Röhren-Preamp als Eigenbauprojekt: Jetzt wird’s heiß!
von Dieter Leckschat,
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In diesem Teil geht es nun um die praktische Realisierung eines Röhren-Preamps, der von möglichst vielen Lesern nachgebaut werden kann. Dazu werden eine Featureliste aufgestellt, die Schaltung erläutert und Tipps zum Aufbau des Geräts gegeben. Es wird allerdings nicht ausschließlich ein starres Schema vorgegeben, sondern vielmehr versteht sich der Bauvorschlag auch als Ausgangspunkt eigener Entwicklungsideen ambitionierter Leserinnen und Leser.
Im ersten Teil dieser DIY-Projekts (S&R Ausgabe 4/2009) zeigten wir als Vorbereitung die Grundlagen der Röhrentechnik auf: Unterschiede zwischen Trioden und Pentoden wurden herausgestellt, die Übertragertechnik mit ihren Vorteilen im Umfeld von Röhren beschrieben und einige Aspekte zu Stö- rungen wie Brummen und Rauschen beleuchtet. In diesem Teil geht es nun um die praktische Realisierung eines Röhren-Preamps.
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Konzept und Festlegung einer Featureliste
Bei der Konstruktion eines elektronischen Geräts ist es immer eine gute Idee, zunächst einmal festzulegen, was das Gerät denn können soll. Oft plant man zunächst etwas Einfaches und bläst im Verlaufe der Entwicklung oder des Baus die „Wunschliste” immer weiter auf. Dann besteht die Gefahr, dass am Ende gar nichts mehr geht, weil das Projekt zwischenzeitlich zu kompliziert geworden ist. Wir haben uns entschieden, das SOUND & RECORDING DIY-Projekt zweistufig anzubieten: In einer ersten Stufe gilt es, eine vollständige Basisfunktionalität zu gewährleisten, ohne dass zu viel Ballast aufgebürdet wird. Eine zweite Ausbaustufe ist dann um weitere wünschenswerte Features erweitert, die „nice to have” sind und das Leben mit dem Gerät noch schöner machen. Hier kommt also die Featureliste für das Grundgerät:
Stufe 1: Basisgerät
– Einstufiger Mikrofonvorverstärker für zwei Kanäle
– Symmetrische Eingänge, erdfrei mit Übertrager
– Low Cut-Filter schaltbar (12 dB/Okt.)
– Pentodenschaltung mit variabler Gegenkopplung
– Maximalverstärkung von mindestens 50 dB
– Phantomspeisung 48 V schaltbar pro Kanal
– Pad-Schalter mit Relaisumschaltung
– Drive-Regler
– Level-Regler
– Symmetrische Ausgänge
Als Ausblick nun jene Erweiterungen, die man sich noch wünschen kann oder die technische Verbesserungen darstellen, die von jedem sicher unterschiedlich bewertet werden und die in einer weiteren Folge dieser Artikelserie noch ausführlich behandelt werden können:
Stufe 2: Erweiterungen
– Triodenverstärkerstufe als klangliche Alternative
– Verbesserte Eingangs-Übertrager
– Zweistufige Verstärkerschaltung für bis zu 70 dB Gain
– erweiterte Pad-Schaltungen
– Aussteuerungsanzeige mit zwei bis vier LEDs oder mit VU-Meter/Peak-LED
– High-Z-Instrumenteneingang
– Phasenumschaltung
– Stromquelle für die Röhrenheizung
Realisierung: Mechanik und Masseführung
Die Qualität der Mechanik ist für den einwandfreien, sicheren und dauerhaften Betrieb eines Studiogeräts unbestreitbar eine unabdingbare Voraussetzung. Es kann daher eindringlich empfohlen werden, an diesem Punkt nicht zu knausern und daher zu versuchen, eine solide Verarbeitungsqualität hinzulegen.
Leider ist es anscheinend nicht möglich, 19- Zoll-Leergehäuse zu einem wirklich günstigen Kurs zu kaufen. Für ein hochwertiges Stahlblechgehäuse mit einer Höheneinheit (1 HE = 1 3/4 Zoll) zahlt man fast genau so viel wie für ein 19″-Komplettgerät eines Billigher – stellers inklusive Elektronik und elektromechanischer Elemente (Schalter, Potis usw.). Unserem Mustergerät haben wir immerhin ein solches Gehäuse spendiert, schließlich soll dieser Preamp auch tatsächlich im Studio seine tägliche Arbeit verrichten.
Eine weitere ziemlich gute Frage ist die nach der Verdrahtung der Bauteile: Bei röhrenbestückten Geräten sind „Eyelet”-Leisten durchaus üblich, die meist zwei Reihen von Ringösen haben, zwischen die dann die Bauteile mehr oder weniger kunstvoll angebracht werden – siehe Aufbau etlicher Gitarrenamps oder alter Röhrengeräte. In unserem Projekt verwenden wir eine Platine, die allerdings nicht layoutet und geätzt wird, sondern einfach ein Lochraster im Abstand 1/10-Zoll (2,54 mm) hat. Diese Lochrasterplatinen sind gut geeignet, wenn die Bauteiledichte auf der Platine nicht hoch ist, und vielleicht später noch Schaltungsvarianten ausprobiert werden sollen. Wir sind ja zugegebenermaßen noch nahe am Prototypenstadium und müssen – für die Technik-Kreativen – nicht alles bis aufs Kleinste festlegen. Die Verdrahtung bzw. „Leiterbahnführung” erfolgt dann mit einem preisgünstigen Silberdraht (0,6 mm). Für die überraschend zahlreichen Verbindungen von der Platine zu Eingangs-/Ausgangsbuchsen, Stromversorgung und Bedienelementen werden Schraubklemmverbinder zur Platinenmontage empfohlen (s. Fotos).
Ein Wort noch zur Gehäusebearbeitung: Aus Gründen der Störunempfindlichkeit ist es anzustreben, dass ein Metallgehäuse zunächst einmal keine Berührung mit „Masse” hat. Die Verbindung kann dann gezielt mit einem Ground-Lift-Schalter hergestellt oder unterbrochen werden. Es ist wichtig (sogar sehr wichtig), dass überall isolierte Buchsen in das Gehäuse eingebaut werden, bei denen die Masse keinen Kontakt zum Gehäuse hat. Unbedingt bei eventuellen 1/4″-Klinkenbuchsen (TRS: tip-ring-sleeve) darauf achten! XLR-Buchsen sind immer dreipolig ohne Gehäusekontakt und daher unkritisch. Hier noch ein Tipp für Leute, die Saiten oder Tasten besser als Bohrmaschinen bedienen können: Der Einbau von XLR-Buchsen in ein (Stahl-) Blechgehäuse ist ohne passendes Werkzeug nicht ganz trivial. Im Zweifelsfall lieber symmetrische Klinkenbuchsen einbauen, die nur eine einfache runde Bohrung erfordern, und dann mit kurzen (bitte symmetrischen) Kabeladaptern zu XLR arbeiten. Bei Metallgehäusen mit Lackierung oder Eloxierung, die aus mehreren Blechen zusammengesetzt werden, ist schon häufiger beobachtet worden, dass die Einzelteile keine elektrische Verbindung haben. Diese sollte dann im Interesse bestmöglicher Abschirmwirkung hergestellt werden, durch Freikratzen von Schraubverbindungen oder kurze Drahtstücke. Ein möglicher Ground-Lift-Schalter verbindet die Schaltungsmasse, auch „Null Volt” oder „GND (= ground)” am Netzteil, mit dem metallischen Gehäuse.
Bild: Dieter Leckschat
Bild: Dieter Leckschat
Bild: Dieter Leckschat
Bild: Dieter Leckschat
Stromversorgung
Wie angekündigt erfolgt die gesamte Spannungsversorgung unseres Preamps aus einem Schaltnetzteil, das die Werte 24 V Spannung und mindestens 300 mA Strom liefern sollte. Solche Netzteile (Hersteller z. B. MeanWell oder Friwo) gibt es für weniger als zehn Euro als Steckernetzteil. Diese sind im Profi – einsatz nicht besonders beliebt, haben aber den großen Vorteil, dass das Gros der Netzstörungen bereits außerhalb des Geräts weggefiltert bzw. -geregelt wird. Wie kürzlich zu lesen war, haben sich auch einige anerkannte Hersteller von sehr hochwertigem, Broadcast-gängigem Audioequipment längst mit der Schaltnetzteiltechnologie angefreundet, um auch das letzte dB an Störabstand herauszuholen (ja, auch das kann man unter „High-End” verstehen). Ein Schaltnetzteil liefert an seinem Gleichspannungs-Ausgang keine 50-Hz- oder 100-Hz-Brumm kompo nenten, die bei manchem eigentlich hochwertigen Audiogerät das gute Bild trüben, indem sie auch an dessen Audio-Ausgängen spürbar sind.
Ein Überblick über die verwendeten Bau teile zeigt uns, dass bedauerlicherweise bei der Stromversorgung unterschiedliche Spannungen benötigt werden. Das wären im Einzelnen für die Röhrenheizung zwei Mal 6,3 V/ 300 mA. Die beiden Röhrenheizdrähte kann man in Reihe schalten und mit Vorwiderständen auf den richtigen Strom bringen, so kann eine zur Verfügung stehende 24-Volt Spannung für diesen Zweck nutzbar gemacht werden. Eine präzisere und langzeitstabilere Lösung könnte eine „Stromquelle” sein, die als Erweiterung vorgesehen ist.
Bild: Dieter Leckschat
Abb. 4: Frequenzgang und Phasengang bei voll aufgedrehtem
Gain
Bild: Dieter Leckschat
Abb. 5: Wirkung des Low-Cut-Filters
Bild: Dieter Leckschat
Abb. 6: Unsymmetriedämpfung (CMRR)
Für die Anodenspannung der Röhren sind als oberster Grenzwert 30 V angegeben (wir sprachen ja von Niederspannungsröhren). Mit einer Anodenspannung von 24 Volt verliert man aber nicht viel Pegelreserve, wie ein von uns vorab durchgeführter Vergleich gezeigt hat – passt also.
Um die guten klanglichen Eigenschaften der Röhre bis hin zu einem symmetrischen, niederohmigen Ausgang zu retten, setzen wir elektronische Symmetrierer ein. Die gleichen Chips werden z. B. auch in analogen Summierern der oberen Preisklasse als Ausgangstreiber eingesetzt und sollten damit erhaben über Zweifel an ihrer Audioqualität sein. Sie benötigen eine Spannungsversorgung, die typischerweise ±15 V beträgt (max. ±18 V), man braucht also zwei Spannungen, die gleich groß sind, aber gegen GND unterschiedliches Vorzeichen. Glücklicherweise hilft uns der Markt mit passenden DC/DC-Wandlern, die in unserem Fall aus einer einfachen 24-V-Eingangsspannung eine doppelte 15-V-Spannung generieren; genau das, was wir brauchen.
Die Phantomspannung von 48 ± 4 Volt ist eine mittlere Herausforderung für ein Kleinseriengerät, das auch von Unerfahrenen aufgebaut werden kann. Die einfachste und hier auch empfohlene Variante ist die, zwei 24- Volt-Schaltnetzteile in Reihenschaltung zu verwenden.
Auf unseren Fotos ist eine andere Lösung zu sehen, die zwei DC/DC-Wandler von Burr-Brown verwendet, aber u. U. zu teuer bei den Komponenten ist. Es gibt im Netz eine Reihe von Selbstbauvorschlägen für höhere Spannungen, die zum Teil mit wenigen billigen Bauteilen auskommen. Experimentieren Sie hier ruhig! Es ist aber enorm wichtig, dass die 48 Volt „sauber” sind, da diese Spannung am Verstärkereingang anliegt, die kleinste Störung würde mit dem Nutzsignal hochverstärkt.
Es ist aber auf jeden Fall darauf hinzuweisen, dass alle Schaltnetzteile und Schaltregler wie unsere DC/DC-Wandler unangenehme Spannungsspitzen im Takt ihrer internen Clocks von sich geben, meist im Frequenzbereich knapp über 100 kHz. In Abbildung 3 ist ein solches Verhalten dargestellt (20 mV bzw. zwei Mikrosekunden pro Kästchen). Bei hohen Ansprüchen an die Audioqualität ist es immer notwendig, diese durch RC-Filter oder Entstör-Kondensatoren zu entschärfen, siehe unsere Netzteilschaltung (Abb. 2 bzw. Abbildung 11 für die 48-Volt-Spannung. Achtung: Bitte den negativen Pol von Schaltnetzteil2 [SNT2] nicht mit Masse/Gehäuse verbinden!). Häufig ist es sinnvoll, einen großen und einen kleinen Kondensator parallel zu schalten, um breitbandig Störungen kurzzuschließen. Je nach Aufbau Ihres Geräts gilt es auch hier, dass es zielführend sein kann, einmal zusätzliche Entstörkondensatoren zu probieren. Die in Abbildung 3 gezeigte Störung ließ sich durch einen an passender Stelle parallel geschalteten Kondensator beseitigen.
Die Schaltung
Nach diesen umfänglichen, aber notwendigen Ausführungen über die Stromversorgung kommen wir nun zur Besprechung der eigentlichen Schaltung des Verstärkers, die in Abbildung 1 dargestellt ist. Am Eingang finden sich zwei Entstörkondensatoren, die am besten direkt an der XLR-Eingangsbuchse angelötet werden sollten und die hochfrequente Einstreuungen eliminieren (Foto 7). Der Eingangswiderstand des Amps wird durch den Pad-Spannungsteiler in Verbindung mit der Eingangsimpedanz des Übertragersgebildet und liegt etwas über 1 Kiloohm. Damit sind die meisten Mikrofone (150…300 Ohm) in der gewünschten „Spannungsanpassung” zu betreiben.
Die Pad-Schaltung besteht aus dem umschaltbaren Spannungsteiler, der mit Hilfe eines Relais geschaltet wird. Diese Technik vermeidet lange Signalwege von schwächlichen Signalen im Gerät, da vom Schalter zur Platine nur eine Steuerspannung (Gleichstrom) geführt wird. Eine von –20 dB abweichende Pegelminderung lässt sich durch Änderung des 150-Ohm-Widerstands erreichen (620 Ohm für –10 dB, 47 Ohm für –30 dB (genäherte Normwerte).
Für die Zuführung der Phantomspeisung müssen zwei möglichst gleiche 6,8-Kiloohm-Widerstände verwendet werden. Kleiner Tipp: Mindestens zehn Stück kaufen und mit dem besten verfügbaren Messgerät zwei gleiche selektieren. Der Absolutwert ist dabei weniger wichtig.
Bild: Dieter Leckschat
Abb. 7: Störspektrum (mit eingeschalteter Lötstation, die
zufällig daneben stand)
Bild: Dieter Leckschat
Abb. 8: Störspektrum (mit vom Netz getrennter Lötstation)
Bild: Dieter Leckschat
Abb. 9: Verzerrungswerte THD(L) in Abhängigkeit vom Signalpegel
Bild: Dieter Leckschat
Abb. 10: typisches Klirrspektrum
Beim nächsten Element in der Signalkette gibt es auf jeden Fall Spielraum für Diskussionen. Der Eingangsübertrager mit hohem Übersetzungsverhältnis (1:15) ist für die Anpassung niederohmiger Quellen an die hochohmige Röhre essentiell im Interesse niedrigsten Rauschens. Der Übertrager setzt ja die Spannung um den Faktor 15 hoch (entspricht ca. 23 dB Spannungsverstärkung), ohne selber zu rauschen! Kritisch bei Übertragern sind die Audiobandbreite, die aufgrund von unerwünschten Kapazitäten eingeschränkt sein kann, und die bekannten Sättigungseffekte bei hohen Pegeln. Unsere Wahl ist hier auf den Übertrager vom Typ 3096M von Pikatron gefallen, der mit ca. 20 Euro pro Stück zu Buche schlägt (zu beziehen etwa bei Bürklin). Der Frequenzgang und auch die Verzerrungsmessungen sind für diesen Übertrager gut ausgefallen, man kann ihn bedenkenlos auch bei höheren Ansprüchen einsetzen. Bei kritischen 50 Hz Signalfrequenz und 1 Volt Ausgangsspannung liegt der Gesamtklirrfaktor noch bei 0,1 %, bei höheren Frequenzen deutlich darunter. Beim Maximalpegel gibt es sicherlich noch Verbesserungspotenzial, wir planen da noch eine Gegenüberstellung mit einem dreimal teureren Lundahl-Übertrager. Leider muss man sagen, dass der Markt zusammengebrochen ist und man froh sein kann, überhaupt noch hochwertige Audioübertrager kaufen zu können. Billig geht da nichts.
Man ist nun im hochohmigen Bereich um die Röhre EF98, die zunächst variabel angesteuert werden kann. Das Potentiometer „Drive” hat einen Regelbereich von 20 dB und sorgt so für mehr oder weniger hartes „Anfahren” der Röhre. Deren Verstärkung kann über das Trimmpoti, welches die Gegenkopplung der Schaltung einstellt, um etwa 10 dB abgeändert werden. Man kann auch dieses Trimmpotentiometer als Regler auf die Frontplatte führen (wie beim „K2”- Röhrenamp). Was sich ebenfalls verändern lässt, ist der Widerstand in der Anodenleitung (Pin 5 der Röhre). Sinn machen hier Werte zwischen circa 10 und 20 Kiloohm, größere Werte ergeben eine höhere Verstärkung. Die Spannungsverstärkung der Röhrenstufe mit minimierter Gegenkopplung sollte bei etwa 22 dB liegen. Die Röhrenschaltung invertiert das Signal; um einen insgesamt neutralen Phasengang zu bekommen, muss das Signal also noch ein weiteres Mal umgepolt werden. Wir haben das am Eingangsübertrager gemacht, möglich wäre es auch am XLR-Anschluss eingangs- oder ausgangsseitig (Hauptsache, nicht den Überblick verlieren!).
In das weitere Netzwerk ist ein Hochpassfilter zweiter Ordnung, das heißt mit einer Flankensteilheit von 12 dB pro Oktave integriert. Die Grenzfrequenz ist mit 60 Hz auf Sprache abgestimmt und kann durch gleichmäßiges Verändern der Werte der 27-nFund 5,6-nF-Kondensatoren angepasst werden (doppelte Kapazitätswerte ergeben 30 Hz, halbierte Werte 120 Hz).
Eigentlich ist das Signal nach der Pegelregelung fertig für die Ausgabe am Ausgang des Geräts. Es verdient festgehalten zu werden, dass der „Level”-Regler passiv arbeitet, das heißt nichts mehr am Verzerrungsspektrum und am Rauschanteil ändert. Der Regler hat einen Einstellungsbereich von 30 dB, der durch den 3,3-Kiloohm-Widerstand begrenzt wird. Leider sind noch einige Anpassungen nötig, denn die Röhre muss ausgangsseitig hochohmig abgeschlossen werden, da anderenfalls die Signalspannung an der Anode mehr oder weniger zusammenbricht. Deshalb wird ein zusätzlicher Operationsverstärker in FET-Technologie als Impedanzwandler eingesetzt; der OPA2134 von Burr-Brown ist eine recht preisgünstige, verbesserte Variante des bekannten TL072, den man auch nehmen kann. Der schon angesprochene Ausgangstreiber DRV134, wiederum eine Verbesserung des ebenfalls guten, älteren SSM2142, hat leider nur 30 Kilo – ohm Eingangswiderstand, zu wenig für die Röhre. Wir nehmen hier den Effekt mit, dass sich durch die Symmetrierung die Ausgangsspannung verdoppelt, da sie einmal positiv und einmal negativ am XLR-Out ankommt. Dies entspricht also noch einmal einer Verstärkung von +6 dB. Man könnte noch den Tipp geben, die Op-Amps bzw. Treiber nicht direkt einzulöten, sondern Steckfassungen zu verwenden. Dann kann man die Bausteine leicht austauschen. Es soll ja Leute geben, die den Eigenklang einzelner Op-Amp-Typen eindeutig heraushören können …
Hinweise zur Verdrahtung
An dieser Stelle sei noch einmal Folgendes deutlich gesagt: Wenn man einen fertigen Schaltplan in der Hand hält, bei dem die auf dem Tisch liegenden Bauteile die gewünschte Funktion der Schaltung realisieren, hat man die Fertigstellung des Geräts erst zu einem Drittel bewältigt. Das zweite Drittel liegt im fehlerfreien Bestücken von Platinen etc., wobei man unbedingt sorgfältig vorgehen und sich die notwendige Zeit für alle Schritte nehmen sollte. Schlampiges Arbeiten spart nie Zeit, man muss später in die Fehlersuche viel mehr Zeit investieren als man vorher eingespart hat.
Das letzte Drittel der Bauzeit ist für die Verkabelung des Geräts, einschließlich Fehlersuche und -behebung, und für eine Optimierung des Störabstands anzusetzen. Meistens wird dieser Punkt völlig unterschätzt.
Auch bei professionellen Entwicklungen ist sowohl der Entwicklungsaufwand als auch der Bauteileeinsatz für die EMV („Elektromagnetische Verträglichkeit”) beträchtlich. Darunter versteht man einerseits die Immissionsfestigkeit, also die Robustheit eines Geräts gegenüber von außen einwirkenden Störfeldern. Gerade auf Bühnen und in komplexen Studios gibt es mehr als genug Störer, vom Handy bis zum streuenden Netztrafo diverser Gerätschaften. Hier sollte auch unser Gerät keine Schwächen zeigen. Der andere Punkt in der EMV ist die Emission von Störungen, z. B. das „Aussenden” von Taktsignalen aus Geräten etwa der Musikelektronik. In dieser Disziplin sollte unser braver Röhrenamp keine Probleme haben, es sei denn, er finge unbeabsichtigt an zu schwingen (was Verstärker gerne tun).
Der Umgang mit der EMV-Thematik ist für Laien kaum systematisch möglich, da viel theoretisches Hintergrundwissen nötig ist. Standardwerke zum Thema umfassen mehr als 1.000 Seiten und lösen dennoch nicht alle Fälle.
Demgemäß sollten wir den Ball flach halten und uns mit einigen Praktiker-Regeln durchschlagen. Ein erster großer Schritt ist die Verwendung des Schaltnetzteils, welches Brummspannungen von vornherein außerhalb des Amps bleiben lässt. Generell sind kurze Verbindungen besser als lange, und man sollte soweit möglich die Kabel von Versorgungsspannungen nicht zusammen mit Signalleitungen im Gerät verlegen.
Am einstreuempfindlichsten sind naturgemäß diejenigen Stellen im Gerät, wo sehr kleine Signale vorliegen, in unserem Beispiel also am Verstärkereingang vor der Röhrenstufe. Alles, was hier und vor allem vor dem Übertrager eingestreut wird, wird hundertfach verstärkt und soll danach immer noch im Mikrovoltbereich bleiben! Die Verwendung von zweiadrig abgeschirmtem Kabel (kann normales Mikrofonkabel sein) ist am Verstärkereingang Pflicht. Empfehlenswert, weil gut zu verarbeiten, sind dünne zweiadrig abgeschirmte Kabelpaare aus einem Multicore-Kabel. Auch einige Kondensatoren sind nur für die Entstörung da und schließen hochfrequente Signale einfach kurz.
Die Pegelpotis können mit abgeschirmten oder nicht abgeschirmtem Kabel angeschlossen werden, wobei zu beachten ist, dass der „untere” Anschluss des Potis nicht wie oft üblich an der Schaltungsmasse liegt. Daher diesen Pin zurück in die Schaltung führen und nur die ggf. vorhandenen Abschirmungen auf Masse legen. Eine andere, bessere Möglichkeit besteht darin, den Fußpunkt-Widerstand direkt an das Potentiometer zu löten und dann das Poti mit einem einfachen zweiadrig abgeschirmten Kabel anzuschließen (siehe Detail: Potiverdrahtung).
Bezüglich der elektrischen Sicherheit brauchen wir uns bei diesem Gerät keine ernsthaften Sorgen zu machen. Die 24 Volt Gleichspannung fallen unter die SELV-Richtlinie. Früher hieß es „Schutzkleinspannung”, heute „SELV – Safety Extra Low Voltage”. Mit SELV betriebene Geräte, die selbst keine höheren Spannungen erzeugen, werden gemäß DIN EN 61140 (VDE 0140-1) mit der Schutzklasse III bezeichnet. Damit ist es nicht zwingend erforderlich, das Metallgehäuse auf den Schutzleiter zu legen. Man kann über einen Schalter den 0-Volt-Anschluss des Netzteils mit dem Metallgehäuse verbinden, also einen Ground-Lift-Schalter vorsehen.
Bei unserem Mustergerät, wie auf dem Foto zu sehen, ist die gesamte Verstärkerschaltung auf einer „Europaplatine” im Format 160 × 100 mm untergebracht. Man erkennt hier auch als mittlere Röhre eine Doppeltriode ECC86, die gar nicht Bestandteil des Basisgeräts ist und erst im folgenden Teil besprochen wird. Im Gegensatz zu diesem Aufbau, der natürlich kompakt und elegant wirkt, empfehlen wir Ungeübten einen wesentlich weniger dichten Aufbau. Man sollte dann so vorgehen, dass man die in Abbildung 1 angegebene Schaltung für einen Kanal auf einer Europakarte aufbaut! Bei einem 19- Zoll-Gerät ist ja locker Platz für zwei solcher Platinen und einiges mehr. Bei unserem Mustergerät mit 1 HE Höhe muss man die Röhren liegend einbauen wie gezeigt, bei einem (imposanteren) 2-HE-Gehäuse können die eher kleinen Röhren in ihren Fassungen stehend eingebaut werden.
Inbetriebnahme
Die gute Nachricht zuerst: Röhren sind viel robuster als Halbleiter, was kurzzeitige Fehlspannungen angeht. Natürlich kommt uns spätestens jetzt entgegen, dass durch die niedrige Versorgungsspannung alles Gefährliche außerhalb des Gerätes liegen sollte. Vor dem Einschalten des Steckernetzteils kann empfohlen werden, noch einmal alle Verbindungen im Gerät zu überprüfen, vielleicht auch an den internen Kabeln einmal ein wenig zu zupfen, um zu testen, ob alles wirklich dauerhaft fest sitzt. Gleiches gilt auch für Potis und Schalter, die gut festgeschraubt sein müssen, damit sie sich im Betrieb nicht lockern.
Die Empfehlung wäre nun, die Schaltung mit allen Bauteilen in Betrieb zu nehmen. Wer besonders vorsichtig ist, kann den DRV134 zunächst noch nicht einsetzen und zuerst die Versorgungsspannungen im Gerät überprüfen. Mit einem Multimeter müssen zuerst die 24 V des Schaltnetzteils nachgemessen werden, die normalerweise recht genau eingehalten werden (höchstens ±1 V). Danach kann man die +15 V und –15 V des DC/DCKonverters, jeweils gegen Masse gemessen, prüfen. Ist man damit fertig, könnte auch schon ein leichtes Glimmen in den Röhren erkennbar werden. Dieses ist bei den verwendeten Röhren nicht sehr spektakulär, aber sichtbar. Die Spannung an jedem Heizfaden muss 6 Volt oder etwas mehr betragen. Die Phantomspannung (einschalten!) muss zwischen Pin 2 und Pin 1 sowie zwischen Pin 3 und Pin 1 der XLR-Eingangsbuchse zu messen sein. Hingegen sollten Pin 2 und Pin 3 keine Gleichspannungsdifferenz aufweisen. Wenn die Versorgungsspannungen stimmen, kann ein erster Funktionstest vorgenommen werden. Hierzu nach Abschalten der Spannung und kurzer Wartezeit die DRV134 einsetzen.
Wer über keine nennenswerten Messgeräte verfügt, sollte zunächst ein dynamisches Mikrofon am Eingang anschließen, und den Ausgang des Amps an einen XLR-Line-In eines Mischpults. Dort am besten über Kopfhörer abhören, um eventuelle Störsignale fein heraushören zu können. Kommt ein Signal, ist schon einmal das Wichtigste geschafft. Wenn nicht, heißt es die Schaltung noch einmal zu kontrollieren und sich bei anhaltenden Problemen ein Oszilloskop zu besorgen. Damit kann ein Signal, das man am Preamp-Eingang anlegt, durch die Schaltung hindurch bis zum Ausgang verfolgt werden.
Testmessungen
Nicht jeder wird die Möglichkeit haben, hochwertiges Messequipment einzusetzen. Wir haben an unserem Mustergerät die wichtigsten Parameter gemessen und drucken diese Referenzwerte daher als Anhaltspunkt ab. Unser Gerät erreicht bei voll aufgedrehten Reglern eine Verstärkung, die recht genau bei 50 dB liegt. Davon entfallen ca. 23 dB auf den Eingangstrafo, 21 dB auf die Röhre und 6 dB auf den Symmetrierer. Den Frequenzgang und auch den Phasengang erkennt man in Abbildung 4, während die Abbildung 5 die Wirkung des Hochpasses bei 60 Hertz mit einer Steilheit von 12 dB pro Oktave zeigt. Die in Abbildung 6 gezeigte Gleichtaktunterdrückung ließe sich durch bessere Selektierung der 6,8-Kiloohm-Widerstände noch verbessern, geht aber auch so in Ordnung.
Bei der Messung des Ruherauschens beziehungsweise Störpegels kann es haarig werden: Durch die gute Anpassung der Röhre werden hier nämlich ziemlich gute Werte möglich, die wiederum durch kleinste äußere Einflüsse zunichte gemacht werden können. Dies ist in den Abbildungen 7 und 8 dargestellt. Bei der Messung des Störpegels stand auf dem Labortisch eine Lötstation (eines renommierten Markenherstellers). Es ergab sich bei Abschluss des Verstärkereingangs mit einem 200-Ohm-Widerstand und voll aufgedrehten Pegelreglern das in Abbildung 7 gezeigte Störspektrum mit zahlreichen unschönen 50-Hz-Vielfachen. Ein- und Ausschalten der Lötstation zeigte keine Unterschiede. Zog man jedoch deren Netzstecker, ergab sich das in Abbildung 8 gezeigte, wesentlich weniger von Brummkomponenten gestörte Spektrum. Berücksichtigt man dessen immer noch vorhandene tieffrequente Einstreuungen nicht, ergibt sich ein Rauschpegel von –79 dBV (20 Hz–20 kHz unbewertet); dies entspricht einem äquivalenten Eingangsrauschen (E.I.N.) von –129 dBV bei 50 dB Verstärkung, ein wirklich sehr guter Rauschwert.
Die Verzerrungswerte weisen komplexe Abhängigkeiten von Amplitude und Frequenz eines Testsignals auf und werden deshalb hier nur exemplarisch dargestellt. Für ein 1-kHz-Sinussignal mit variablem Pegel ergibt sich ein Verlauf wie in Abbildung 9 für die Gesamtverzerrung THD (total harmonic distortion). Typisch für Röhren ist hier der sehr langsam zunehmende Klirrgrad bei ansteigendem Signalpegel. Ein auch mit einfachen Mitteln nachweisbares Verhalten (man kann Programme wie Audition oder Wavelab dafür einsetzen) ist im Klirrspektrum in Abbildung 10 zu erkennen. Wiederum typisch das Auftreten von Doppelten der Signalgrundfrequenz (k2, hier bei 2 kHz) sowie schwächere Anteile beim Dreifachen (k3, hier bei 3 kHz). Darüber hinaus gibt es bei mittleren Aussteuerungen kaum höhere Harmonische, die zu unerwünschter Schärfe im Klang führen würden.
Ausblick
Auf geht’s! Schwingen Sie Bohrmaschine und Lötkolben, bis es dampft. Etwas später sollte es allerdings mit dem Dampfen aufhören und nur noch ein heimeliges Glimmen zu sehen sein. Wir für unseren Teil werden uns bis zur nächsten Folge mit nützlichen Ergänzungen des DIY-Preamps befassen, bis dahin!
Hallo,
ich finde diesen Artikel sehr interessant und habe schon fleißig Teile für den Preamp bestellt und auch versucht ein Platinenlayout zu erstellen. Allerdings ist das nicht so einfach und es können sich schnell Fehler einschleichen.
Besteht denn die Möglichkeit dass Sie ein Foto der Unterseite der Platine veröffentlichen oder mit per Mail zu kommen lassen könnten?
Ich freue mich schon auf Teil 3…
Hallo,
ich finde diesen Artikel sehr interessant und habe schon fleißig Teile für den Preamp bestellt und auch versucht ein Platinenlayout zu erstellen. Allerdings ist das nicht so einfach und es können sich schnell Fehler einschleichen.
Besteht denn die Möglichkeit dass Sie ein Foto der Unterseite der Platine veröffentlichen oder mit per Mail zu kommen lassen könnten?
Ich freue mich schon auf Teil 3…
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Seibert