Bässe aus dem Becher

Sound Design – Kaffeebassmaschine

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Für Bass-Sounds braucht man einen Bass. Oder einen Synthesizer. Oder eine Kaffeemaschine bzw. in diesem Fall eine Espressomaschine! Wir beschäftigen uns mal damit, wie man aus einem Alltagsgegenstand einen bestimmten Sound herausarbeiten kann. Dabei sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt.

Kaffeebassmaschine

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Ein paar Punkte sollten wir jedoch im Vorfeld bereits beachten: Der Klang, den das Geräusch oder der Gegenstand erzeugt, sollte sich zumindest grob in Richtung des gewünschten Endresultats bewegen. Ansonsten würden wir viel Zeit mit Editing und Effektbearbeitung verbrauchen, um am Ende vielleicht festzustellen, dass der Sound jetzt entweder zu »bearbeitet« und künstlich klingt oder sich gar nicht wirklich in die entsprechende Richtung schieben lässt. Andererseits ist es natürlich auch durchaus möglich, dass auf dem Weg ganz neue klangliche Ideen entstehen und der Sound so trotzdem seinen Zweck erfüllt. Dieser Rat gilt also vor allem für diejenigen, die schnell und effizient arbeiten müssen.

Weiterhin sollten wir dafür sorgen, dass die Aufnahme zumindest halbwegs kontrolliert abläuft. Eine Waschmaschine karrt man nicht mal eben in ein Studio; wir können aber trotzdem schauen, dass zum Zeitpunkt der Aufnahme niemand in den Raum hineinläuft, nicht noch drei weitere Geräte im Hintergrund surren und der Nachbar gerade kein Loch in die Wand bohrt.

Mindestens genauso wichtig: Experimentiert ein wenig mit der Mikrofonposition. Vor allem in akustisch nicht optimalen Räumen, wie beispielsweise einem Badezimmer oder einem Kellerraum, sollte man versuchen, so wenig Raumklang wie nötig mit dem Mikrofon einzufangen. Weiterhin ist die Ausrichtung des Mikros maßgeblich für den Klangcharakter verantwortlich. Wenn wir also den Klangursprung genau lokalisieren und unsere Aufnahme darauf fokussieren, sparen wir uns am Ende vermutlich Arbeit in der Postproduction.

Das Mikrofon habe ich seitlich in einem Abstand von ca. 20 cm positioniert und es auf halbem Wege zwischen Maschinenmittelpunkt und Kaffeedüse ausgerichtet.


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>> Recording-Kult und Prince Special <<

Für das Thema Recording-Kult haben wir Studio-Legende Al Schmitt getroffen und waren in den Abbey Road Studios, um uns ein paar edle Teile des dortigen Mikrofonparks anzuschauen. Engineers aus deutschen Studios zeigen, wie man heute mit echtem Vintage-Gear aufnimmt! In unserem Prince-Special widmen wir uns dem Sound, der Musik und der Person Prince, der die Musikwelt weit über Minneapolis hinaus geprägt hat!

Weitere Themen:

  • Loudness War − Interview mit Lautheitsforscher Rudi Ortner
  • Focusrite Clarett 8Pre − Thunderbolt-Audio-Interface im Test
  • Tube-Tech HLT 2AM − Mastering-EQ mit Röhrentechnik im Test

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 Editing & Tuning

Nachdem die Aufnahme in die DAW transferiert wurde, widmen wir uns dem Editing. Ich habe zunächst den gelungensten Take ausgewählt, denn schließlich brummt und gurgelt ja auch eine Kaffeemaschine von Mal zu Mal immer ein wenig anders. Große Unterschiede gab es hier allerdings nicht. Nach der Take-Auswahl habe ich die Aufnahme grob ausgeschnitten, auf eine neue Spur gepackt, dann sauber geschnitten und mit Fade-Ins und -Outs versehen.

Als Nächstes folgte das Tuning: Hier habe ich, wie schon in unserem »Bierflaschen«- Workshop, mehrere Tuner in den Audiokanal mit der Aufnahme eingefügt, um zu schauen, wo wir uns grob befinden. Da sich die Tuner durchaus unterschiedlich verhalten, habe ich die Ergebnisse einfach gemittelt, und siehe da: Wir bewegen uns um die Note »G« herum.

Anschließend habe ich das Echtzeit-Pitchshifting von Cubase eingesetzt, um mich dem »G« immer weiter anzunähern. Am Ende musste ich die Aufnahme um 32 Cent herunterpitchen, damit sich die Nadeln der Tuner halbwegs regelmäßig um das G herum bewegen. Diesen Wert habe ich mir notiert, das Echtzeit-Pitchphifting wieder auf einen neutralen Wert gesetzt und, um die Qualität ein wenig zu verbessern, den Wert anschließend in einen Offline-Pitchshifter eingetragen − in meinem Fall war das der Dirac-Algorithmus aus WaveLab Pro 9. Das Ergebnis ist ein etwas klareres, weniger verwaschenes Klangbild im Vergleich zum Echtzeit-Algorithmus.

Effekte

Für die klangliche Bearbeitung habe ich zunächst einen Kompressor verwendet, um die Spitzen des Signals etwas abzufangen. Dabei habe ich Attack und Release sehr kurz gewählt, die Ratio sehr hoch eingestellt und mich dann mit dem Threshold langsam weiter heruntergetastet, bis die Gain-Reduction-Anzeige immer mal wieder leicht zuckt.

Als Nächstes wollte ich den sägenden Tiefmitten- bis Mittenbereich stärker betonen und habe dazu als Sättigungseffekt Steinbergs Magneto 2 in die Signalkette eingefügt. Den Frequenzbereich habe ich im Plug-in zwischen 267 Hz und 1,84 kHz gewählt, die Saturation mit 70% schon recht stark reingedreht und anschließend das Output-Gain leicht abgesenkt.

Danach folgte ein Waves H-EQ in der Signalkette, der direkt mehrere Aufgaben übernimmt. Zunächst habe ich den Subbassbereich mit einem steilflankigen Cut-Filter bei ca. 30 Hz aufgeräumt. Wer auch in diesem Frequenzbereich noch Bassanteile haben möchte, darf diesen Schritt natürlich gerne überspringen. Dann habe ich den Grundton bei 98 Hz mit einem 6-dB-Boost betont. Mit einem sanften Hi-Cut folgte dann noch eine Absenkung der leicht kratzigen Höhenanteile.

Samplemapping 

Bevor wir uns an das eigentliche Samplemapping wagen können, müssen noch alle Effekte in die Aufnahme eingerechnet werden. Hierzu habe ich die »Render In Place«- Funktion von Cubase verwendet und das Sample gebouncet. Das fertig berechnete Sample habe ich dann in ein neues Instrument in NI Kontakt eingefügt.

Hier gilt es zunächst, einige grundlegende Einstellungen festzulegen. Da wir lediglich ein einziges Sample verwenden, kann es sinnvoll sein, den spielbaren Bereich einzuschränken, weil sich der Sound durch das Pitching nach einigen Halbtonschritten doch stark verändert. Dies ist jedoch nur eine optionale Sache. Viel wichtiger ist, dass wir vom Sampler/DFD-Modus in einen der verschiedenen TimeMachine-Modi umschalten, damit Kontakt das Sample in Echtzeit timestretcht.

Die TimeMachine-Modi unterscheiden sich teilweise deutlich in Bezug auf Soundqualität, CPU-Last und Anzahl der Optionen, jedoch kann man kein generelles Urteil darü- ber fällen, welcher Modus für welchen Sound am besten geeignet ist. Die TimeMachine 1 kann man in der Regel aber vernachlässigen.

Ich habe mich für die TimeMachine Pro entschieden und zusätzlich noch den HQ-Modus sowie »Keep Formants« aktiviert; dadurch werden die Formanten erhalten, was gerade dann von Vorteil ist, wenn wir Noten spielen, die tiefer sind als der eigentlich Rootkey.

Apropos Rootkey: Auch diesen müssen wir natürlich noch setzen, und zwar auf G1 oder auf G2. Somit gehen wir sicher, dass auch tatsächlich die Tonhöhe gespielt wird, die wir erwarten.

Der nächste Schritt ist die Suche nach einem geeigneten Sample-Startpunkt. Hier ist der eigene Geschmack gefragt. Ich habe mich für eine Startposition bei ca. 1,8 Sekunden entschieden. Es ist unbedingt darauf zu achten, dass man den Samplestart sauber an einem Nulldurchgang der Wellenform ausrichtet, da man ansonsten mit Fades arbeiten muss, um Knackser zu verhindern − nicht unbedingt vorteilhaft für einen perkussiven Bass-Sound.

Die Volume-Hüllkurve habe ich so angepasst, dass der Sound keine Attack-Phase besitzt und nach kurzer Zeit ausfadet. Dann habe ich ein ARL2-HiCut-Filter eingefügt, den Cutoff ziemlich weit heruntergedreht und eine weitere Hüllkurve hinzugefügt, die das CutoffPoti steuert. Die Hüllkurve selbst wiederum lasse ich in ihrer Intensität von der Velocity modulieren. Die Kurvenform habe ich ähnlich der Volume-Hüllkurve gewählt; allerdings ist die Filter-Kurve noch ein wenig kürzer.

Wer mag, kann jetzt noch einem zusätz – lichen Verzerrer hinzufügen, um den Sound noch ein wenig bissiger zu gestalten. Viel Spaß beim Experimentieren!

 

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