Im Rausch des Rauschens − Teil 2

Sound-Design – Eine Snare aus Rauschen bauen

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In der letzten Sound-Design-Folge haben wir uns bereits mit verschiedenen Techniken vertraut gemacht, wie man Rauschen, welches eigentlich allgemeinhin als Störsignal gilt, kreativ einsetzen und damit interessante Effekte erzielen kann. Unter anderem haben wir einen Noise-Riser gebaut und einer Snare etwas »zusätzlichen Teppich« verpasst. Setzen wir direkt an dieser Stelle an und widmen uns erneut der Snare Drum.

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In diesem Beispiel werden wir versuchen, eine komplette Snare aus Rauschen zu erstellen. Das kann je nach Grundmaterial ein wenig knifflig werden, aber wer bereits das eine oder andere Rausch-Sample zur Hand hat, wird sicherlich etwas Passendes finden. Allen anderen sei geraten, zunächst verschiedene Basis-Noises, wie Weißes oder Rosa Rauschen, aus einem Tongenerator oder Synthesizer zu sampeln. Generell gilt auch hier, dass das Bauen eigener Drum-Sounds sehr zeitaufwendig sein kann, denn man verliert sich leicht in den vielen Möglichkeiten, den Sound immer wieder zu optimieren. Noch ein Hinweis zur generellen Klang- ästhetik: Snares, die komplett aus Rauschsignalen generiert wurden, klingen scharf, kalt und untypisch und sind daher nicht unbedingt universell einsetzbar.

Dieses Mal werden wir nicht direkt mit Audiospuren arbeiten, sondern einen Sampler bemühen, um unser Instrument zusammenzubauen; in meinem Falle ist das Native Instruments Kontakt. Da wir aber nur absolute Grundfunktionen verwenden, dürften die folgenden Schritte auch mit fast jedem anderen Sampler möglich sein. Wir erstellen also in Kontakt mit einem Doppelklick in den rechten, leeren Bereich ein neues Instrument, öffnen es und wenden uns zunächst dem Group Editor zu. Hier ist bereits eine Gruppe namens »Group 1« vorhanden, die einige praktische Voreinstellungen mitbringt. Daher führen wir einen Rechtsklick auf die Gruppe aus und wählen zweimal »Duplicate group(s)«, sodass wir schließlich über drei Gruppen verfügen. Das ist deshalb notwendig, weil wir unseren Snare-Sound in verschiedene Bestandteile, nämlich Anschlag, Körper und Teppich, aufbrechen wollen und daher auch verschiedene Settings für die einzelnen Komponenten benötigen. Wer möchte, kann jetzt noch hingehen und die Gruppen umbenennen, um später einen besseren Überblick zu haben.

Auswahl der Samples

Die Auswahl des passenden Rausch-Samples ist absolut essenziell für einen gelungenen Sound, denn auch wenn wir später noch einige Anpassungsmöglichkeiten haben werden, machen wir uns das Leben mit gut nutzbaren Grundsounds deutlich leichter. Generell gilt, dass unsere Samples nicht lang sein müssen − eine Sekunde sollte ausreichend sein. Es ist allerdings äußerst hilfreich, wenn das Rauschen über diesen Zeitraum hinweg recht statisch ist. Kleine Modulationen sind okay, größere Änderungen würden uns allerdings eher Schwierigkeiten bereiten.

Für Anschlag und Körpersound brauchen wir recht mittige Sounds; beim Anschlagssample darf es etwas höhenlastiger sein, das Körpersample kann gerne tiefer sein. Für den Teppich-Sound wollen wir allerdings ein sehr höhenlastiges und scharfes Sample haben, welches sich dem Weißen Rauschen durchaus annähern darf. Natürlich können wir die Samples später noch jederzeit austauschen; für den Anfang sind wir allerdings erstmal zufrieden und machen uns ans Mapping.

Dazu wählen wir einfach eine der drei Gruppen an, öffnen den Mapping-Editor und ziehen das passende Sample herein, sodass es die komplette Tastaturbreite und Velocity-Range abdeckt. Anschließend deaktivieren wir noch den »Tracking«-Button in der Source- Sektion, damit das Sample beim Spielen nicht mehr gepitcht wird und somit immer gleich klingt, egal welche Taste man anschlägt. Danach wiederholen wir die Schritte für die anderen beiden Gruppen.

Anschlag

Für den Attack-Sound wählen wir die entsprechende Gruppe an, führen einen Rechtsklick auf den Tune-Regler durch und fügen drei Hüllkurvengeneratoren (hier: AHDSR-Envelopes) ein, die diesen modulieren sollen. Die Modulationsstärke regeln wir für alle drei Kurven auf das Maximum. Warum gleich drei Kurven? Kontakt erlaubt eine maximale Pitch-Modulation von ±12 Halbtönen pro Modulation; da wir aber mehr brauchen, verwenden wir einfach mehrere Envelopes. Wer also einen anderen Sampler verwendet, der in dieser Hinsicht flexibler ist, braucht auch weniger Envelopes.

Wir scrollen nach unten in die Modulationssektion und stellen unsere drei neuen Envelopes exakt gleich ein: kein Attack, eine HoldZeit von 1 bis 2 ms, eine Decay-Zeit von rund 50 ms, Sustain auf Linksanschlag, und die Release-Zeit erhält den gleichen Wert wie die Decay-Zeit. Ähnliche Settings verwenden wir auch für die Volume-Hüllkurve; bei beiden Hüllkurventypen ist aber natürlich auch der eigene Geschmack gefragt, je nachdem wie knackig der Attack-Anteil unserer Snare denn sein soll.

Körper

Der Körpersound unserer Snare benötigt keine Pitch-Hüllkurve, sondern lediglich eine Volume-Hüllkurve. Wir wählen eine kurze Attackzeit von 5 bis 8 ms, um den Körper ein wenig vom Attack zu trennen. Eine Hold-Zeit brauchen wir nicht, dafür darf das Decay deutlich länger sein; in meinem Falle ca. 520 ms. Sustain stellen wir wieder auf Linksanschlag und das Release ebenfalls wieder auf den gleichen Zeitwert wie bei Decay. Wer sich bis hierhin gefragt hat, warum Decay und Release immer den gleichen Wert erhalten: Da wir es bei einer Snaredrum mit einem One-Shot-Sound zu tun haben, der sowohl bei kurz angeschlagener als auch bei gehaltener Taste immer gleich klingen soll, brauchen wir auch für die jeweils entsprechende Phase der Hüllkurve die gleiche Zeit.

Zusätzlich habe ich als Gruppen-Effekt den SGEQ eingeschleift, der bei 40 Hz 7 dB absenkt, bei 212 Hz 4,5 dB dazugibt und bei 22 kHz nochmals um 6 dB absenkt. Da diese Settings aber komplett vom verwendeten Samplematerial abhängen, können sie nur als ganz grobe Richtlinie dienen.

Teppich

Unser Teppich verfügt ebenfalls lediglich über eine Volume-Hüllkurve. Über die Attack-Zeit geben wir wiederum an, wie lange unser Teppich eingefadet wird, bis er präsent ist. Ich habe eine Zeit von ca. 22 ms gewählt, was allerdings schon recht lang ist. Hold steht auf 7,5 ms, Decay bzw. Release auf 412 ms und Sustain erneut auf Linksanschlag. Bei den Gruppen-Effekten filtert ein 2-Pole-Highpass-Filter mit einer Cutoff-Frequenz bei rund 2,4 kHz zunächst alles grob vor; dahinter folgt ein SGEQ, der bei 7 kHz ca. 9 dB und bei 13 kHz ganze 12 dB dazugibt. Diese starken Boosts sind allerdings mit Vorsicht zu genie- ßen und nur dann notwendig, wenn das Rausch-Sample nicht zischelig genug ist. Unser Teppich soll natürlich schön schneidend klingen, aber er muss mit den restlichen Komponenten harmonieren.

Mix & Summenbearbeitung

Wenn das nicht zwischendurch schon passiert sein sollte, ist jetzt der Zeitpunkt, um die drei Komponenten unserer Snare lautstärkemäßig anzupassen. Wie viel Attack darf es sein? Wie viel Teppich soll unsere Snare Drum haben? Hier entscheidet selbstverständlich der eigene Geschmack.

Abschließend können wir unsere Snare noch durch eine Summenbearbeitung abrunden bzw. ihr ein zusätzliches Element verleihen. Ich habe einen Saturator mit Classic-Setting bei ca. 14% Saturation verwendet und dahinter noch einen Convolution Reverb mit dem Preset »0,4s Ring Snare Verb Orven«. Den Wet-Anteil habe ich auf −7 dB heruntergeregelt und abschließend noch ein leichtes PreDelay von 4 ms hinzugegeben. Viel Spaß beim Experimentieren!

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