als Mindestanforderung ableiten: Alle ganzzahligen Zahlenverhältnisse der Abmessungen des Raumes sollten unbedingt vermieden werden. Ungünstig ist folglich nicht nur der Extremfall des Würfels, sondern auch Räume, die doppelt so lang wie breit, doppelt so lang wie hoch, genauso hoch, wie breit, dreimal so lang wie hoch sind usw. In den letzten Jahrzehnten ist eine Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten über die idealen Proportionen von rechteckigen Räumen entstanden. Als günstig haben sich z. B. Seitenverhältnisse wie 1,00 : 1,14 : 1,39 oder 1,00 : 1,28 : 1,54 erwiesen.

Wen es weiter interessiert: Die Herleitung dazu stammt bereits aus dem Jahr 1965 von L. W. Sepmeyer und wurde damals im Journal of the Acoustical Society of America veröffentlicht. Mit derartigen Proportionen lässt sich eine sehr ausgeglichene Verteilung der Eigenfrequenzen erzielen. Dadurch ist bereits mit der Form des Raumes eine gute Basis für eine ausgewogene Übertragungsfunktion ohne unerwünschte Einbrüche und Überhöhungen geschaffen. Die weitere Arbeit liegt dann in der gezielten Gestaltung der Oberflächen des Raumes durch Breitbandabsorber, Resonanzabsorber und Diffusoren und nicht zu vernachlässigen in der optimalen Positionierung von Schallquellen und Empfängern.


Raumakustik: Verbesserte Wiedergabe tiefer Frequenzen – Bass-Management Teil 1

 

5.1-Mehrkanal-Regie- und Schnittraum: Eine typische Anwendung für ein Bass- Management (Bild: HMP Architekten + Ingenieure / concept-A, Klein + Hummel)

Für viele ist der Subwoofer nach wie vor nur eine Notlösung, um den Frequenzbereich der Abhörlautsprecher nach unten zu erweitern, wenn es aus finanziellen oder geometrischen Gründen nicht möglich ist, Lautsprecher einzusetzen, die in der Lage sind, den gesamten Frequenzbereich abzustrahlen.

Was wenig bekannt ist: Ein gekonnt eingesetztes Bass-Management stellt vor allem bei kleinen (und in der Regel tieffrequent problematischen) Räumen ein sehr vielseitiges Werkzeug dar, um das Übertragungsverhalten im tieffrequenten Bereich grundlegend zu verbessern. Ein Bass-Management ist zwar kein Ersatz für klassische raumakustische Maßnahmen, aber es bietet eine effektive und kostengünstige Möglichkeit, raumakustische Maßnahmen zu unterstützen.

Die Grundidee des Bass-Managements basiert auf der Erkenntnis, dass tiefe Frequenzen nicht ortbar sind. Unter dieser Voraussetzung ist es nicht zwingend erforderlich, die tieffrequenten Anteile eines Signals von der gleichen Position aus abzustrahlen wie die mittel- und hochfrequenten Anteile. Dadurch ist es möglich, die tieffrequenten Anteile der Hauptlautsprechersignale durch eine Weiche abzutrennen und gebündelt über einen gemeinsamen Subwoofer wiederzugeben.

Ob nun tieffrequente Signale tatsächlich nicht ortbar sind, hängt allerdings zunächst davon ab, wie tieffrequent die Signale sind, vor allem aber auch von der Größe und der akustischen Gestaltung des Raumes und der Art und Positionierung der Schallquellen. Die notwendigen Filter- und Anschlussmöglichkeiten für ein Bass-Management sind häufig bereits im Subwoofer vorhanden. Ist die Option nicht vorgesehen, kann die Signalverarbeitung durch einen externen Bass-Management-Controller übernommen werden.

Der Signalfluss eines externen Bass-Management-Controllers (Klein + Hummel PRO M 68)

Die Abbildung zeigt den Signalfluss des externen Bass-Management-Controllers Klein + Hummel PRO M 68. Die Eingangssignale der fünf Hauptkanäle werden durch das Weichensystem im Frequenzbereich aufgetrennt. Die Signalanteile oberhalb der Trennfrequenz werden den einzelnen Hauptlautsprechern zugeführt. Die unterhalb der Trennfrequenz liegenden Anteile werden zusammengeführt und gemeinsam mit dem LFE-(low frequency effect)-Signal über den Subwoofer wiedergegeben. Erkennbar sind im Signalfluss noch vielfältige Möglichkeiten zur Anpassung an die räumlichen Voraussetzungen sowie die Möglichkeit, zu Kontrollzwecken das Bass- Management zu deaktivieren und alle Lautsprecher diskret breitbandig zu betreiben. Es geht hier aber nicht um die Details bestimmter Controller – da gibt es unterschiedlichste Möglichkeiten und Bedienoberflächen – sondern um deren sinnvollen Einsatz und grundsätzliche Vor- und Nachteile eines Bass-Managements.

Wie bereits in früheren Folgen beschrieben, bietet die Positionierung der Lautsprecher und der Abhörposition eine Möglichkeit, ganz erheblich Einfluss auf die Anregung der Raummoden durch die Lautsprecher zu nehmen.Vor allem in kleinen Räumen hat aufgrund der geringen Eigenfrequenzdichte die Positionierung von Schallquellen und Empfängern einen großen Einfluss auf die Übertragungsfunktionen der Abhöranordnung. Durch ein Verschieben der Lautsprecher und des Abhörpunktes lässt sich vor allem die tieffrequente Wiedergabe optimieren. Nun sind dem Verschieben der Lautsprecher im Normalfall durch die Raumgröße, die geometrischen Vorgaben und die technischen Einbauten praktische Grenzen gesetzt.

Bekanntlich ist es im Zweikanal-Stereo von größter Bedeutung, die Lautsprecher und den Abhörpunkt auf den Ecken eines gleichseitigen Dreiecks, also im Winkel von 60° zueinander zu positionieren. Oberstes Gebot bei der Gestaltung von Regieräumen ist die Symmetrie des Raumes. Das bedeutet, die Möglichkeiten zur Veränderung der Positionen beschränken sich darauf, den Abhörpunkt weiter nach vorn oder weiter nach hinten zu schieben, die Stereobasisbreite zu verändern oder die gesamte Abhöranordnung zu drehen. Bei 5.1-Abhöranordnungen sitzen die Lautsprecher auf einem Kreis um den Abhörpunkt, was die Möglichkeiten, irgendetwas zu verschieben, noch wesentlich weiter einschränkt. Die Positionierung des Subwoofers ist aber relativ frei, seine optimale Position lässt sich durch akustische Messung der Anregung der Raummoden durch den Subwoofer festlegen. Dadurch bietet die Positionierung des Subwoofers beim Einsatz des Bass-Managements einen zusätzlichen Freiheitsgrad bei der akustischen Gestaltung des Raumes und die Übertragungsfunktion lässt sich in weit größerem Umfang optimieren.

Mehr zum Thema Raummoden findest du hier.

Nach der Optimierung steht der Subwoofer in den seltensten Fällen genau in der Raummitte, da hier typischerweise für eine relativ große Zahl von Eigenfrequenzen Schalldruckminima auftreten, in denen ein konventioneller Subwoofer das Schallfeld schlecht anregen kann und dadurch Einbrüche in der Übertragungsfunktion entstehen. Allerdings sollte man bei der Positionierung immer die Phasenbeziehung zwischen dem Subwoofer und den Hauptlautsprechern im Auge behalten, um ungünstige Interferenzen zu vermeiden. Zur Anpassung der Phase kommen wir in der nächsten Folge. Ein weiterer Vorteil des Bass-Managements besteht darin, dass, nachdem ja der Tieftonbereich aller Kanäle über den gleichen Lautsprecher und an derselben Position im Raum abgestrahlt wird, die Übertragungsfunktionen aller Kanäle in diesem Frequenzbereich zwangsläufig identisch sind. Bei breitbandigem Betrieb der Lautsprecher ist das bedingt durch die unterschiedliche Positionierung der Schallquellen im Schallfeld nahezu unmöglich.

Entscheidend: die Trennfrequenz 

Die Trennfrequenz entscheidet über den Erfolg des Bass-Managements. Eine variable Trennfrequenz bietet einen zusätzlichen Freiheitsgrad, allerdings sollte man bei der Wahl ein paar grundlegende Dinge beachten. Trennfrequenzen im Bereich von 80 Hz bis 160 Hz sind üblich.Wird die Trennfrequenz des Subwoofers zu hoch angesetzt, wird der Subwoofer als eigene Signalquelle geortet. Das Klangbild zerfällt. Die optimale Trennfrequenz hängt von der Raumgröße, von der Bedämpfung des Raumes, von der Stereobasisbreite, vom Typ der Lautsprecher und von der Positionierung des Subwoofers ab. Erfahrungsgemäß ist es in kleinen Räumen schwieriger, den Subwoofer zu orten, das heißt es besteht eine größere Freiheit in der Positionierung und die Trennfrequenz kann etwas höher angesetzt werden.

Die besten Ergebnisse werden in der Regel mit Trennfrequenzen von 80 bis 90 Hz erzielt. Allerdings sollte man die tatsächliche Entscheidung durch Messung und ausgiebiges Anhören treffen. Wichtig ist die Anpassung der Phasenlage des Subwoofers an die der Hauptlautsprecher, damit es um die Trennfrequenz herum zu einer einwandfreien Addition und nicht zu einer gegenseitigen Auslöschung der Signale des Subwoofers und der Hauptlautsprecher kommt. Hilfreich bei der Einrichtung und Optimierung eines Bass-Managements ist ein geeignetes Messgerät. In der Regel ist es sinnvoll, sich professionelle Hilfe mitsamt Messgerät zu holen.

 


Raumakustik: Subwoofer Positionierung und Einmessung – Bass-Management Teil 2

 

Erster Schritt bei der Optimierung des Systems ist die richtige Positionierung des Subwoofers. Die Anregung des Schallfeldes hängt bei tiefen Frequenzen stark von der Positionierung des Lautsprechers innerhalb der Verteilung der Raummoden und der damit verbundenen Schallfeldimpedanzen ab. Wir hatten uns damit in einer der ersten Folgen der Serie beschäftigt. Grundlage für die einwandfreie Funktion des Bass-Managements ist eine saubere Addition der Signale des Subwoofers und Hauptlautsprecher zu einem Gesamtsignal ohne Amplituden- oder Phasensprünge im Bereich der Trennfrequenz. In der Hoffnung, eine einwandfreie Addition der Signale zu erreichen, wird häufig der Subwoofer direkt in der Mitte zwischen den beiden Hauptlautsprechern angeordnet. Da die gesamte Abhöranordnung im Raum symmetrisch angeordnet sein sollte, steht der Subwoofer in diesem Fall genau in der Mitte zwischen den beiden Seitenwänden. Betrachtet man aber die Verteilung der Impedanzen im Schallfeld des Raumes, erkennt man, dass sich bei der tiefsten Raummode, die zwischen den beiden Seitenwänden auftritt (also bei der Frequenz, bei der die Raumbreite gerade der halben Wellenlänge entspricht) in der Mitte zwischen den Wänden ein Schalldruckminimum ergibt, in dem ein konventioneller Subwoofer als Monopolquelle das Schallfeld nicht bzw. nur schlecht anregen kann.

Das gleiche gilt für alle Raummoden ungerader Ordnung, also für die Frequenzen, bei denen die Raumbreite eineinhalb mal, zweieinhalb mal der Wellenlänge entspricht usw. Daraus ergibt sich eine sehr unausgeglichene Anregung des Schallfeldes. Die Positionierung des Subwoofers in der Mitte des Raumes ist also aus wellentheoretischen Überlegungen heraus denkbar ungünstig. Auch bei einer Positionierung des Subwoofers außerhalb der Raummitte besteht am Abhörpunkt eine konstante Verzögerung zwischen dem Eintreffen des Signals der Hauptlautsprecher und dem des Subwoofers (das später durch die Abstimmung der Phasenlage des Subwoofers korrigiert werden muss). Lediglich bei einer deutlich vom idealen Hörpunkt entfernten Zuhörerposition bewirkt eine Verschiebung des Subwoofers aus der Symmetrieachse eine von der Zuhörerposition abhängige Verschiebung der Phasenlage zwischen dem Subwoofer und den Hauptlautsprechern. Setzt man aber die Wellenlänge bei der Trennfrequenz in Relation zu den Entfernungen, die für die Verschiebung des Subwoofers überhaupt in Frage kommen (80 Hz entspricht einer Wellenlänge von über 4 m), erkennt man, dass die Phasenänderung durch die Verschiebung in der Regel relativ unerheblich ist.

Eine direkte Ortung des Subwoofers ist bei einer ausreichend tiefen Trennfrequenz und einem hochwertigen Subwoofer, bei dem sich die nichtlinearen Verzerrungen und die damit verbundene Fehlortung aufgrund hochfrequenterer Signalkomponenten in Grenzen halten, nicht zu erwarten. Probleme treten in der Praxis daher erst bei extremen Subwooferpositionen auf, die z.B. weit außerhalb der Stereobasis oder im hinteren Raumbereich liegen. Folglich ist es in nahezu allen Fällen problemlos möglich, den Subwoofer aus der Raummitte zu nehmen und ihn an der Stelle im Raum zu positionieren, an der er das Schallfeld in seinem Frequenzbereich am gleichmäßigsten anregen kann. Diese Position sollte man, wenn man Besitzer eines geeigneten Messgerätes und mit messtechnischen Grundlagen vertraut ist,mit dessen Hilfe oder noch besser gleich mit Hilfe eines Fachmanns mitsamt Messgerät ermitteln und anschließend durch eingehende Hörtests verifizieren.

Geeignete Messgeräte sind entweder Frequenzanalysatoren auf Basis von Sweep- oder MLS-Messungen oder Real-Time-Analysatoren. Nach der Messung steht der Subwoofer in den meisten Fällen im Bereich zwischen der Symmetrieachse des Raumes und dem linken oder rechten Hauptlautsprecher. Wenn die optimale Position des Subwoofers gefunden ist, bleibt noch die Anpassung der Phasenlage und des Pegels der einzelnen Lautsprecher. Die Messung erfolgt separat für jeden einzelnen Kanal. Das bedeutet, es ist immer der Subwoofer und einer der Hauptlautsprecher aktiv.

Phase und Pegel 

Zunächst sollte der Pegel des Subwoofers grob so eingestellt werden, dass er in seinem Frequenzbereich eine ähnliche Empfindlichkeit besitzt wie ein einzelner Hauptlautsprecher. Dann kann die Anpassung der Phase erfolgen. Je stärker sich die Phasenlagen der Signale von Subwoofer und Hauptlautsprecher im Bereich der Trennfrequenz unterscheiden, umso tiefer ist der Einbruch in der Übertragungsfunktion, der durch die Interferenz der beiden Signale hervorgerufen wird. Sind die Signale gegenphasig, kommt es zur maximalen Auslöschung der Signale. Die Phase des Subwoofers wird nun so lange variiert, bis es zu einer einwandfreien Addition der nun gleichphasigen Signale und dadurch zu einem ausgeglichenen Verlauf im Bereich der Trennfrequenz ohne größere Einbrüche in der Übertragungsfunktion kommt.

Bei Systemen, die über eine zusätzliche Schaltmöglichkeit zum Invertieren der Phase verfügen, ist es oft zweckmäßig, bei invertierter Phase die Phasenlage zu suchen, bei der der maximale Einbruch auftritt und schließlich die Invertierung der Phase wieder aufzuheben. Natürlich sollte die Messung nicht nur direkt am Abhörpunkt, sondern auch in der Umgebung vorgenommen werden. Leider ist es nicht immer der Fall, dass die optimalen Einstellungen des Subwoofers für den einen Kanal auch zwangsläufig die besten Ergebnisse für einen anderen Kanal liefern. In diesem Fall müssen Kompromisse zwischen den einzelnen Kanälen getroffen werden. Anschließend wird noch der Pegel der einzelnen Lautsprechersysteme so angepasst, dass sich ein stetiger Verlauf der Übertragungsfunktion mit einer ausgeglichenen Balance der einzelnen Frequenzbereiche ergibt. Neben der Anpassung der relativen Pegel der einzelnen Lautsprecher sollten abschließend auch die absoluten Pegel der Wiedergabekanäle eingemessen werden, um die Kompatibilität zwischen unterschiedlichen Wiedergabeanlagen zu gewährleisten.

Die relevanten Referenzabhörpegel hängen vom wiederzugebenden Format ab. Damit werden wir uns in einer anderen Folge beschäftigen. Neben der messtechnischen Vorgehensweise besteht natürlich auch die Möglichkeit, die Einstellung der Parameter des Systems anhand von Hörtests vorzunehmen. Von einigen Herstellern werden hierzu CDs und DVDs mit Signalen für mehr oder weniger sinnvolle Einstellprozeduren angeboten. Die besten Ergebnisse werden in der Regel aber durch die Kombination einer Einmessung mit geeigneten Messgeräten und ausführlichen Hörtests erreicht. Letztlich bleibt zu sagen, dass ein mit etwas akustischem Verständnis eingesetztes und sauber eingemessenes Bass-Management-System in vielen Fällen durchaus eine Lösung von akustischen Problemen im tieffrequenten Bereich bietet und hier erhebliche Verbesserungen der Wiedergabesituation bewirken kann. Allerdings sollte man sich immer im klaren darüber sein, dass es keinen Ersatz für raumakustische Maßnahmen bietet.

 


Raumakustik: Breitbandabsorber – Die Menge allein macht’s nicht

 

Breitbandabsorberelemente an der Rückwand der Regie der Rocket Studios in Berlin

Die Menge allein macht’s nicht.

Die Vorgehensweise bei raumakustischen Maßnahmen sieht in vielen Fällen so aus: Ich kaufe mir eine Kiste Noppenschaum, klebe die Platten an die Wand – und wundere mich. Die Nachhallzeit des Raumes ist zwar niedriger als zuvor, die Flatterechos sind schwächer, und wenn ich Glück habe, ist auch zumindest der als Echo hörbare Teil der störenden Reflexionen verschwunden. Aber die eigentlichen Probleme des Raumes, allen voran das eigenwillige Verhalten im tieffrequenten Bereich, sind immer noch vorhanden, nur sind sie jetzt deutlicher zu hören als vorher. Und der Raum klingt dumpf. Die Ursache ist einfach: Die Maßnahmen absorbieren nur im oberen Frequenzbereich. Der mittel- und tieffrequente Bereich bleibt unverändert. Um den Einfluss eines Absorbers auf einen Raum zu erfassen, ist es unerlässlich, die grundlegenden Prinzipien der Schallabsorption und damit die Eigenschaften des Absorbers zu betrachten. Die Eigenschaften eines Absorbers werden quantitativ gekennzeichnet durch seinen Absorptionsgrad. Der Absorptionsgrad einer Oberfläche ist definiert als das Verhältnis der durch die Oberfläche absorbierten Schallenergie zu der auf die Oberfläche auftreffenden Schallenergie:

 

 

Vollständige Absorption bedeutet also α = 1, vollständige Reflexion bedeutet α = 0. Der Absorptionsgrad ist frequenzabhängig und wird in der Regel im Hallraum nach DIN EN 20354 gemessen.

Schallabsorption ist Umwandlung von Schallenergie in Wärme

Es existieren zwei für die Praxis relevante Grundprinzipien der Absorption: Breitbandabsorber, auch poröse Absorber genannt, und Resonanzabsorber. Im weitesten Sinne lassen sich alle Absorberkonstruktionen auf eines der beiden Funktionsprinzipien oder eine Kombination der beiden Prinzipien zurückführen. Mit dem ersten der beiden Mechanismen, der breitbandigen Absorption, wollen wir uns im Folgenden auseinandersetzen. Zur Funktion und Konstruktion von Resonanzabsorbern kommen wir in einer der nächsten Folgen. Breitbandabsorber sind Materialien wie Faserdämmstoffe, offenzellige Schäume oder Textilien, also Vorhänge, Teppiche usw.

Alle Breitbandabsorber haben einen charakteristischen Absorptionsgradverlauf: geringe Absorption im tieffrequenten Bereich und einen Anstieg zu hohen Frequenzen hin. Allerdings unterscheiden sich verschiedene Absorberaufbauten erheblich in den Parametern des Absorptionsgradverlaufes, also in der Grenzfrequenz, in der Welligkeit des Verlaufes und in der Höhe des maximal erreichten Absorptionsgrades. Die primäre Funktionsweise von porösen Absorbern beruht auf der Reibung der durch die Schallwelle zu Schwingungen angeregten Luftmoleküle an den Fasern des Absorbers und der daraus resultierenden Umwandlung von Schallenergie in Wärme. Da Reibung immer an Bewegung gebunden ist, erreichen poröse Absorber ihre höchste Effektivität in den Bereichen der maximalen Bewegung der Teilchen im Schallfeld, also in den Schnellemaxima des Schallfeldes, die sich in einem Abstand zur Wand befinden, der von der zu absorbierenden Frequenz abhängt und mit der Frequenz zunimmt. Daher sind für eine effektive Absorption tiefer Frequenzen mit Breitbandabsorbern große Schichtdicken oder große Wandabstände notwendig.

Diagramm 1: Der Absorptionsgradverlauf einiger typischer Breitbandabsorber: zwei unterschiedliche Teppiche mit 3 mm (rot) bzw. 7 mm (blau), eine 7 cm Noppenschaumplatte (grün) und ein schwerer Vorhang, dreilagig in 20 cm Abstand zur Wand (gelb) (Bild: HMP Architekten + Ingenieure / concept-A)

 

Diagramm 2: Der Absorptionsgradverlauf von Breitbandabsorberelementen mit 8 cm Bautiefe (rot) und mit 18 cm Bautiefe (blau) (Bild: HMP Architekten + Ingenieure / concept-A)

Neben der Absorption durch Reibung finden in porösen Absorbern noch weitere Mechanismen unter anderem durch Wärmeaustauschvorgänge und Schwingungen des Absorberskeletts statt, die zur Optimierung der Konstruktionen vor allem im Bereich tiefer Frequenzen genutzt werden können. Grundsätzlich erweitert sich aber vor allem durch eine Erhöhung der Schichtdicke des Materials der Arbeitsbereich des Absorbers zu tieferen Frequenzen hin. Dünne Schichten absorbieren nur hohe Frequenzen.

Zur Absorption tiefer Frequenzen sind große Schichtdicken notwendig. Der erreichte Absorptionsgrad hängt aber neben der Materialstärke noch von einem weiteren Parameter ab, der durch das verwendete Material bestimmt wird, dem Strömungswiderstand. Der Strömungswiderstand ist der Widerstand, den das Material einer Gleichströmung entgegensetzt. Das bedeutet bildlich ausgedrückt: Je schlechter man durch das Material durchblasen kann, desto höher ist der Strömungswiderstand. Entscheidend für die Funktion des Absorbers ist nun die Anpassung des längenspezifischen Strömungswiderstandes an die Schichtdick der eingesetzten Konstruktion. Das bedeutet, dass Materialien, deren Strömungswiderstände für die Verwendung in dünnen Schichten für die Absorption mittlerer und hoher Frequenzen optimiert sind, häufig auf Grund ihres hohen Strömungswiderstandes für den Einsatz in Absorberaufbauten großer Schichtdicken nicht geeignet sind. Spezielle „Akustikplatten”, wie man sie im Baustoffhandel kaufen kann, sind meist auf geringe Schichtdicken ausgelegt, haben einen hohen Strömungswiderstand und sind ideal für die Absorption mittlerer und hoher Frequenzen geeignet. Möchte man aber einen Breitbandabsorber mit großer Schichtdicke konstruieren, um auch den tiefen Frequenzbereich zu erfassen, muss man ein Material mit geringerem Strömungswiderstand verwenden, bis hin zur lockeren Trockenbau-Trennwandmatte (die nebenbei den Vorteil hat, dass sie nur einen Bruchteil kostet).

Frequenzunabhängig bedämpfen

Da es ja nun Zielsetzung bei der akustischen Gestaltung z. B. eines Regieraumes ist, den Klang des Raumes nicht vollständig zu beseitigen, sondern dem Raum möglichst universelle klangliche Eigenschaften zu geben, sozusagen ein Referenzklangfeld zu schaffen, ist es wichtig, für eine möglichst von der Frequenz unabhängige Bedämpfung des Raumes zu sorgen. Bei der Verwendung von porösen Absorbern ist dabei grundsätzlich darauf zu achten, Materialien mit geringen Schichtdicken wie z. B.Teppiche, leichte Vorhänge, dünne Schaumstoffmatten oder Noppenschaum nicht zu großflächig einzusetzen, da auf Grund der nahezu ausschließlichen Absorption hoher Frequenzen eine Überdämpfung des Raumes im hochfrequenten Bereich auftreten würde, was letztlich zu einem dumpfen Klangeindruck führen würde. Regieräume mit geringen Deckenhöhen sind bei Belegung der gesamten Bodenfläche mit Teppich häufig ohne weitere Absorptionsmaßnahmen bereits durch die Absorption des Teppichs im hochfrequenten Bereich überdämpft. Und bestimmte störende Effekte, wie z. B. Kammfilter können natürlich nur effektiv bekämpft werden, wenn die eingesetzten Absorber auch im relevanten Frequenzbereich einen ausreichenden Absorptionsgrad aufweisen.

Der Begriff „Grenzfrequenz” wird im Zusammenhang mit Absorbern in der Literatur und vor allem in den Angaben von Herstellern von Absorberelementen sehr unterschiedlich genutzt. Eine verlässliche Aussage über die Leistungsfähigkeit eines Breitbandabsorbers gibt letztlich nur sein frequenzabhängiger Absorptionsgradverlauf in Terz oder Oktavbändern. Angaben von Einzahlwerten oder von Werten, die über breite Frequenzbereiche gemittelt wurden, sind für die Anwendung im Studio nicht ausreichend. Diagramm 1 zeigt einige typische Breitbandabsorber: zwei unterschiedliche Teppiche mit 3 mm bzw. 7 mm, eine 7 cm Noppenschaumplatte (über den Sinn der Oberflächenstruktur von Noppenschaum lässt sich streiten) und einen schweren Vorhang, der in 20 cm Abstand zur Wand dreilagig aufgehängt ist. Durch die Optimierung der Aufbauten lassen sich bei einer geeigneten Schichtung von Materialien Absorptionsgrade von über 0,9 in einem Frequenzbereich bis zu 100 Hz bei einer Bautiefe des akustisch wirksamen Teils von 16 cm erreichen. Diagramm 2 zeigt die Absorptionsgradverläufe von zwei Breitbandabsorberelementen für den Einsatz im Studio mit einer Gesamtbautiefe von 8 cm bzw. 18 cm.

Breitband- und Resonanzabsorberelemente im kleinen Aufnahmeraum der Teldex Studios in Berlin (Bild: HMP Architekten + Ingenieure / concept-A)

Wer sich intensiver mit dem Thema Absorber auseinander setzen möchte, wird eine umfassende Darstellung der Zusammenhänge in Mechel: „Schallabsorber, Band I bis III” finden. Gewisse mathematische Kenntnisse sind dabei allerdings unerlässlich. Wesentlich leichter verdaulich ist das Thema in Fasold,Veres: „Schallschutz + Raumakustik in der Praxis” zusammengefasst. Wie viel Absorptionsoberfläche in einem Raum Sinn macht, und ab welcher Menge ein Raum überdämpft ist, lässt sich in der Planung an einer Berechnungen der Nachhallzeit des Raumes erkennen, die sich aus der Gesamtfläche der eingesetzten Absorber ergibt. Mit der Berechnung von Nachhallzeiten werden wir uns ebenfalls in einer der nächsten Folgen beschäftigen.

Raumakustik: Der Aufnahmeraum zu Hause – Von Wandschränken und Raum-Moden

 

(Bild: Archiv)

Die perfekte Aufnahme kann überall lauern! Wenn man sich einmal auf die Suche begibt, tun sich in den eigenen vier Wänden mit ein bisschen Einsatz wahre Schatzkammern gut klingender Räumlichkeiten auf. Akustik-Spezialist Markus Bertram spricht mit SOUND & RECORDING über kostengünstige Lösungen und bewährte Herangehensweisen.

Wenn man keinen perfekten Aufnahmeraum hat, heißt es: kreativ werden! Und genau dazu möchte Markus Bertram auch ermutigen, denn in jedem Raum stecken akustische Möglichkeiten, die es zu entdecken gilt. »Für mich ist ein Aufnahmeraum immer so etwas wie ein Klanglabor. Ein Raum, in dem ich experimentieren und meine Soundvorstellungen in die Realität umsetzen kann. Dafür kann es meiner Meinung nach keine allgemeingültigen Vorschriften geben. Davon ausgehend ist für mich ein idealer Aufnahmeraum immer einer, der mir maximale Freiheit beim kreativen Umgang mit der Akustik bietet.

Für eine gute Aufnahme gibt es, was die Räumlichkeit angeht, kein universelles Rezept! Für mich ergeben sich daraus zwei Konsequenzen. Die erste wäre: Variabilität. Ich benötige einen Aufnahmeraum, den ich selber gestalten kann − eine Umgebung also, die nicht immer gleich klingt und sich meinen Anforderungen anpassen kann. Das zweite wichtige Element beim Aufnehmen ist Kontrolle. Ich benötige dringend einen zweiten Raum, idealerweise einen Regieraum, der mir die Möglichkeit gibt, das aufgezeichnete Material beurteilen zu können.«

Auf der Suche nach dem Aufnahmeraum

»Im Grunde sollte man versuchen, jeden Raum, der einem zur Verfügung steht, daraufhin zu untersuchen, ob und was man in ihm denn vielleicht mal gerne aufnehmen möchte. Als Gitarrist habe ich z. B. die Möglichkeit, mit dem Instrument durchs Haus zu laufen und kann den Klang in den unterschiedlichsten Räumen und Ecken sofort ausprobieren. Man merkt dann recht schnell, wie groß der Einfluss eines Raumes auf den Klang eines Instrumentes tatsächlich ist. Möchte man den Sound dann noch weiter kontrollieren, empfehle ich zunächst auch immer den Griff zu naheliegenden Hausmitteln. Was im professionellen Tonstudio durch teure Absorber- und Diffusor-Lösungen erreicht wird, kann im privaten Rahmen auch schon einmal ein geöffneter Kleiderschrank, eine gut positionierte Matratze, ein Vorhang oder ein Bücher- bzw. vollgestelltes Küchenregal leisten. Wenn man dann noch ein wenig mit Mikrofonen und den Abständen zwischen Wand und Instrument experimentiert, hat man meist für viele Fälle schon viele Klangmöglichkeiten geschaffen.«

Kenne dich selbst, deine Umgebung und deine Möglichkeiten

»Mein Plädoyer lautet eigentlich immer: Wenn es um die kostengünstigste Umsetzung eines Homestudios geht, sollte man zuerst einmal in eine ordentliche Regie bzw. Abhörsituation investieren. Erst mit einem solchen »Control-Room« komme ich ja überhaupt in die Lage zu hören, was ich da in meinem gewählten Aufnahmeraum überhaupt mache.

Gerade bei geringem Budget sollte man sein Geld erst einmal in eine ordentliche Abhöre und gute Mikrofone investieren. Im Aufnahmeraum ist es dagegen viel einfacher, durch Improvisation mit Hausmittelchen und Alltagsgegenständen zu einem guten Ergebnis zu kommen.

Es ist auch gar nicht verkehrt, Aufnahme und Abhörsituation räumlich und sogar zeitlich von einander zu trennen. So macht man zunächst einmal bei der Aufnahme in Ruhe vielleicht zwei oder drei Takes, die man dann auch praktischerweise mit einer Info zur Aufnahmesituation »bespricht«. Wenn ich also einen Gitarrenpart in verschiedenen Varianten einspiele, spreche ich zu Beginn der Aufnahme einfach ins Mikrofon, was ich bei diesem Take ausprobiere, wie etwa Abstand zum Mikro, Position im Raum, oder ich protokolliere verwendete ‚Mittelchen‹ wie eine geöffnete oder geschlossene Schranktür. So kann man geglückte Experimente auch später wieder reproduzieren und lernt dabei Stück für Stück die eigenen Räumlichkeiten besser kennen.«

Dieses systematische Vorgehen mag zunächst wenig mit der künstlerisch spontanen Umsetzung zu tun haben, es hat aber auf ein optimales Ergebnis hin betrachtet einen sehr wichtigen Hintergrund: »Häufig sieht es ja schon so aus, dass man eigentlich eine frische Idee sofort recorden möchte. Die Raumakustik gerät in diesem Fall aber manchmal ein bisschen zum Zufallsprodukt. Ich halte es hingegen für enorm sinnvoll, Raumakustik in die Klangbildung sowie -findung stärker einzubeziehen. Man macht einen viel bewussteren Take, geht sich dann erst mal einen Kaffee kochen und hört sich anschließend in der Regie alles in Ruhe noch einmal an. Damit hat man auch die nötige Distanz dazu, die so logischerweise viel größer ist, als würde man die Kontrolle direkt vor Ort über Kopfhörer machen.«


Gute Aufnahmen entstehen an den unterschiedlichsten Orten – auch in den eigenen vier Wänden. Nur muss man offen für Experimente sein und ausprobieren, wo und wie der Raum eine Aufnahme positiv beeinflussen kann.


Experimente und Baumaßnahmen

Markus Bertrams Tipps zum heimischen Projektstudio sind grundsätzlich eher konzeptioneller Natur und betreffen daher viel mehr die Art der Vorgehensweise und nicht so sehr konkrete Vorschläge zu Bauweisen und Installationen. »Wenn man natürlich etwas bauen will, gibt es eine ganze Reihe an Materialien, die man verwenden könnte, um die Raumakustik gewinnbringend zu beeinflussen.

Da Mineralwolle wegen der enthaltenen Mikrofaseranteile ja im Verdacht steht gesundheitsschädlich zu sein, würde ich dieses Absorbermaterial nur benutzen, wenn es sehr gut eingepackt ist. Mit Akustikschäumen wie Basotect (hochporöser Akustikschaum aus dem Hause BASF; Anm. der Red.) kann man ebenfalls sehr gute Ergebnisse erzielen.

Es ist im Vorfeld grundsätzlich wichtig, dass man seinen Aufnahmeraum durch strukturiertes Abnehmen und Testaufnahmen kennengelernt hat, dann kommt man vielleicht später dazu, dass man merkt, mir fehlt da oder hier etwas. Beispielsweise kann es sein, dass man trotz geöffneter Kleiderschranktür keine Position im Raum findet, die wirklich trocken klingt und nicht doch noch eine störende Reflektion generiert.

Erst dann muss ich an dem Raum noch etwas tun − jetzt muss ein Absorber her. Ob ich dann fertige Absorber eines Anbieters nehme oder so etwas selber baue, das ist erst einmal zweitrangig. Ich sollte mich aber auf jeden Fall ein wenig damit beschäftigen. Wenn ich mir etwas selber baue, habe ich ja die Möglichkeit, es auch schon während des Bauvorgangs auszuprobieren. Wenn ich zum Beispiel so etwas wie Basotect nehme, kann ich die Platten ja, bevor ich sie in einen Holzrahmen packe und mit Stoff bespanne, irgendwo hinstellen und deren Wirkung akustisch überprüfen.

Ich habe viele Kunden, die mit einem sehr kleinen Budget sehr viel erreicht haben. Und das sind eigentlich ausnahmslos Leute, die sich ein strukturiertes Vorgehen zu Eigen gemacht haben. Es ist kaum jemand dabei, der das studiert hat. Sie haben sich alle ein Konzept erarbeitet und sich durch dieses immer wieder selbst kontrolliert.«

DIY-Absorber zur Dämpfung von Mitten und Höhen 

Klangkarten und das Finden akustischer Schätze

»Über die Zeit kann man sich damit eine regelrechte Klangkarte für sein Haus oder seine Wohnung erstellen. Erst wenn man mit eigenen Mitteln nicht mehr weiter kommt und genau benennen kann, was einem im Aufnahmeraum fehlt, könnte es nötig werden, einen Termin mit einem Akustiker vor Ort zu vereinbaren, um den Raum exakt auf die eigenen Wünsche und Klangvorstellungen abzustimmen. Hier kommen wir dann aber auch schon in den professionellen und kostspieligeren Bereich. Da wird es dann richtig ernst!

Was man bei allen DIY-Experimenten in Aufnahmeräumen nicht vergessen sollte, ist im Übrigen auch das Bassverhalten. Ein für Aufnahmen genutzter Raum weist immer auch sogenannte Eigen-Moden auf, die sich dadurch auszeichnen, dass der Schalldruckpegel im Bassbereich nicht überall gleich ist. Das ist je nach Position und Ort sehr unterschiedlich und lässt sich ausgesprochen gut zur Klanggestaltung nutzen. Wenn ich beispielsweise ein Schlagzeug aufnehmen möchte, und ich habe eine Kick, die einfach zu groß, zu fett und zu boomig ist, stehen die Chancen gut, den Sound durch Verschieben des Drum-Sets im Raum positiv beeinflussen zu können.

Erreicht man mit dem Schlagzeug einen sogenannten Wellenknoten, der sich bei der Grundfrequenz in der Mitte des Raumes befindet, kann es sein, dass meine Kick auf einmal viel trockener und dünner klingt. Sollte der umgekehrte Fall vorliegen, dass mir ein Instrument im Bassbereich nicht genug Druck aufbaut und es an Wärme fehlt, kann ich auf der anderen Seite auch durch Verrücken in Richtung eines Wellenbauches dafür sorgen, dass ich plötzlich deutlich mehr Schalldruck habe.

 


Raumakustik optimieren: Ausbau einer Regie – Studiobau in einem ehemaligen Büroraum

 

Zur Überprüfung der akustischen Maßnahmen nimmt Markus Bertram die Abhörposition am Arbeitsplatz als Messpunkt. Allerdings können später noch eventuelle Reflexionen auftreten, welche durch die Frontplatten der 19“ Geräte im Studiotisch entstehen können. (Bild: Stephan Lembke)

Bei einem Umzug des eigenen Arbeitsplatzes in andere Räumlichkeiten stellt sich für einen Tonschaffenden in erster Linie die Frage nach dem Klang der neuen Arbeitsumgebung. Gerade wenn ein Raum nicht vollkommen neu aufgebaut und frei konstruiert werden kann, sind der Anpassung der Akustik oft klare Grenzen gesetzt. Wie so ein Umbau und Studio-Upgrade in der Realität aussehen kann, wird in diesem Bericht genauer betrachtet. 

Studiogemeinschaften platzen heutzutage meist aus allen Nähten. Die ursprünglich oft großzügig angelegten Räumlichkeiten beherbergen mittlerweile oft mehr Tonschaffende, als ursprünglich eingeplant waren. Wo sich eine Studiogemeinschaft mit bis zu drei Studios mit eigenen kleinen Aufnahmekabinen, Maschinenräumen und einem gemeinschaftlichen Aufnahmeraum befand, tummeln sich heute Produzenten, Musiker und Medienschaffende an jedem freien Schreibtischplatz. Oft werden dabei Räume umfunktioniert, die nicht die optimalen Gegebenheiten für einen Tonarbeitsplatz aufweisen, einfach weil eine große Nachfrage dafür besteht. Platzmangel gehört meist zur Tagesordnung, und Vermieter können sich kaum vor Anfragen retten. Genau in dieser Situation bin ich die letzten drei Jahre verharrt, und nun kam endlich die Möglichkeit zur räumlichen Erweiterung innerhalb der Gotteswegstudios in Köln.

Gegebenheiten 

Lange wurde überlegt, wie ein Neubau von weiteren Studioräumen aussehen könnte, für den eine nicht unerhebliche Zahl von Proberäumen hätte weichen müssen. Allerdings ist die Mietsituation in Köln genauso grausig wie in Hamburg, Berlin, München und in vielen deutschen Großstädten, sodass eine Veränderung und Verlängerung der bestehenden Mietverträge viele Fragen entstehen lässt. Um Problemen und Investitionsruinen aus dem Wege zu gehen, wurde ein Neubau daher zunächst vertagt und nun doch ein ehemaliges Büro zur Tonregie umfunktioniert. Damit sind den Baumaßnahmen natürlich auch klare Grenzen gesetzt, weil eine Veränderung der Raumgrundfläche nicht möglich ist. Zudem soll der Fokus auf der Raumakustik liegen; nicht geplant ist eine Verbesserung der Bauakustik, um beispielsweise Schall von außen und somit Nebengeräusche zu reduzieren.

Zunächst musste der vorhandene Raum genau vermessen werden, damit später eine detaillierte Planung am Modell erfolgen konnte. Nach der Bemaßung wurden die ersten Überlegungen zur Bewertung des Raumes vorgenommen. Beim sogenannten Bolt-Verhältnis werden dafür die Länge und Breite des Raumes durch dessen Höhe geteilt. Liegt das Verhältnis innerhalb des von Richard Bolt definierten Bereichs, weist der Raum eine grundlegende Eignung als Regieraum auf.

Eine zweite Bewertung wird mithilfe der Überprüfung des Bonello-Kriteriums vorgenommen, welches Auskunft über die Eigenmoden-Verteilung in einem Raum gibt. Das Bonello-Kriterium gilt als erfüllt, wenn der Raum in jedem Terzband mindestens die gleiche Anzahl von Eigenmoden aufweist wie die vorangegangene, tiefere Terz. Unglücklicherweise fallen beide Bewertungsmethoden für die hier geplante Tonregie negativ aus. Beim späteren Feintuning des Abhörplatzes können jedoch noch Maßnahmen zur Klangverbesserung vorgenommen werden.

Des Weiteren wurden Messungen an verschiedenen Stellen im Raum durchgeführt, um ein genaues Bild von den akustischen Gegebenheiten zu bekommen und die genaue Planung vornehmen zu können.

Der ehemalige Büroraum wurde schon längere Zeit als Musik- und Produktionsraum verwendet. Daher musste dieser vor der Vermessung leergeräumt und entrümpelt werden, bevor die akustischen Messungen von Markus Bertram, Geschäftsführer der Firma mbakustik aus Osnabrück durchgeführt wurden. (Bild: Stephan Lembke)

Planung 

Daniel Rathke von mbakustik erstellte zunächst ein detailliertes 3D-Modell des Raumes mit allen Details wie Vorsprünge, dem vorhandenen Heizkörper, hervorstehende Rohre und Besonderheiten der Wand- und Deckenstruktur. Anschließend wurde zunächst eine Optimallösung erarbeitet, welche mehrheitlich auf abgestimmten Bassfallen und Breitbandabsorption basierte.

Auch wenn der erste Entwurf ein nahezu optimales Ergebnis unter den gegebenen Umständen erzeugen würde, so wären die Platzeinbußen im Raum einfach zu hoch. Zudem bestand das Problem, dass die individuell auf den Raum abgestimmten Resonanzabsorber bei einem eventuellen Umzug kostspielig verändert werden müssten.

Da eine räumliche Veränderung mit Sicherheit in den nächsten Jahren stattfinden wird, musste also von der maßgeschneiderten Bassabsorption Abschied genommen werden. Nach sechs weiteren Entwürfen, die unterschiedlichen Umfangs waren, wurde schließlich ein passender Kompromiss gefunden. Diese stellt eine Lösung dar, die gleichermaßen eine klangliche Verbesserung bringt, platzsparend ist und im Falle eines Umzugs wiederverwendbar wäre.


Messergebnisse vor und nach dem Umbau: Die Messungen an der späteren Abhörposition wurden vor und nach dem Umbau durchgeführt, wobei stets das gleiche Equipment zur Messung verwendet wurde. Markus Bertram hat passende Bewertungskriterien gewählt, welche interessante Ergebnisse hervorbringen.


Insgesamt kamen drei Bassfallen mit je 50 cm Tiefe an der Kopfseite des Raumes zum Einsatz, während vier Bassfallen mit 35 cm Tiefe seitlich auf Höhe des Arbeitsplatzes positioniert wurden. Der Breitbandabsorber an der Kopfseite verdeckt den dort vorhandenen Heizköper und wird auf den Bassfallen abgestützt. An den Seitenwänden und der Rückseite sowie der Decke befinden sich insgesamt fünf große Breitbandabsorber mit den Maßen 215 x 120 x 15,5 cm. Insgesamt kommen in der Planung also sieben Bass- und sechs Breitbandabsorber zum Einsatz.

Als sehr angenehm ist hervorzuheben, dass mbakustik im Planungsprozess äußerst flexibel war und wir uns im ersten Gespräch zunächst auf eine mögliche Richtung einigten, die im Verlauf der Planung weiter angepasst wurde. Hätte ich mehr Zeit für den Umbau aufbringen können, so hatte mir das Team von mbakustik lediglich beratend zur Seite gestanden. Der Bau der Bassfallen und Absorber hätte eigenständig nach den Vorgaben der Akustikplanung durchgeführt werden können.

Zeit für den Umbau 

Aufgrund der Tatsache, dass mbakustik fertige Module einschließlich entsprechender Wandund Deckenhalterungen anbietet, war wenig Vorbereitung für den eigentlichen Studioausbau notwendig.

Die Breitbandabsorber wurden mit jeweils sechs Schraubhaken in L-Form an den Wänden befestigt. Für die Deckenmodule wurden dünne Rückwände mitgeliefert, die zunächst befestigt werden und die Breitbandabsorber mithilfe von Klettstreifen positionieren lassen. Alles in allem dauerte der Aufbau mit vier tatkräftigen Helfern einen Tag.

Das Mobiliar darf nicht fehlen 

Neben der Optimierung der Raumakustik stand zudem die Auswahl von neuem Studiomobiliar auf der Agenda. Da an meinen bisherigen Plätzen fast ausschließlich Büromöbel umfunktioniert wurden oder sehr einfache Multiplex-Lösungen zum Einsatz kamen, sollte sich mit dem Umzug in den neuen Raum auch diese Situation verbessern. Während es bei meinem letzten Studiotischkauf nur ungefähr drei Hersteller gab, die entsprechende Möbel anboten, so wurde die Auswahl mittlerweile erheblich erweitert. Dennoch fiel die Wahl mit dem Hersteller Sterling Modular auf einen Klassiker, der bereits über 20 Jahre im Geschäft ist. Neben einem Produktionstisch mit viel Platz und guter Erreichbarkeit für mein 19″-Outboard-Equipment sollte ein Side-Rack her, in dem unter anderem die Patchbays untergebracht werden sollen.

Neben der Funktionalität war der Klang ein entscheidendes Kriterium, das zur Auswahl von Sterling Modular geführt hat. Firmengründer Jim Maher hat sich mit der Plan-Serie zum Ziel gesetzt, das Studiomobiliar »akustisch transparent« zu gestalten und besonders die Reflexionen des Tisches an der Abhörposition zu minimieren. Mehr Informationen zur Philosophie von Sterling Modular und ein Testbericht des Plan-D-Produktionstisches sowie des Versa-Side-Racks werden in einer der nächsten Ausgaben folgen, da sie an dieser Stelle den Rahmen deutlich sprengen würden.

Das Ergebnis 

Nach dem Möbelaufbau wurden direkt die ersten technischen Geräte in die neue Arbeitsumgebung gebracht, um natürlich möglichst schnell einen Eindruck zur klanglichen Situation am Arbeitsplatz zu gewinnen. Beim Hören fielen direkt der verringerte Nachhall und die fokussierte Frequenzwiedergabe im Mitten- und Höhenbereich auf. Um jedoch klare Aussagen zur Akustik treffen zu können und den Vorher/nachher-Vergleich zu ermöglichen, führte Markus Bertram eine erneute Messung in der neu entstandenen Regie durch.

To Be Continued 

Auch wenn die Abhörsituation noch nicht als optimal zu bezeichnen ist, das Mobiliar viel unbelegten Rack-Space aufweist und die technischen Geräte noch ohne Schaltzentrale miteinander verbunden werden müssen, so wurde in einem überschaubaren Zeitraum schon eine deutliche Verbesserung erreicht.

Wer mehr Zeit mitbringen kann, kann sparsamer wirtschaften, wenn Arbeitsschritte wie beispielsweise die Schreinerarbeiten für die Akustikelemente selbst erledigt werden. Es ist jedoch eine immense Hilfe, wenn die Akustik vom Fachmann geplant wird, und an dieser Stelle sollte sinnvollerweise nicht eingespart werden, um möglichen Fehlern direkt vorzubeugen.

Allerdings konnte der Raum nicht vollständig fertiggestellt werden, da meine eigentliche Tonarbeit weitergehen muss. Aus diesem Grund wird sich das Studio-Upgrade wohl noch einige Monate hinziehen, bis man wirklich von einem komfortablen Arbeitsplatz in einer klanglich optimierten Tonregie sprechen kann. Der weitere Fortschritt und die notwendigen Anpassungen werden selbstverständlich in einer späteren Folge des Artikels aufgegriffen, um ein genaues Bild zum gesamten Umbau- und Entstehungsprozess liefern zu können.

 


Raumakustik – Absorption vs. Diffusion – Grundlagen für Homestudios

 

DIY-Absorber im Homestudio: Weiche Schaumstoffplatten ohne »Akustiknoppen« besitzen bei gleicher Tiefe einen höheren Absorptionsgrad.

Ein Punkt, der in vielen Homestudios vernachlässigt wird, ist die Optimierung der Raumakustik. Häufig wird versucht, mit »klassischem« Noppenschaum die Nachhallzeit im mittleren und oberen Frequenzbereich zu reduzieren − immerhin besser als gar nichts.

Betrachtet man nun die Begriffe »Noppen« und »Schaum« separiert, wird alleine dadurch ein gewisser Widerspruch klar: Der feinporige Schaumstoff dient dazu, Schallwellen zu absorbieren und in Wärmeenergie umzuwandeln − nun gut! Die Noppen hingegen erreichen aber eine Diffusion bzw. Schallbrechung, die bestenfalls für Fledermäuse interessant wäre, da sie beim Noppenschaum eben aus keinem harten, reflektierenden Material bestehen.

Wenn es also um reine Absorption geht, eignen sich Schaumstoffplatten mit glatter Front meist besser. Diese sind zum einen einfacher herzustellen und damit preiswerter, zum anderen nutzen sie den Platz an der Wand oder Decke bei gleicher Tiefe viel besser aus. Mein geschätzter Kollege Markus Thiel beschreibt in unserem Sonderheft HOMESTUDIO 2,0 sogar eine Methode, wie man aus Basotec-Platten vom Großhandel und dem Ikea-Bilderrahmen »Riba« einen sehr kostengünstigen Absorber selbst bauen kann.

 


Raumakustik im DIY-Studio – Expertentipps von Markus Bertram (mbakustik)

 

Der Regieraum von Chausse Filmton in der Bauphase (Foto links): Als günstige Methode, die Eigenmoden des Raums in den Griff zu bekommen, werden hier testweise vier große Ballen Mineralfaser an unterschiedlichen Positionen aufgestellt. Solch ein Ballen hat eine Absorption bei 80 Hz und tiefer. Auch wenn das im kommerziellen Studio dann nicht so bleiben kann, reicht im DIY-Raum ein einfacher Stoffbezug und fertig sind die Bassfallen. (Bild: mbakustik / www.chaussee-filmton.de))

»Raumakustik vom Experten? Viel zu teuer!«, lautet der spontane Gedanke aller Musiker, wenn es um die fachmännisch richtige und sinnvolle Ausstattung sowie Akustikbau geht. Dennoch hat es sich immer schon bewährt, jemanden zu konsultieren, der etwas von der Materie versteht. Wir haben beim Studiospezialisten Markus Bertram von mbakustik nachgefragt …

Als DIY-Musiker kann man vom High-End-Hochglanzstudio, wie es die Broschüren und Werbeanzeigen von professionellen Studio-Ausstattern zeigen, natürlich nur träumen. Aber verständlich: Wer wirbt schon gern mit Fotos, in denen verschrammelte Selbstbaustudios abgebildet sind − selbst wenn die gezeigten Akustikbaumaßnahmen einen professionellen Hintergrund haben? Nichtsdestotrotz: Auch die ganz Großen im Business haben meistens klein angefangen, d. h., der Weg beginnt für viele bei Selbstbaulösungen. Davon weiß auch Markus Bertram zu berichten, dessen Firma »mbakustik« nicht ausschließlich Recording-Tempel konzipiert und baut, sondern auch für DIY-Musiker ein offenes Ohr hat. Wir zeigten ihm die in unserem Special ab Seite 14 gezeigten DIY-Studios und fragten ihn nach seiner Meinung.

Markus Betram: Was natürlich sofort auffällt, ist, dass die Bands sich in erster Linie um eine gute Akustik des Aufnahmeraums gekümmert haben − die Regieräume hingegen wurden vernachlässigt. Das ist natürlich absolut verständlich, wenn man sich die Perspektive der Musiker veranschaulicht. Was die akustischen Maßnahmen betrifft, wird dieser Raum meistens so gestaltet, dass er für den Musiker bzw. die Band gut klingt. Das Wichtigste ist hier erst einmal, dass die musikalische Interaktion gut gelingt. Die Instrumente sollen so klingen, dass man gerne musiziert und es Spaß macht, in diesem Raum zu spielen. Das ist auch gar nicht falsch!

Ein Raum, in dem die Instrumente gut zur Geltung kommen, jedes Bandmitglied sich in seinem Teil des Raumes gut hören und kontrollieren kann, der passend und ausgewogen ist für die Musik, die man machen möchte, ist eine der Voraussetzungen, um einen guten Band-Sound zu entwickeln.

Sind all diese Gegebenheiten erfüllt, muss man noch einen Schritt weiter gehen und ein weiteres Kontrollmittel hinzufügen, und das ist der Regieraum, in welchem man die Signale, die man aufnehmen möchte, bewerten kann.

Der wohl krasseste Gegensatz zum DIY-Regieraum: Mastering-Studios. Sie bestehen praktisch nur aus Regieraum, bei dem auf höchstem Niveau für eine optimale Abhörsituation gesorgt wird. So z. B. im Mastering Mansion Madrid, das selbst unter den Mastering-Studios ein sehr ambitioniertes Projekt ist. (Bild: mbakustik)

Ideale Regie?

Im Regieraum will man den Sound möglichst ohne Einflüsse wie Lautsprecher oder Raumakustik beurteilen können, damit das, was über die Mikrofone aufgenommen wird, auch möglichst unverfälscht auf der Festplatte landet. Diese Idealvorstellung wird nie wirklich erreicht, sollte aber immer das Ziel sein. Dass dieses für DIY-Studios in sehr weiter Ferne liegt, wird deutlich, wenn man sich z. B. Mastering-Studios anschaut. Diese bestehen praktisch nur aus einem Regieraum, dem man bei der Optimierung sämtliche Aufmerksamkeit widmet. So z. B. im Mastering Mansion Madrid, das selbst unter den Mastering-Studios ein sehr ambitioniertes Projekt ist, und man sollte nicht von einer sich selber produzierenden Band erwarten, dass sie an den Regieraum mit einem solchen Anspruch herangeht.

Ebenso sollte allen klar sein, dass eine »normale« Regie nicht geeignet ist, um darin ernsthaft selber zu mastern. Jemand anderen mit dem Mastering zu betrauen, liegt nicht etwa allein in den Unzulänglichkeiten der eigenen Regie, sondern hat ja neben der Akustik auch noch ganz andere Hintergründe wie entsprechendes Equipment für akustische Kontrolle und die Bearbeitung des Materials, vor allem aber Erfahrung! (siehe auch Artikel »Mastering-Tipps auf den vorhergehenden Seiten 84 u. 85)

Auch wenn die Industrie diesen Gedanken in etwa vorgibt − man sollte nicht dem Irrtum verfallen, dass man mit einer DAW-Software wirklich alles selber machen kann, selbst wenn sogar Mastering-Plug-ins dabei sind.

Die Ohren optimieren

Bevor wir uns mit den technischen Dingen beschäftigen: Eine wichtige Voraussetzung ganz allgemein ist die persönliche Eigenschaft, den Biss zu haben, Gegebenheiten grundsätzlich zu hinterfragen und entsprechende Schritte zu unternehmen. Den selber aufgenommen Sound richtig zu beurteilen will gelernt sein. Man muss sich immer und immer wieder seine Aufnahmen unter den verschiedensten Bedingungen anhören, um anschließend entsprechende Änderungen am Mix erneut auszuprobieren. Auf die Raumakustik bezogen bedeutet das, dass man auch bereit sein muss, räumliche Änderungen in die Tat umzusetzen − verschiedene Raumakustiken lassen sich leider nicht auf Knopfdruck vergleichen. Daher neigen viele dazu, nichts zu ändern und gewöhnen sich an ungünstige Akustikbedingungen.

Änderungen protokollieren

Wer sein halbwegs ambitioniertes Heimstudio schon mal um 180 Grad im Raum versetzt hat, um die Abhörsituation zu optimieren, der weiß, dass dabei unter Umständen zwei Tage vergehen, bis endlich wieder alles läuft. Der Aufwand ist groß, kann sich unter Umständen aber lohnen. Es kann dennoch der Fall eintreten, dass die neue Anordnung der Abhöre nicht den erhofften Effekt bringt. Auch um das zu beurteilen, sollte man sich etwas Zeit nehmen. Ich möchte deutlich machen, dass der Faktor Zeit einem so manchen Streich spielen kann. Daher ist mein Tipp: Dokumentieren! Wer etwas Erfahrung beim Abhören hat, weiß, dass die aurale Aufmerksamkeit starken Schwankungen unterliegt. Vor allem wenn man das eigene Gehör als Kriterium für die Qualität der eigenen Raumakustik nehmen möchte (oder muss), sollte man sich die Möglichkeit der Vergleichbarkeit schaffen.

Ein paar Notizen, Skizzen und/oder Fotos sollten ausreichen, wenn man sie später zeitlich zuordnen und Details wie z. B. die Positionierung von Lautsprechern oder Akustikelementen vergleichen kann. Oft sind es nur Kleinigkeiten, die in ihrer Wirkung einen großen Unterschied machen. Auch macht es Sinn, sich dieser Aufgabe mit einem oder zwei Partnern zu widmen und die wahrgenommenen Unterschiede zu diskutieren.


Akustikbau DIY-Tipps Für akustische Baumaßnahmen muss man sich nicht gleich in Unkosten stürzen. Auch als Anbieter von akustischen Modulen empfiehlt mbakustik seinen Kunden oft Materialien, die man für wenig Geld im Baumarkt bekommt.


 

Akustik messen?

Raumakustiker haben hier sicher einen anderen Ansatz als DIY-Musiker, aber die Mittel für Akustikmessungen sind heute sehr erschwinglich geworden. Ich würde nicht grundsätzlich davon abraten, selber Messungen zu machen − in einigen Fällen konnten wir aus selbst erstellten Messergebnissen unserer Kunden wertvolle Informationen gewinnen. Aus den Messungen dann aber die richtigen Akustikmaßnahmen abzuleiten, ist aus unserer Erfahrung für Laien zu komplex.

Vier No-Budget-Tipps

Bevor man sich als DIY-Musiker tief in die Theorie stürzt, gibt es einige Dinge, die man akustisch in Angriff nehmen kann, und zwar ganz und gar ohne Geld für akustische Baumaßnahmen zu investieren. Sicher ist jeder Raum speziell, aber mit den vier folgenden Kochrezepten lassen sich gute Voraussetzungen für ein Nahfeld-Monitoring schaffen:

Tipp 1 − Stereo-Symmetrie: Man sollte keinen L-förmigen Raum nehmen und die Monitore so positionieren, dass der linke und der rechte Lautsprecher ungefähr den gleichen Raumanteil als akustische Impedanz haben. Ebenfalls sollen die Übertragungswege von beiden Lautsprechern auf die Ohren annährungsweise gleich sein. Das ist die wichtigste Voraussetzung für eine Phantommitte.

Tipp 2 − Raummitte vermeiden: Wenn man sich aus Gründen des Stereobildes bereits in der Mitte der Raumbreite befindet, sollte sich der Regieplatz nicht auch in der Mitte der Raumlänge befinden. Besonders in der Mitte können die Bassmoden starke Effekte haben: Die Grundmode hat dort ein Loch, eine Oktave höher ist wieder eine Anhebung, eine weitere Oktave darüber gibt es wieder eine Absenkung usw.

Tipp 3 − Längsausrichtung vermeiden: Wenn ich einen 3 x 5 Meter großen Raum habe, sollte man als Stirnwand möglichst die kürzere Wand wählen, da in der Längsausrichtung wiederum Bass-Probleme zu erwarten sind. Nicht immer, aber meistens ist die längste − also tiefste − Bassmode im Raum dominant, und in diese begibt man sich, würde man den Regieplatz genau in der Mitte des Raumes stellen.

Tipp 4 − Experimentieren! Die Tipps 1 bis 3 sollen kein Dogma sein, in den seltensten Fällen erlaubt die räumliche Anordnung eine optimale Aufstellung des Regieplatzes. Man kann sich sogar ganz bewusst für eine nicht symmetrische Aufstellung entscheiden, so kann es völlig legitim sein, wenn z. B. ein Techno-Producer auf die möglichst exakte Stereoabbildung verzichtet zugunsten einer Positionierung, die für ihn den besseren Bass-Response hat. Ebenso ist jeder Raum anders, und ohne Herumprobieren kriegt man die beste Positionierung nicht heraus. Außerdem kann ich nur empfehlen, immer wieder verschiedene Referenz-Aufnahmen zu hören und zu vergleichen.

 


Studioakustik: Der tieffrequente Bereich – Was tun, wenn´s dröhnt?

 

Control room package von concept-A: Blick auf die Rückwand mit zwei Breitband- Resonanzabsorbern und zwei Diffusoren (Bild: HMP Architekten + Ingenieure / concept-A)

„Was tun, wenn’s dröhnt?” Die Frage steht stellvertretend für viele raumakustische Probleme, die im tieffrequenten Bereich vor allem in kleinen Räumen auftreten. Um die Frage zu beantworten, müssen wir zuerst die Frage klären, was eigentlich dazu führt, dass viele Räume ein so unausgeglichenes Verhalten im tieffrequenten Bereich zeigen. Die Ursache dafür sind Interferenzen und Raummoden, allgemein als „Stehende Wellen” bezeichnet.

Schallausbreitung als Strahlen in der Akustik

Die klassischen raumakustischen Modelle betrachten Schallausbreitung geometrisch. Das heißt, sie gehen davon aus, dass Schallausbreitung in Form von Strahlen stattfindet. Diese Strahlen bewegen sich geradlinig durch den Raum und werden – wenn sie auf Gegenstände oder Wände treffen – je nach Materialeigenschaften mehr oder weniger reflektiert. Die Reflexion erfolgt geometrisch, der Ausfallswinkel ist also gleich dem Einfallswinkel. Auf dieser Grundlage basieren nahezu alle raumakustischen Simulationsverfahren. Diese Verfahren liefern gute Ergebnisse bei der Simulation von großen Räumen, wie Theater- oder Konzertsälen, Kirchen, Mehrzweckhallen und Konferenzräumen. Bei der Berechnung kleiner Räume stoßen diese Verfahren jedoch im tieffrequenten Bereich an ihre Grenzen, da hier Effekte auftreten, die durch eine geometrische Beschreibung der Schallausbreitung nicht mehr zu erfassen sind. Welleneigenschaften Um die akustischen Vorgänge im tieffrequenten Bereich in kleinen Räumen beschreiben zu können, benötigt man eine Theorie, die die Welleneigenschaften der Schallausbreitung berücksichtigt. So genannte wellentheoretische Betrachtungen werden dann interessant, wenn die Wellenlängen nicht mehr klein sind im Vergleich zu den beteiligten Gegenständen oder Räumen, sondern in die Größenordnung von deren Abmessungen kommen. Wellentheoretische Betrachtungen betreffen folglich auch in der Akustik je nach Raumgröße vor allem den tieffrequenten Bereich. Da in diesem aber in der Regel die größten Probleme auftreten, werden wir uns auch immer wieder mit der Beseitigung dieser Probleme beschäftigen.

Dazu zunächst die Theorie zur Akustik in Kurzform: Trifft eine Schallwelle auf eine Wand, wird sie reflektiert. Unmittelbar vor der Wand ergibt sich aus der Überlagerung der einfallenden und der reflektierten Welle eine Überhöhung des Schalldruckpegels, da die Phasenverschiebung zwischen den beiden Wellen hier noch sehr gering ist. Entfernt man sich von der Wand, nimmt der Schalldruckpegel ab, da die Phasenverschiebung zwischen den beiden Wellen zunimmt, bis es in einem Abstand von einer viertel Wellenlänge zu einer Auslöschung der beiden Wellen kommt, da die beiden Wellen an diesem Punkt genau gegenphasig sind. Danach nimmt der Schalldruckpegel wieder zu usw. Sitzt nun in einem Abstand von einer halben Wellenlänge zur Wand eine weitere Wand, so kommt es wieder zu einer Reflexion. Die erneut reflektierte Schallwelle ist in Phase mit der ursprünglichen Welle. Der Effekt verstärkt sich und es bildet sich eine Raummode, allgemein bekannt als „Stehende Welle”. Ein ähnlicher Effekt zeigt sich bei der doppelten Frequenz, der dreifachen Frequenz usw. Es ergeben sich wieder Raummoden, die allerdings mehrere Schalldruckminima besitzen und dazwischen weitere Schalldruckmaxima.

Mehr zum Thema Raummoden findest du hier.

Im Raum treten Moden in allen Richtungen und vor allem auch in Kombination der einzelnen Richtungen auf. Je höher die Frequenz, desto größer ist die Dichte der so genannten Eigenfrequenzen, also der Frequenzen, bei denen Moden auftreten. Im mittel- und hochfrequenten Bereich liegen die Eigenfrequenzen selbst in kleinen Räumen sehr dicht und die Moden sind nicht mehr als einzelne Schwingungsformen erkennbar. In der tieffrequenten Region dagegen ist die Dichte der Eigenfrequenzen gering, die zugehörigen Moden sind dafür jedoch umso ausgeprägter. Sie führen zu Überhöhungen und Einbrüchen in der Übertragungsfunktion, zu einem räumlich unausgeglichenen Schallfeld und es kommt, da Moden schwingungsfähige Systeme sind, bei ausgeprägten Moden frequenzabhängig zu einem resonanten Nachschwingen des Raumes. Soviel zur Theorie in Kürze. Allen, die sich ausgiebig mit dem Thema Wellentheorie auseinander setzen wollen, empfehlen wir die Lektüre von Lothar Cremer und Helmut Müller: „Die wissenschaftlichen Grundlagen der Raumakustik, Band II”.Wir werden von Zeit zu Zeit auch wieder auf das Thema Wellentheorie und unter anderem auch auf die Berechnung der Eigenfrequenzen eines Raumes zurückkommen.

Praxis: Nachschwingen beseitigen

 

Die beiden Diagramme zu Messung 1 zeigen zwei unterschiedliche Darstellungen der gleichen Messung: Die Messung wurde mit dem MLS-Verfahren durchgeführt (mit raumakustischen Messverfahren werden wir uns in einer späteren Folge beschäftigen). Da das Studio gerade im Umbau war und die neuen Lautsprecher noch nicht installiert waren,wurde mit einem mitgebrachten Studiolautsprecher gemessen. Auf der linken Seite ist das Zerfallsspektrum im Bereich von 20 Hz bis 500 Hz abgebildet. Es zeigt das frequenzabhängige Nachschwingen des Raumes. Deutlich erkennbar ist darin das resonante Nachschwingen von drei Raummoden bei 32 Hz, 64 Hz und 96 Hz. Das rechte Diagramm zeigt die Übertragungsfunktion im Frequenzbereich von 20 Hz bis 20 kHz, in der sich die Auswirkung der drei Moden im tieffrequenten Bereich klar zeigt.

Der Raum hört sich genauso an, wie die Messungen aussehen: Er dröhnt. Der tieffrequente Bereich ist dominiert durch das lange Nachschwingen einzelner Frequenzen und unterschiedliche Positionen im Raum klingen extrem unterschiedlich. Der Einfluss auf die Arbeit im Studio ist offensichtlich: Eine Beurteilung oder Bearbeitung der Aufnahme im tieffrequenten Bereich ist schwierig bis unmöglich. Durch eine günstigere Wahl der Raumproportionen ließe sich die Verteilung der Eigenfrequenzen und damit die Übertragungsfunktion ausgeglichener gestalten. In vielen Fällen sind natürlich – wie in diesem – die Raumform und damit die Verteilung der Eigenfrequenzen vorgegeben. Um die Probleme, die durch zu ausgeprägte Raummoden entstehen, zu beseitigen, können Raummoden durch Absorption bedämpft werden. Absorption kann breitbandig durch poröse Absorber, also durch offenporige Schaumstoffe, Textilien, Faserdämmstoffe etc. erfolgen. Allerdings werden die Maß- nahmen natürlich nur greifen, wenn die Absorption auch den entsprechenden Frequenzbereich erreicht. Für Breitbandabsorber, die in der Lage sind, sehr tieffrequent zu absorbieren und die damit zur Bedämpfung tieffrequenter Moden geeignet sind, sind auf Grund ihrer physikalischen Wirkungsweise sehr große Materialstärken notwendig.

Das wirksamste Werkzeug gegen zu ausgeprägte Raummoden sind dagegen Resonanzabsorber. Resonanzabsorber bestehen aus Feder-Masse-Systemen, die dem Schallfeld frequenzabhängig sehr wirkungsvoll Energie entziehen. Zu Konstruktionsweisen von Resonanzabsorbern kommen wir in einer späteren Folge. Resonanzabsorber arbeiten am effektivsten im Druckmaximum des Schallfeldes. Das heißt, wenn die Positionen der Schalldruckmaxima nicht eindeutig bekannt sind, sollten Resonanzabsorber in den Kanten des Raumes platziert werden, da sich dort tendenziell die größten Druckmaxima befinden.

 

Das Zerfallsspektrum zu Messung 2 zeigt den gleichen Raum mit zwei Breitband-Resonanzabsorberelementen mit einer Fläche von jeweils 2 qm. Die Absorberelemente, flächige Bauteile, in diesem Fall mit einer Breite von 1 m und einer Höhe von 2 m, die in den Ecken des Raumes an der Wand hängen, entziehen dem Raum im problematischen Frequenzbereich Energie. Dadurch wird die im rechten Diagramm dargestellte Übertragungsfunktion wesentlich ausgeglichener und das lange Nachschwingen der Raummoden wird erheblich verkürzt. Und auch die extremen Schwankungen, die vorher zwischen unterschiedlichen Positionen im Raum aufgetreten sind, sind erheblich reduziert. Der Resonanzabsorberteil der verwendeten Absorberelemente ist auf eine Resonanzfrequenz von 80 Hz abgestimmt. Durch die Abstimmung der eingesetzten Materialien erreicht der Absorber eine große Bandbreite und erfasst so einen Frequenzbereich von unterhalb 60 Hz bis oberhalb 120 Hz, wie an der Veränderung der Übertragungsfunktion in den Messdiagrammen zu erkennen ist. Die tiefste Raummode bei 32 Hz wird durch diese Maßnahme natürlich nur kaum erfasst, was aber auch nicht zur Zielsetzung der Maßnahmen gehörte, da die für den Raum vorgesehenen Studiolautsprecher diesen Frequenzbereich praktisch nicht mehr anregen.


Studioakustik: Was tun, wenn’s dröhnt? – Etwas Raum für Akustik

 

Akustik in einem professionellen Studio: Regie 1 der Teldex Studios in Berlin (Bild: HMP Architekten + Ingenieure / concept-A)

 

Til Schweigers Antwort auf unsere Headline kennen alle: „Dröhnen lassen.” Im Studio führt das aber selten zu guten Ergebnissen. Studioakustik ist für viele ein schwer zu fassendes Thema. Nicht zuletzt, weil die Meinungen darüber so kontrovers sind. 

Studioakustik ist für viele ein schwer zu fassendes Thema. Nicht zuletzt, weil die Meinungen darüber so kontrovers sind. Die Beiträge zu diesem Thema reichen von grobem Unfug und physikalisch völlig unhaltbarem esoterischem Blödsinn über abstrakte Normen und Vorschriften bis hin zu schwer verständlicher und für den Anwender kaum hilfreicher Fachliteratur. Die von den Herstellern angebotenen Produkte unterscheiden sich im Preis untereinander um ein Vielfaches, und oft hat der Preis wenig mit der Leistung zu tun. Für den Käufer ist es auf Grund unvergleichbarer oder gar nicht vorhandener Produktdaten schwer bis unmöglich, vor dem Kauf die Vorzüge des einen oder anderen Produkts überhaupt zu erkennen.

Wir wollen in dieser neuen Serie in jeder Folge einer Fragestellung der Akustik sachlich und nachvollziehbar auf den Grund gehen. Keine Sorge, wir werden keine Differentialgleichungen wälzen und keine Normen breittreten. Für alle, die daran interessiert sein sollten, verweisen wir an den entsprechenden Stellen auf die geeignete Literatur. Wir werden uns von Zeit zu Zeit mit grundlegenden Dingen wie der zeitlichen Zusammensetzung des Schallfeldes, der Entstehung von stehenden Wellen, der Nachhallzeit von Regie- und Aufnahmeräumen und der Funktionsweise von Absorbern auseinandersetzen. Vor allem wollen wir uns aber mit praktischen Fragen, wie dem sinnvollen Einsatz von Absorbern, dem Positionieren und Einmessen von Lautsprechern auch für Mehrkanaltonwiedergabe, der gezielten Nutzung eines Bass-Managements und der rechtlichen Situation in Mietshäusern bis hin zur gewaltfreien Beseitigung der Ursachen von Nachbarschaftsstreitereien beschäftigen. Zunächst müssen wir zwei grundsätzliche Themenschwerpunkte der Studioakustik voneinander trennen: Bauakustik und Raumakustik.

Die Aufnahmekabine der Rocket Studios in Berlin (Bild: HMP Architekten + Ingenieure / concept-A)

Bauakustik

Die Bauakustik wird oft auch als „baulicher Schallschutz” bezeichnet. Dabei geht es um die Schallübertragung zwischen Räumen innerhalb eines Gebäudes sowie zwischen Gebäuden und der Umgebung. Als erstes steht dabei natürlich die Frage, wie leise man es im Studio gerne hätte und wem man wie viel Lärm zumuten kann und darf. Die Aufgabenstellungen sind also der Schutz der Studioräume vor Störungen von außen und vor gegenseitigen Störungen untereinander sowie der Schutz der Nachbarn vor Störungen aus dem Studio. Die Mittel der Bauakustik reichen im Studiobau vom Ausstopfen der Kabelkanäle über das Aufschneiden von Estrichfugen bis hin zu federnd gelagerten Stahlbeton-Raum-in-Raum-Konstruktionen. Hausmittelchen zur Lösung bauakustischer Probleme stehen dabei genauso auf unserer Themenliste wie professionelle Konstruktionen. Wir werden das eine oder andere professionelle Studio aus der Sicht des Akustikplaners vorstellen und von Zeit zu Zeit wird uns auch die rechtliche Situation im Immissionsschutz beschäftigen.

 

Raumakustik

Die Raumakustik beschreibt den Klang eines Raumes. Es geht dabei also um die Schallübertragung innerhalb von Räumen. Eine Schallwelle wird von der Quelle, einem Instrument, einem Sänger, einem Sprecher oder einem Lautsprecher, abgestrahlt, im Raum übertragen und vom Empfänger, dem Ohr oder einem Mikrofon, aufgenommen.Wie stark und in welcher Form der Raum die Übertragung vom Sender zum Empfänger beeinflusst, hängt von der Raumform, der Positionierung der Quelle und des Empfängers innerhalb des Raumes und der akustischen Gestaltung der Oberflächen des Raumes ab.

Das Zerfallsspektrum zeigt die stehenden Wellen in einem nur hochfrequent bedämpften Regieraum (Bild: HMP Architekten + Ingenieure / concept-A)

Eine beliebte Vorgehensweise bei der Gestaltung der Akustik von Studioräumen ist nach wie vor, möglichst viel Absorptionsmaterial an die Wände zu kleben und sich zu wundern, warum der Raum nur dumpf wird, die Probleme aber nicht weniger werden. Bei der raumakustischen Planung von Industriehallen und Büroräumen besteht die vorrangige Zielsetzung tatsächlich darin, durch möglichst großflächige und möglichst effektive Absorption die Nachhallzeit zu senken, um dadurch den Diffusfeldpegel zu reduzieren und die Sprachverständlichkeit zu verbessern. Im Studiobau dagegen geht es vielmehr darum, ein gezieltes Reflexionsverhalten, eine ausgeglichene Übertragungsfunktion und ein homogenes Nachschwingen des Raumes,kurz gesagt also ein neutrales und einwandfreies Klangbild zu erzielen, ohne dabei die Nachhallzeit des Raumes zu weit absinken zu lassen.

 


Studioakustik: Warum nicht im eigenen Wohnzimmer mischen? – Flatterechos, Kammfilter und Raummoden

Der Regieraum der Deck 9 Studios mit Blick über die Dächer Münchens. Eine professionelle Arbeitsumgebung kann durchaus auch ansprechend gestaltet sein. (Bild: HMP Architekten + Ingenieure / concept-A)

„Die Leute, die meine Musik kaufen, hören ja auch nicht im Regieraum. Warum mische ich also nicht in meinem Wohnzimmer?“ Grund genug, sich dieser mittlerweile fast schon philosophischen Frage wieder von einem unvoreingenommenen technischen Standpunkt aus zu nähern.

Das, was ich in meiner Regie erzeuge, muss in einer Vielzahl von Wiedergabeanordnungen klingen: im Wohnzimmer wahlweise auf der HiFi-Anlage aus dem Elektromarkt und auf der Highend-HiFi-Anlage, im Küchenradio, über den mp3-Player, auf der Disco-PA und nicht zu vergessen: im Auto. Nur ein paar Beispiele, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Jede dieser Anordnungen bringt ihre eigenen akustischen Eigenheiten mit sich. Die akustischen „Fehler” und Unwägbarkeiten der Wiedergabeanordnung beim Endverbraucher habe ich nun mal nicht im Griff. In den meisten Fällen kann ich froh sein, wenn zumindest die Lautsprecheranordnung in irgendeiner Form sinnvoll ist. Lasse ich nun aber bereits in meinem Regieraum akustische Fehler zu, werden sich die daraus resultierenden Fehler der Mischung mit den Fehlern der Wiedergabeanordnung beim Konsumenten addieren. Darauf zu hoffen, dass die Fehler der Wiedergabeanordnung des Konsumenten den Fehlern meiner Anordnung ähnlich sind und sie sich so kompensieren würden, wäre unrealistisch.

Ein einfaches Beispiel: ein Kammfilter

Zur Erinnerung: ein Kammfilter entsteht durch die Überlagerung von zwei Schallwellen, z. B. dem Direktsignal und der Reflexion von einer Wand oder von einem Einrichtungsgegenstand. Dabei entstehen durch die Phasenverschiebung der Wellen im Spektrum Einbrüche und Überhöhungen, deren Lage von der Strecken- bzw. Laufzeitdifferenz der beiden Schallwellen zueinander abhängt. Die erste Auslöschung entsteht, wenn die Differenz d der Strecken, die die beiden Wellen zurückgelegt haben, einer halben Wellenlänge entspricht und die beiden Schallwellen damit gegenphasig eintreffen, also bei

wobei c0 die Schallgeschwindigkeit darstellt. Bei der doppelten Frequenz sind die beiden Schallwellen gleichphasig und es kommt zu einer Überhöhung im Spektrum, bei der dreifachen Frequenz kommt es wieder zu einer Auslöschung usw. Das Diagramm zeigt den Einfluss eines Kammfilters auf die Übertragungsfunktion für den Fall ebener Wellenausbreitung bei einem Absorptionsgrad der reflektierenden Fläche von 0,1. Die Frequenz ist normiert auf die erste Auslöschung.

Der Einfluss eines Kammfilters auf die Übertragungsfunktion (die Frequenz ist auf die erste Auslöschung normiert)

Führen nun ein oder mehrere Kammfilter im Regieraum zu einer deutlichen Senke in der Übertragungsfunktion, wird der Toningenieur diese spektrale Lücke intuitiv kompensieren. Die Mischung wird in diesem Frequenzbereich eine spektrale Überhöhung aufweisen. Besitzt nun die Wiedergabeanordnung des Endkunden im gleichen Frequenzbereich ein entgegengesetztes Verhalten, also eine Überhöhung, werden sich die Überhöhung der Mischung und die der Wiedergabeanordnung addieren. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Kammfilter der beiden Abhörsituationen ähnlich sind, ist verschwindend gering. Entsteht die Mischung dagegen in einem Raum mit neutralen Abhörbedingungen, wird in der Gesamtkette maximal der Fehler der Wiedergabe beim Endkunden auftreten.

Gemeinsamer Nenner

Der Regieraum ist also der gemeinsame Nenner aus einer Vielzahl von Wiedergabesituationen. Eine Regie soll nicht „schön” klingen, sondern ehrlich. Ob das das Gleiche ist, hängt vom Geschmack und von der Einstellung des Hörers zur Musik ab. Ein Flügel, der ohne weitere künstlerische Eingriffe zur gezielten Beeinflussung des Klangcharakters als Flügel aufgezeichnet wurde, soll in der Regie im Rahmen des Möglichen auch wie ein Flügel klingen. Der Regieraum muss mich in die Lage versetzen, das zu beurteilende Material zuverlässig und ungeschönt, einschließlich aller Details der Aufnahme wahrzunehmen, ohne durch sein eigenes unkontrolliertes Reflexionsverhalten das Reflexionsverhalten der Aufnahme zu maskieren, aber vor allem, ohne mir irgendetwas vorzutäuschen, das in Wirklichkeit gar nicht da ist, z. B. eine in dieser Ausprägung nicht vorhandene Räumlichkeit der Aufnahme. Arbeite ich nun in einem Raum, der in seinem akustischen Verhalten nicht objektiv ist, werde ich viel Zeit und Energie darauf verschwenden, die Unzulänglichkeiten meines Raumes zu umgehen. Sei es nun dadurch, dass ich nach den langen Jahren, die ich mich über die Akustik meines Raumes geärgert habe, genau weiß, wie „schlecht” etwas in meinem Raum klingen muss, damit es in einem anderen Räumen gut klingt und das intuitiv kompensieren kann, oder dadurch, dass ich mich zum „Referenzhören” immer wieder in eine Vielzahl anderer Räume oder am Ende in mein Auto setze.

Also doch tot machen?

Das bedeutet nun aber eben keineswegs, den Regieraum vollständig seines klanglichen Charakters zu berauben, also ihn zu bedämpfen, bis ihn der letzte Rest von akustischem Eigenleben verlassen hat. Die Probleme einer zu starken Bedämpfung des Raumes haben wir bereits in der letzten Folge betrachtet. Vielmehr bedeutet das, die bestehenden akustischen Defekte des Raumes, also Kammfilter, Raummoden, Flatterechos und störende Reflexionen durch gezielte Maßnahmen auf ein erforderliches Maß zu bedämpfen bzw. zu reduzieren und dem Raum ein natürliches und zuverlässiges Klangbild zu geben. Und dazu gehört nun mal auch eine angemessene und nicht zu niedrige Nachhallzeit. Von größter Bedeutung ist in diesem Zusammenhang eine Standardisierung der Abhörbedingungen, auch um eine Kompatibilität von Abhörräumen untereinander zu erzielen.

Da sich die Standardisierung der Abhörbedingungen beim Konsumenten erfahrungsgemäß nur in begrenztem Umfang erreichen lässt, was die Raumakustik und die Anordnung der Lautsprecher angeht, beschränkt sich die Standardisierung in der Praxis größtenteils auf die produktionsseitigen Abhörbedingungen. Grundsätzlich betrifft diese Standardisierung natürlich eben nicht nur die Nachhallzeiten, sondern auch das Reflexionsverhalten, die Übertragungsfunktionen und das Ruhegeräusch, aber natürlich auch grundsätzliche Anforderungen an die Anordnung der Lautsprecher, die Eigenschaften der einzusetzenden Lautsprecher und die Einmessung des gesamten Abhörsystems. In den Empfehlungen EBU Tech. 3276 und SSF- 01.1 sind Mindestanforderungen für Regie und Hörräume für Zwei- und Mehrkanalstereophonie dargestellt. Natürlich bringt die Mehrkanalwiedergabe auch neue Anforderungen an die Gestaltung der Regie- und Hörräume mit sich. Mit Anordnungen für Mehrkanalstereophonie werden wir uns in einer der nächsten Folgen auseinander setzen.

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ja, da ist fast alles richtig. Nur beim Thema minimalphasig/linearphasig sind die Grundlagen falsch wiedergegeben. Eben weil die Fehler der Lautsprecher-Übertragungsfunktion zum überwiegenden Teil minimalphasig sind, muss die zugehörige Entzerrung auch minimalphasig sein. Eine linearphasige Entzerrung (wie mit FIR-Filtern möglich) würde nur den Betragsfehler des Lautsprechers korrigieren, aber den Phasenfehler des Lautsprechers unkorrigiert belassen.
    Prof. Dr.-Ing. Manfred Zollner

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  2. Lieber Stephan und Peter, vielen Dank für die ausführlichen Betrachtungen zur Raumakustik! Wir werden den Dachboden für meinen Sohn ausbauen und sind momentan in der Planungsphase mit der Trockenbaufirma. Leider sind beide Seiten keine Fachleute im Bereich Studiogestaltung und ich kann aus den verschiedenen von dir vorgestellten Raumkonzepten einiges ziehen. Und ich habe sogar das Gefühl ich habe verstanden worum es geht! LG, Kyra

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  3. Es ist ein guter Hinweis, dass Wände bekleben nicht ausreichend ist für eine gute Raumakustik. Mein Freund und ich haben einen Raum in unsere Wohnung umgestaltet und selbstklebende Formteile angeklebt, um die Akustik etwas zu steuern. Wir mussten ein bisschen herumprobieren, um den richtigen klang zu bekommen, aber jetzt ist es perfekt, naja so gut wie möglich.

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  4. Interessant, dass an auch in normalen Räumen aufnehmen kann und durch Umstellung von Möbeln eine andere Akustik erreichen kann. Ich und meine Freundin wollen gerne ein Album aufnehmen. Wir haben uns schon die Tontechnik gekauft nun fehlt nur noch der geeignete Raum.

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  5. Gut zu wissen, dass Schaumstoffplatten die Schallwellen absorbieren. Jetzt, dass ich mehr Zeit für meine Hobbys habe, möchte ich gerne ein kleines Studio bei mir einrichten. Ich hätte gedacht, ich musste die Wände mit Eierkartons bedecken.

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  6. Ich möchte mir mein eigenes kleines Studio bauen. Ich habe bereits mobile schalldämmende Trennwände angeschafft um einige Bereiche gut zu trennen. Ich hätte jedoch gern etwas, was den gesamten Raum noch abdeckt. Gut zu wissen, dass die viel eingesetzten Eierkartons leider nicht das tun, was sie leisten sollen. Dann werde ich mir etwas anderes suchen. Weitere Informationen habe ich hier gefunden: https://www.dorring-gmbh.de/produkte

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  7. Wie genau wird das erwähnte Bolt-Verhältnis ermittelt?
    (L + B) / H ?

    Wie ist der von Richard Bolt definierte Bereich?

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  1. Was sind Raummoden? Raumakustik für dein Studio vorher planen | SOUND & RECORDING

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