Quietschende Acid-Lines erleben seit einiger Zeit im Techno wieder erhöhte Aufmerksamkeit. Allerdings dürften dabei in den seltensten Fällen echte Roland TB-303 eingesetzt werden, denn diese sind nach wie vor echte Sammlerstücke und werden natürlich auch nicht jünger. Das macht aber auch gar nichts, denn gute Alternativen, sei es als Hard- oder Software, gibt es genügend. Wir verwenden in diesem Beispiel sogar keine 303-Emulation, sondern wir orientieren uns einfach grob an deren Grundsound.
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Ein Hinweis gleich zu Beginn: 303-artige Acid-Sounds gibt es in unzähligen Geschmacksrichtungen. Außerdem beeinflussen sich viele der später genannten Einstellungen gegenseitig. Daher ist dieser Artikel nur als eine grobe Richtlinie zu sehen; experimentiert also gerne frei herum!
Als Soundlieferant soll mal wieder der bereits oft verwendete Vital-Synthesizer dienen. Prinzipiell funktioniert aber so ziemlich jeder subtraktive Synthesizer – wünschenswert sind lediglich eine flexible Filtersektion und Envelopes, deren Curve sich ändern lässt.
In den Vital laden wir den Init-Patch und widmen uns Oszillator 1 – das ist auch der einzige Oszillator, den wir brauchen werden. Wir stimmen ihn eine Oktave nach unten, und als Wellenform stellen wir einen Sägezahn ein. Bevor wir allerdings weiter an unserem Synthsound schrauben, erstellen wir uns noch ein eintaktiges, monofones Pattern, welches den Synth ansteuert. Hier reichen 16 Sechzehntelnoten mit einer simplen Melodie. Die Noten-Events selber verkürzen wir noch ein wenig – es dürfen auch gerne 32stel-Noten daraus werden. Das Pattern muss für den Anfang nichts Besonderes sein – wir können es jederzeit verfeinern, ändern oder Pausen hinzufügen. Es ist allerdings wichtig, dass beim Schrauben des Sounds das Pattern permanent läuft, denn Sounddesign und Pattern-Struktur gehen hier Hand in Hand.
Filtering
Nun folgt das eigentliche Herzstück des 303-Sounds: die Filtermodulation. Wir aktivieren Vitals Filter 1 und wählen eine der 24-dB-Lowpass-Filter-Variationen. Cutoff stellen wir auf einen relativ niedrigen Wert (muss immer wieder nachjustiert werden) und Resonance auf ca. 50 %. Nun modulieren wir das Filter mit Envelope 2, deren Sustain wir komplett nach unten drehen und die Decay-Zeit zunächst auf 400 ms einstellen. Auch die Amp-Envelope passen wir kurz an, sodass sie relativ perkussiv ist und keine lange Release-Zeit hat.
An dieser Stelle beginnt nun der große Schraubspaß: Cutoff, Resonance, Filter-Envelope-Intensity und die Decay-Zeit der Filter-Envelope drehen wir frei gegeneinander und verändern den Charakter des Sounds dadurch drastisch. Bevor wir uns darin allerdings komplett verlieren, müssen wir noch eine letzte, äußerst wichtige Zutat zum Sound hinzufügen …
Distortion
Keine Acid-Line kommt ohne passende Verzerrung aus, und hier ist erlaubt, was gefällt. Allerdings funktioniert nicht jede Distortion-Einheit gleich gut mit einem fröhlich zwitschernden Synthsound. Vor allem Gitarrenpedale tun hier ihren Dienst – wer also ein Plug-in à la Guitar Rig, Amplitube und Co. besitzt, hat hier eine riesige Spielwiese. Auch Amps dürfen gerne ausprobiert werden, allerdings sollte dann die Cabinet-Simulation ausgeschaltet sein. Generell muss auch gar nicht allzu viel Drive verwendet werden, denn wir wollen den Sound ja nicht komplett plätten.
Hinter unsere Distortion-Einheit schalten wir jetzt noch eine Geheimwaffe: Softubes kostenloses »Saturation Knob« (oder ein vergleichbares Saturation-Plugin). Damit können wir den Sound noch wunderbar anfetten und ihm deutlich mehr Durchsetzungsvermögen geben.
Weitere Feinheiten
Wenn wir unser ursprüngliches Pattern noch weiter verfeinern wollen, sollten wir Vitals Filtersektion zwei weitere Modulationen hinzufügen. Mittels einer »Velocity -> Cutoff«-Modulation, können wir gezielte Akzente setzen. Wenn außerdem der Notenbereich des Patterns etwas größer ist –beispielsweise durch Oktavsprünge –, sollten wir die Keytracking-Einstellung des Filters anpassen. Beide Settings gehen natürlich wieder einher mit allen anderen Filter-Einstellungen.
Wer übrigens einen etwas moderneren, bissigeren und mittigeren Acid-Sound haben möchte, sollte den Filtermodus mal von Lowpass auf Bandpass umstellen sowie überhaupt die verschiedenen Filtercharakteristiken durchprobieren.
Außerdem könnte es ja auch durchaus sein, dass die Acid-Line in unserem Track gar keine Bassfunktion, sondern eher einen Lead-Part übernimmt. In diesem Fall wäre eventuell ein wenig zusätzliche Stereobreite hilfreich, beispielsweise indem wir in Oszillator 1 unter »Unison« einfach zwei Stimmen einstellen und das Detuning auf ca. 3 % reduzieren. Eine weitere Idee wäre, Vitals Delay-Effekt zu aktivieren, ein Ping-Pong-Delay einzustellen, Feedback auf 0 % zu reduzieren und dann das Delay leicht zum Sound hinzuzufahren.