(nicht) völlig losgelöst

Studiomonitore vom Untergrund richtig entkoppeln

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Der Messaufbau für das Laser-Vibrometer am kanadischen National Research Council ermöglichte den schnellen Wechsel zwischen Spikes, elastischen Seilen und Hybridfüßen.
Der Messaufbau für das Laser-Vibrometer am kanadischen National Research Council ermöglichte den schnellen Wechsel zwischen Spikes, elastischen Seilen und Hybridfüßen.

Für die Performance eines Lautsprechers ist seine Aufstellung entscheidend. Dazu zählt auch die Entkopplung vom Untergrund. Diese Lautsprecherentkopplung wird immer wieder kontrovers diskutiert. Bringen Schaummatten überhaupt etwas? Was sollen eigentlich diese Spikes, die bei manchen Lautsprechern mitgeliefert werden? Wir werfen einen Blick auf die Vor- und Nachteile verschiedener Lösungen.

Ein Hörraum sollte stets in seiner Gesamtheit betrachtet werden. Die Lautsprecher sind entsprechend nicht losgelöst vom Raum zu bewerten, sondern immer im Zusammenhang mit ihrer Umgebung. Über die Raumakustik wird dabei (zurecht) vergleichsweise viel gesprochen. Aber Lautsprecher interagieren noch auf andere, viel direktere Weise mit ihrer Umgebung: durch die Übertragung von Vibrationen nicht durch die Luft, sondern über die mechanische Verbindung zu ihrem Untergrund.

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Dabei sind drei Faktoren besonders zu berücksichtigen:

  • Lautsprecher regen den Untergrund zum Schwingen an
  • Körperschall kann sich im gesamten Hörraum und darüber hinaus ausbreiten
  • Energie aus dem Lautsprecher wird ins Gehäuse zurückgeworfen

Betrachten wir diese drei Punkte der Reihe nach.

Anregung des Untergrunds: Ein Lautsprecher erzeugt Schall durch Schwingen der Membran. Diese Schwingungen erzeugen neben dem gewünschten Schall auch mechanische Vibrationen, die sich als Körperschall auf die Auflagefläche des Lautsprechers übertragen können. Wenn also vom »Untergrund« des Lautsprechers die Rede ist, können damit beim Standlautsprecher der Fußboden gemeint sein, ein Bücherregal, ein Tisch, ein Monitorstativ oder bei entsprechender Aufhängung auch eine Wand oder Decke. Wenn sich nun Vibrationen auf den Untergrund übertragen, kann dadurch ein Nebengeräusch entstehen – ein Klappern oder Summen, je nach Material und Beschaffenheit des Untergrunds. Diese ungewollten Nebengeräusche werden Teil des gesamten Klangeindrucks, verfälschen und verzerren diesen und sind für eine wirklich präzise Schallwiedergabe ungeeignet.

Die Körperschallübertragung kann weiter reichen als nur bis zum unmittelbaren Untergrund des Lautsprechers. Die Vibrationen können sich in andere Materialien fortsetzen und wiederum unangenehme Nebengeräusche entwickeln. Unter bestimmten Umständen können sogar Resonanzen entstehen, beispielsweise bei Möbeln aus hohlen Metallrohren, die schlimmstenfalls wie Orgelpfeifen tonal in Erscheinung treten. Da sich Schall in verschiedenen Medien unterschiedlich schnell ausbreitet, kann eine Übertragung durch ein anderes Material als Luft zu zeitlichen Diskrepanzen zwischen dem Körperschall und dem Direktschall des Lautsprechers führen und so das Klangempfinden verwaschen. Außerdem kann sich Körperschall in angrenzende Räume übertragen und damit für Unmut bei anderen Mitgliedern des Haushalts oder bei Nachbarn sorgen.

Eine Hybridlösung wie die GAIA II von IsoAcoustics verbindet Eigenschaften von Spikes und Isolation.
Eine Hybridlösung wie die GAIA II von IsoAcoustics verbindet Eigenschaften von Spikes und Isolation.

Energiereflexion ins Lautsprechergehäuse: Trifft eine Vibration aus dem Lautsprechergehäuse auf eine schallharte Fläche, beispielsweise auf einen Betonboden, wird die Energie zurückgeworfen und in das Gehäuse des Lautsprechers reflektiert. Die zurückgeworfene Energie beeinflusst das Schallgeschehen im Lautsprecher und führt zu Verschmierungen, Verlusten bei Transienten und Bassartikulation sowie zu verringerter Transparenz.

Abhilfe: Um diesen Effekten entgegenzuwirken, hält die Industrie eine Reihe von Lösungsansätzen mit jeweils charakteristischen Stärken und Schwächen bereit. Allgemein unterscheidet man die Ansätze Spikes und Isolation.

Spikes haben die meisten schon einmal an Standlautsprechern gesehen. Es handelt sich um spitz zulaufende Kegel, meistens aus Metall, die üblicherweise in die Unterseite eines Lautsprechers eingeschraubt werden. Spikes dienen dazu, dem Lautsprecher jegliche Ausweichbewegungen zu versagen. Wenn die Membran sich in Bewegung setzt, neigt der Lautsprecher dazu, eine entsprechende Gegenbewegung zu machen. Das entspricht dem 3. Newton’schen Gesetz, nach dem jeder Kraft eine gleich große und entgegengerichtete Kraft entgegenwirkt. Eine solche Bewegung beeinflusst die Wiedergabe negativ, weshalb Spikes mit ihrer festen Verankerung einen positiven Effekt haben können. Weiterhin verringern Spikes die Auflagefläche des Lautsprechers und erschweren damit die Übertragung von Vibrationen. Trotzdem stellen Spikes – und jede andere Art von konventionellen Lautsprecherfüßen – immer noch eine mechanische Verbindung zwischen dem Lautsprecher und dem Untergrund her und können somit die Übertragung von Körperschall nicht verhindern.

Die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Schalls unterscheidet sich stark, wenn sie in verschiedenen Medien stattfindet. In Stahl ist sie bedeutend höher als in der Luft, in viskoelastischen Materialien dagegen deutlich langsamer.
Die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Schalls unterscheidet sich stark, wenn sie in verschiedenen Medien stattfindet. In Stahl ist sie bedeutend höher als in der Luft, in viskoelastischen Materialien dagegen deutlich langsamer.

 

Isolation bemüht sich genau darum. Durch die Verwendung von weichen, nachgiebigen Materialien wie Schaumstoff, Gummi, Sorbothan und anderen werden die Lautsprecher mechanisch vom Untergrund getrennt. Das Material absorbiert durch seine Elastizität die Energie in mehr oder weniger großem Maße. Allerdings hat diese Art der Isolation auch erhebliche Nachteile. So ist die Absorption von Energie beschränkt und nur in einem vergleichsweise engen Frequenzband möglich. Außerdem erlaubt Isolation genau das, was Spikes verbieten: die Bewegung des Lautsprechers. Im schlimmsten Falle können Lautsprecher sogar oszillieren – eine akkurate Wiedergabe ist dann nicht mehr möglich.

Um dem Dilemma zwischen Koppelung und Entkoppelung zu begegnen, gibt es hybride Ansätze, die Aspekte beider Methoden verbinden. Am bekanntesten sind vermutlich die Lösungen von IsoAcoustics. Die patentierte Technologie dieses Herstellers absorbiert die ungewollte Energie des Lautsprechers, bevor sie den Untergrund erreicht, verhindert aber gleichzeitig die Bewegung des Lautsprechers. Das unabhängige National Research Council in Kanada hat die Lösungen von IsoAcoustics mit Spikes und einer Isolation durch Gummibänder unter Laborbedingungen verglichen und gemessen; die Ergebnisse sind spannend!

In einem ersten Test wurde derselbe Lautsprecher im schalltoten Raum mit Spikes und mit IsoAcoustics-Entkopplern gemessen. Die Frequenzkurven wichen um maximal 0,3 dB voneinander ab, selbst im Bassbereich waren keine Verluste festzustellen. Anschließend wurde mit einem Laser-Vibrometer gemessen, ob überhaupt eine Entkopplung stattfindet. Dabei messen Lichtpunkte die Bewegung eines Körpers und zeigen deutlich, dass die Vibration sich nicht durch die Entkoppler fortsetzt. In einem dritten Test wurde der Einfluss von Reflexionen in das Lautsprechergehäuse gemessen und zeigt deutliche Verschmierungen, die mit einer entsprechenden Entkopplung aufgelöst werden können.

Diesen Messungen zufolge lohnt sich die Investition in die teureren Hybrid-Entkoppler definitiv – deren Nachteil ist vor allem ihr Anschaffungspreis. Für den eigenen Bedarf sollte man selbst ausprobieren, wie deutlich der Einfluss tatsächlich ist. Die Betrachtungen hier zeigen, dass es durchaus eine Rolle spielt, auf was Lautsprecher stehen – wie groß diese Rolle im eigenen Anwendungs-Szenario ist, muss jeder selbst entscheiden. Es gibt Anwender, denen der klangliche Gewinn die Investitionskosten nicht wert ist, und andere, die ohne angemessene Entkopplung gar nicht mehr abhören wollen.

Das kombinierte Messprotokoll von Frequenzmessung und Laser-Vibrometrie zeigt, dass die Hybridlösung in der Frequenzabbildung nahezu identisch ist mit Spikes, in der Dämpfung von Reflexionen aber viel näher an einer weichen Aufhängung liegt und somit Vorteile beider Techniken vereint.
Das kombinierte Messprotokoll von Frequenzmessung und Laser-Vibrometrie zeigt, dass die Hybridlösung in der Frequenzabbildung nahezu identisch ist mit Spikes, in der Dämpfung von Reflexionen aber viel näher an einer weichen Aufhängung liegt und somit Vorteile beider Techniken vereint.

Zur Website von IsoAcoustics: https://isoacoustics.com/de/

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