Kniffe, die die Welt verbessern

Studiotipps: Stereospuren verbreitern

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Echte Stereosignale zeichnen sich durch mindestens einen von zwei Faktoren aus: Pegelunterschied und/oder Laufzeitunterschied zwischen den beiden Kanälen. Selbstverständlich gibt es diverse Tools, um die Stereobreite eines Signals zu erhöhen. Mit einer M/S-Matrix lässt sich etwa das Seitensignal verstärken bzw. das Mittensignal absenken.

Warum sollte man sich aber nicht die ohnehin schon vorhandenen Laufzeitunterschiede zunutze machen und diese lediglich betonen? Mit jedem simplen Stereo-Delay, das unabhängige Verzögerungszeiten für die beiden Kanäle anbietet, lässt sich die Phantommitte freischaufeln und ein breiter, aber dennoch subtiler Effekt erzielen. Sehr kurze Zeiten zwischen 10 und 30 Millisekunden sind dabei der Schlüssel zum Erfolg, denn höhere Werte führen ein deutlich wahrnehmbares Echo herbei.

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Gut macht sich diese Technik besonders bei Signalen, die keine ausgeprägten Transienten besitzen, etwa Synthesizer-Pads. Steinbergs »MixerDelay« und Cakewalks »Channel Tools« sind nur zwei von vielen Plugins, die minimale Zeitverzögerungen von nur einer Stereoseite erlauben. Eine kostenlose Variante wäre das »Sound Delay« von Voxengo. Dort muss man für eine getrennte Bearbeitung unter »Routing« auf »Dual Mono« umschalten. Übrigens klappt dieser Trick auch auf Monospuren, allerdings ist der kaum zu vermeidende Kammfiltereffekt hier oft stärker ausgeprägt. Die Feineinstellung der Verzögerungszeit sollte man also wiederum beim Abhören in Mono vornehmen.

Frequenz-Check durch Rosa Rauschen

Sieht man sich Rosa Rauschen, etwa aus einem Testtongenerator stammend, auf einem Spektrumanalyzer an, nimmt die »Kurve« einen ganz speziellen, linearen Verlauf an, welcher mit steigender Frequenz um 3 dB pro Oktave im Pegel abfällt. Dieses Signal vermittelt dem menschlichen Gehör den Eindruck, dass alle Frequenzen innerhalb des Hörspektrums gleich laut vertreten sind. Insofern ist es kein Zufall, dass auch die Mischungen vieler Pop-Songs sich mit ähnlicher Figur zeigen, sobald man den Analyzer von Peak- in den RMS-Modus versetzt bzw. eine Integrationszeit von etwa 300 ms oder höher einstellt. Die kurzen Pegelspitzen werden dann geglättet, und der Analyzer offenbart den Grad der Ausgewogenheit besser … zu viel Lo-End, zu wenig Midrange?

Rosa Rauschen eignet sich also gut als Universalreferenz. Mit der visuellen Kontrolle sollte man es jedoch nicht übertreiben, denn die hier und da vorhanden Täler sind natürlicher Bestandteil und bieten dem Programmmaterial Platz zum Atmen. Auch ist die Orientierung am hohen Pegel des Rauschens zwischen 20 und 30 Hz im musikalischen Kontext selten sinnvoll. Durch den statischen Charakter lässt sich das Rauschen auch während der Arbeit temporär der Mischung überstülpen und über einen separaten Bus, also ohne jegliche Summenbearbeitung, auf die gleiche Abhöre schicken. Von einem Maximalpegel ausgehend könnte man das Rauschen langsam reduzieren, um zu prüfen, welche Elemente als erstes aus dem Frequenzchaos unangenehm herausstechen und diese bei Bedarf nachregeln.

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Der Pegel von Rosa Rauschen fällt mit zunehmender Frequenz um 3 dB/Oktave ab. Eine durchgezogene blaue Linie zeichnet den Verlauf im FFT-Analyzer von StudioOne sogar per Mouse-Over nach.

Kick-Drums mit Hall andicken

Ein praktisches Werkzeug, um Kick-Drums mehr »Sustain« und Bassvolumen zu verleihen, ist in erster Linie ein Transienten-Designer. Welche Möglichkeiten stehen aber sonst zur Verfügung, wenn man die Ausklangphase verlängern möchte und das Originalsignal einfach nicht genügend Fleisch auf den Rippen besitzt? Sample-Triggering? Sinuston mit einem Noise-Gate und Side-Chain unterlegen? Recht natürlich kann die Verwendung eines Reverb-Plug ins klingen, das über einen Aux-Send angesteuert wird. Um die tieffrequente Energie dort kompakter zu bündeln und den Reverb unauffällig hinter dem Direktsignal zu verstecken, sollte man die Breite des Nachhalls komplett auf Mono setzen. Ein wichtiger Parameter ist hier das »Pre-Delay«.

Die eigentliche Sustain-Phase, hier unsere Hallfahne, startet ja bestenfalls auch nicht zeitgleich mit der Attack-Phase der Kick, sondern ein paar Millisekunden später. Der Parameter »Size« hat ebenfalls großen Einfluss auf die Klangfärbung und Dauer des Reverbs. Die Länge ist u. a. von Phrasierung, Songtempo, Genre und der etwaigen Basslinie abhängig … also lieber etwas zu kurz als zu lang! Die meisten Reverb-Prozessoren besitzen einen Parameter namens »Damp«, der im Beispiel die maximale Absenkung der hohen Frequenzen bewirkt. Noch weiter werden diese im nachfolgenden Equalizer mit einem Shelving-Filter reduziert. Stattdessen betont ein Glockenfilter, hier bei ca. 50 Hz, ordentlich den Tiefbass. Mithilfe des Lautstärken-Faders im Effekt-Return lässt sich der »Pseudo-Sub« nach Lust und Laune dazumischen, und mit dem gewissen Feintuning klingt das Ergebnis keineswegs nach Hall!

Mehr Fleisch für Drumsounds

Oft stellt sich beim Mixdown heraus, dass einzelne Drumsounds kaum tonhafte Signalanteile besitzen − die Attacks sind gut, aber das Fleisch fehlt. Man kann sich mit Drum-Triggern helfen, um Sounds auszutauschen, was manchmal aber zu aufwendig ist, gerade wenn der Basis-Sound eigentlich schon passt. Mit einem Resonanz-Filter kann man sich schnell helfen, bekannt dafür ist das 500er-Modul »V.O.G.« oder »Voice Of God« von der Firma »Little Labs«, das auch als digitale Emulation von Universal Audio erhältlich ist. V.O.G. ist ein spezielles Resonanz-Filter, das zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt, ohne zwei separate Bänder zu beauftragen.

Zum einen entsteht durch die Erhöhung des Parameters »Amplitude« eine starke Betonung der Grenzfrequenz mit einer ziemlich wird die Center-Frequenz − also 40, 42, 100 oder 200 Hz − definiert. So kann der Drehregler »Frequency« stets mit vollem Regelbereich sehr fein nachjustieren. Das Schaltungsdesign ist also geradezu prädestiniert, die Grundtöne von Kick, Toms oder Snare herauszuarbeiten, deren Ausschwingzeit sich durch das Nachschwingen der Filter-Resonanz justieren lässt. Hat man die Arbeitsweise des Studioklassikers einmal verstanden, lässt sich das Prinzip auch mit vielen herkömmlichen Equalizern umsetzen − oft mit nahezu identischen Ergebnissen.

Die meisten Equalizer bieten gleich mehrere Filtertypen je Band an. In Cubase beispielsweise kann man das unterste Band des »Studio EQ« auf »Cut« setzen, um mit dem Regler »Q-Factor« von der Resonanz-Funktion Gebrauch zu machen. Der interne »Channel EQ« hingegen ermöglicht dies dank des in Band 1 verfügbaren Filters »Highpass II«. Das Plugin »Equality« von DMG andererseits besitzt gleich zwei seriell geschaltete Hochpassfilter, von denen nur eines den nötigen Q-Regler besitzt.

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