De/constructed - Hits zum Nachbauen

Tom Gaebel und Produzent Vincent Sorg bei De/constructed

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(Bild: Dirk Heilmann)

Dieses Mal haben wir ein besonderes Special für euch, in dem wir Künstler und Produzent selbst zu Wort kommen lassen und so aus erster Hand Infos zu Songwriting und Produktion erhalten. Wir haben uns in den Principal Studios im Münsterland mit Sänger und Entertainer Tom Gaebel und Produzent Vincent Sorg getroffen, die bereitwillig Auskunft über die Entstehung von Toms aktuellem Album Perfect Day und insbesondere der Single Somone Else gaben.

Style-Analyse

Tom Gaebel ist nicht nur auf der Bühne ein virtuoser Entertainer, sondern entpuppt sich auch im persönlichen Gespräch als sehr charmant und unterhaltend. Die Swinging Sixties haben es ihm angetan, und seine Leidenschaft zu dieser musikalischen Epoche spürt man sofort. Crooner wie Frank Sinatra und Dean Martin nennt er als Vorbilder. Der studierte Jazzsänger machte dann auch anfangs mit Sinatra-Coverversionen auf sich aufmerksam, inzwischen tourt er mit einer eigenen zwölfköpfigen Band durch ganz Deutschland und hat damit (s)eine ziemlich einzigartige Nische gefunden.

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Auf Tom Gaebels Alben finden sich mittlerweile fast ausschließlich Eigenkompositionen, die jedoch allein schon vom Schreibstil durchaus den 60ern entstammen könnten. Und mit großem Bigband-Sound und elegantem Wohlfühl-Easy-Listening lässig swingend vorgetragen eine perfekte Inszenierung dieser Zeit darstellen. Auch Coversongs gibt es noch, wie z. B. die mit einem Augenzwinkern zu betrachtende swingende Version des 80er-Jahre-Klassikers Eye Of The Tiger, zu der es auch ein passendes (und sehenswertes!) Retro-Video gibt.

Songwriting & Arrangement

Die Single Someone Else ist zwar eher im 60s-Beatles-Style gehalten, doch obwohl die Drums hier für einen druckvolleren Sound z. T. nachträglich getriggert wurden, steht der Track vom Ursprung bis zum fertigen finalen Master beispielhaft für die Arbeitsweise am gesamten Album.

Erste Ideen werden von Tom als Sprachmemo im Mobiltelefon festgehalten, anschließend am Klavier weiterentwickelt und schließlich im Rechner einfach skizziert. An dieser Stelle kommt bereits Produzent Vincent Sorg ins Spiel, Meinungen werden ausgetauscht, Parts verlängert oder gekürzt, Grundbeats programmiert und das Arrangement mithilfe von VST-Instrumenten exemplarisch weitergeführt, bis der Song als aussagekräftiges Demo steht. Den Demo-Stand spielen Tom und Vincent im Video zu diesem Artikel an.

Danach kommen jedoch die Schritte, die das Endergebnis zu dem »Hi-Quality«-Produkt machen, das es ist: Die Demos werden einem Arrangeur übergeben, der die Songs zu einer Partitur für eine große Besetzung mit einer Rhythmusgruppe, bestehend aus Drums, Bass, Keys und Gitarre, sowie Streichern, Bläsern und Chor, ausarbeitet. Hier wird deutlich: Um den Sound der großen 60er-Jahre-Produktionen zu erzielen, muss von der Besetzung her ebenso groß gedacht und dies anschließend auch aufnahmetechnisch so umgesetzt werden.

Aufnahme & Mix

Die Aufnahmen fanden in Toms eigenem Kölner Studio statt, einem großen offenen Raum ohne abgetrennte Regie, in der die einzelnen Parts separat in verschiedenen Sessions als Overdubs aufgenommen wurden. Um die Soundästhetik der 60s-Ära zu erreichen, wurden z. B. die Bläser-, Streicherund Chor-Sections von vornherein so groß dimensioniert, dass keine Dopplungen nötig waren, mit denen Größe nur bis zu einem gewissen Grad hätte simuliert werden können. Dazu gab es nur wenige Stütz- und Einzelmikrofon-Abnahmen, es ging eher um den Sound des gesamten Klangkörpers im Raum. Toms Credo ist dabei ganz klar »Gib dem Mischer nicht zu viele Optionen, noch im Nachhinein alles verdrehen zu können«.

Sound und Dynamik liefern also die Instrumentalisten bzw. die Sektionen als Gesamtheit bereits bei der Aufnahme, spätere Justierungen sind bewusst eingeschränkt. Tom selbst übernahm im Nachhinein das Editing, Raster-Quantisierung kommt bei so einer live eingespielten Platte und der gewählten Stilistik natürlich nicht in Frage, sodass das Editing frei, subtil und nach Toms eigenem Geschmack passierte. Auch die Vocals nimmt er meist selbst auf und kümmert sich um Take-Auswahl und Editing nach seinen Vorstellungen.

Tom Gaebel (2. von rechts) und Vincent Sorg (2. von links) in den Principal Studios, flankiert von unserem De/constructed-Team Henning Verlage (links) und Christoph Aßmann (rechts) (Bild: Dirk Heilmann)

Den abschließenden Mix übernahm wiederum Vincent in den Principal Studios in Steinberg Nuendo. Hier zeigt sich, wie wichtig ein durchdachtes Arrangement, die Qualität der Musiker und die Auswahl der Instrumente ist, sodass sich Parts nicht überlagern, unstimmig klingen und jedes Instrument in seiner Dynamik fast automatisch seinen Platz einnimmt. So konnte sich Vincent eher auf die Balance der Gruppen und den Gesamtsound fokussieren anstatt erst noch »Sound machen« zu müssen. Dafür kam ein interessantes Konzept für das »Mixing in-the-box« zum Zuge:

Anstatt jede Spur mit Insert-Ketten an individuellen Effekten zu versehen, bildet Vincent im Rechner im Prinzip eine klassische SSL-Konsole nach, indem in jede Spur oder Gruppe genau eine Instanz des Steven Slate SSL FG-S EQs aus dem Virtual Mix Rack geladen wird, ergänzt um eine Instanz des fabfilter Pro-Q2 für technische EQ-Eingriffe. Dazu gesellen sich zwei Altiverb-Instanzen mit Pulsantworten der Vintage Hall-Klassiker AKG BX20 und EMT 140, die per Send angesteuert werden, sowie hier und da etwas Kompression etwa mit dem Waves RVox-Kompressor.

Im Endergebnis hört man den betriebenen Aufwand sofort, etwa wenn große Streicherlinien einsetzen, Bläser akzentuiert Licks spielen oder der für den »Easy Listening 60s«-Vibe obligatorische Background-»Ahh«-Chor einsetzt. Das ist mit Samples in dieser Qualität und Perfektion nicht zu machen. Vielen Dank an Tom und Vincent für diese ausführlichen Einblicke, es war ein »perfekter Tag«!

www.sound-and-recording.de


Tom Gaebel

(Bild: Dirk Heilmann)

Tom Gaebel aka »Dr. Swing« kommt aus musikalischem Hause und studierte eigentlich Posaune und Schlagzeug in Amsterdam, bevor er durch das Hören von Frank-Sinatra-Platten seine eigentliche Leidenschaft entdeckte und das Studium schließlich im Fach Jazzgesang abschloss. Das musikalische Vorbild hört man unverkennbar auf seinen Alben heraus. Nach ersten Bühnenerfahrungen als Sänger von Sinatra-Covern scharte er mit »Tom Gaebel & His Big Band« eine eigene feste Formation um sich und debütierte 2005 mit dem Album Introducing Myself, das neben im Big Band Stil arrangierten Klassikern auch bereits erste Eigenkompositionen enthielt. Von Leuten wie Stefan Raab geschätzt und gefördert folgten erste TV Auftritte. Zeitgleich baute Tom Gaebel live seinen Ruf als hervorragender Crooner und Entertainer auf internationalem Level aus. Auf dem aktuellen Album Perfect Day zelebriert er den »perfekten Tag«. Es ist sein mittlerweile achtes Album und erschien im September 2018 bei tomofon records.

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